Geldgespräche

Juramama wieder. „Ich mache die persönliche Assistenz von zwei hilfsbedürftigen, leicht durchgedrehten Personen mit täglichen Nachtschichten und auch am Wochenende“, schreibt Nina Straßner in der Berliner Zeitung.

Was sie da mal wieder gewohnt lustig einleitet, hat den bei ihren Themen ebenso gewohnt ernsten Hintergrund: Geld in dem Fall. Wie viel eine Mutter eigentlich verdienen müsste für ihre Tätigkeit, darum geht’s.

Ich würde meine Kinder um keinen Preis hergeben. Und doch sind solche Gedankenspiele wichtig – und haben durchaus auch praktische Relevanz: nämlich spätestens dann, wenn die – in den meisten Fällen – Hausfrau ausfällt.

Besser wäre: schon beim Thema Absicherung.

Ich habe vor Jahren – vor meinen Kindern – mal einen Beitrag zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung für Hausfrauen für hr1 des Hessischen Rundfunks gemacht und Jahre später dann auch noch einmal für die Welt am Sonntag (WamS). Die Versicherer legen genau solche sich erst einmal irgendwie ausgedacht anhörenden Werte zugrunde, um die abzusichernde Berufsunfähigkeitsrente zu ermitteln.

Der Ausfall einer Mutter ist teuer – und versicherbar

Solche Policen werden – genau wie Berufsunfähigkeitsversicherungen für Verdienende – auch empfohlen. Ist auch logisch. Der/die sichert sich ab, weil er auf sein Einkommen angewiesen ist. Der/die andere andere, weil sie darauf angewiesen ist, diese Tätigkeiten nicht auch noch jemandem bezahlen zu müssen. Muss die Familie aber im Zweifel, wenn die Mutter berufsunfähig ist oder stirbt. Das ist dann auch das wichtigste Argument für die Risiko-Lebensversicherung auch für die Nichtverdienerin. Kein schönes Thema, aber im Fall der Fälle dann vielleicht finanziell existenzrettend. Und daher wichtiger Gegenstand von Geldgesprächen für Mütter.

Mein Tipp: Das wäre dann auch ein konkreter und sinnvoller Inhalt möglicher Geldgespräche, die die Juramama im Artikel abschließend ja auch empfiehlt.
Nur bedingt ein Weg zum Steuersparen leider

Die Beiträge für Berufsunfähigkeitspolicen können Versicherte übrigens nur als Sonderausgaben im Rahmen der sonstigen Vorsorgeaufwendungen geltend machen: also bis 2800 bei Selbständigen und bis 1900 Euro bei Arbeitnehmern oder Beamten. Erst die schlechte Nachricht: Viele schöpfen diesen Betrag schon für die gesetzliche Krankenversicherung aus. Die gute Nachricht: Hausfrauen stoßen hier vielleicht in eine steuerliche Optimierungslücke – zumindest als Familienversicherte bringen sie die Kosten ja nicht auf und können so vielleicht doch die Steuerlast senken.

Als Altersvorsorgeaufwendungen ist die BU-Police steuerlich ansetzbar, wenn sie quasi riesterfähig gemacht wurde, also mit einer reinen Altersvorsorgekomponente angereichert. Der Versicherer teilt das auf Anfrage mit. Es ist die Ausnahme und verteuert die Police auch enorm. Sind die Versicherungsbedingungen aber entsprechend gestaltet, können Versicherte die Ausgaben als Altersvorsorgeaufwendung geltend machen. Diess dann zu immerhin derzeit 88 Prozent (2018: 86 Prozent) der Aufwendungen.

Steuerlast macht Rentenbeiträge attraktiv

Renditeerwägungen sind das Eine, wenn man über zusätzliche freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung nachdenkt. Die Süddeutsche Zeitung rechnet es vor. Dass sich aber so im Rahmen der Flexirente Einbußen durch vorgezogenen Ruhestand ausgleichen lassen – das fällt im Zweifel letztlich weniger ins Gewicht als die viel interessantere Steuerersparnis.

Die macht den Renditebraten doch erst fett.

Anders als die Investition etwa ins Eigenheim oder auch Aktien und sonstige Kapitalanlagen mindern die Rentenversicherungsbeiträge das steuerpflichtige Einkommen unbegrenzut zu derzeit 88 Prozent – und senken damit die persönliche Einkommensteuerlast. Gleiches gilt mit Blick auf Altersvorsorge bislang nur für Beiträge in Versorgungswerke sowie in Riester- und Rürup-Anlagen.

Gerade für Gutverdiener und hoch besteuerte Singles oder auch Alleinerziehende lohnt sich die Einzahlung nicht wegen der paar Prozentchen Rendite, sondern wegen der jetzt vielfach höheren Steuerersparnis. Immerhin auf 88 Prozent der Ausgaben zum Grenzsteuersatz. Dieser Steuersatz belastet ja lediglich zusätzliche Einkünfte und gibt daher nicht die Steuerlast aufs Einkommen wieder. Es ist aber der Satz, mit dem Steuerzahler rechnen sollten, wenn sie über zusätzliche Einnahmen oder auch Ausgaben nachdenken.

Für viele dürfte die Steuerersparnis also dank hoher Belastung letztlich interessanter sein, als die eigentliche Rendite der gesetzlichen Rentenversicherung – sofern sie sich zusätzliche Einzahlungen leisten können. Wer sich bei der Vorsorge für eine der steuerlich begünstigten Anlagen entscheidet, sollte dann ruhig Renditeerwägungen anstellen.

Soziales bestraft das Finanzamt

Interessante Aufschlüsse darüber, wie sozial der Staat ist – der ja auch ein Sozialstaat ist -, liefert ein Beitrag des Deutschlandfunk über die Probleme mit dem Finanzamt, die die offenbar durchaus zahlreichen sozialen Münchner Vermierter bekommen. Gerade der Mietmarkt offenbart einige größere Zielkonflikte mit Blick auf Bürgerinteressen.

Natürlich müssen Preise marktgerecht sein, um zu Steuerabzügen zu führen. Doch es ist aus gesellschaftlicher Sicht durchaus problematisch, wenn die Anerkennung von steuerlich unabdingbarem Gewinnstreben so stark abhängt von Anpassungen an einen überhitzten Wohnungsmarkt. Und nicht von eigenem wirtschaftlichem Kalkül.

Ein paar Ideen für das Unterhaltsproblem

Interessant: Die Bundesregierung will “nicht darüber spekulieren”, was die Gründe dafür sind, dass so viele unterhaltspflichtige Elternteile ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommen, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Ich will jetzt über die laut Artikel von Amtspersonen so genannten “Disco-Kindern” und deren Zahl nicht spekulieren. Aber hätte dafür ein paar Ideen, wie sich die dürftige Quote von 23 Prozent beigetriebene Unterhaltsforderungen durch die Jugendämter verbessern ließe. Ein entscheidender Faktor wird sein: Der Kindesunterhalt muss aus dem Netto bezahlt werden. Nach Abzug der Single-Steuer- und Abgabenlast. Und da gäbe es gleich zwei Möglichkeiten, etwas zu verbessern.

Gründe

Zum Glück schreibt die FAZ es ein Stückchen weiter unten dann auch recht detailliert auf – worüber es nämlich nichts zu spekulieren gibt: Das Netto der Unterhaltszahler ist zu gering. Das wiederum hängt neben zu geringen Einkünften nicht zuletzt auch mit hohen Steuern und Abgaben zusammen – für Alleinerziehende ebenso wie für Unterhaltspflichtige. Beide drücken das der Familie zur Verfügung stehende Netto.

Das ist (denn auch gering). Die traurige Realität: Nur 52,7 Prozent der unterhaltspflichtigen Väter verdient mehr als 1134 Euro. Das hat Finanzwissenschaftler Andreas Peichl von der Universität München ausgerechnet.

Dürftige Verdienste für dürftigen Bedarf

Damit verdienen diese mehr als die Hälfte unterhaltspflichtigen Väter netto sogar noch weniger, als sie eigentlich behalten dürften, bevor sie nach Düsseldorfer Tabelle für ihre Kinder unterhaltspflichtig werden. Denn dafür gibt es ja Selbstbehalte. Grundidee: Von irgendwas muss der Unterhaltspflichtige ja auch leben und im Idealfall das gemeinsame Kind verpflegen, wenn es idealerweise regelmäßig zu Besuch kommt.

Behalten darf ein Unterhaltspflichtiger einen Selbstbehalt von 880 Euro monatlich, wenn er nichterwerbstätig ist und 1080 Euro, wenn er erwerbstätig ist. Kosten für Unterkunft inklusive umlagefähiger Nebenkosten und auch noch Heizung sind in Höhe von 380 Euro enthalten. Wie der vorgesehene Betrag dann in der Realität auch nur annähernd sogar nur für den Single-Vater in einer Single-Wohnung reichen soll, darüber mag ich nicht spekulieren.

Aber auch wer mehr verdient, hat ein Problem mit dem Netto. Nicht nur alleinerziehende Elternteile sind steuerlich benachteiligt. Zum Single-Steuersatz bekommen sie immerhin wie alle Eltern als steuerlichen Ausgleich das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag. Und gegebenenfalls den Unterhaltsvorschuss – sofern sie nicht das Pech haben, verwitwet zu sein. Bei unterhaltspflichtigen Elternteilen macht der Staat dagegen überhaupt keinen Unterschied mehr zum Single. ohne Verpflichtungen – sofern sie nicht neu geheiratet haben.

Zahleltern können auch seit ein paar Jahren nicht mal mehr den Kindesunterhalt steuermindernd ansetzen – früher war dies möglich, heute geht es nur noch für freiwillig gezahlten Unterhalt.

Endlich den Kindergrundbedarf steuerfrei stellen?

Eigentlich könnte es doch ganz einfach sein: Weniger Steuern im unteren und mittleren Bereich speziell für Eltern – echte Grundfreibeträge für jedes Haushaltsmitglied und/oder unterhaltsberechtigtes Familienmitglied. Das dürfte bei den Mäßig-Verdienern im unteren Einkommensdrittel viel bewirken und der ärgsten Kinderarmut wirksam und spürbar abhelfen.

Das Zauberwort: Angemessenheit

Und mit Blick auf die von der FAZ beschriebenen häufig zur Drückebergerei genutzten Abschreibungsmöglichkeiten kann das Zauberwort doch nur lauten Angemessenheit. Das Finanzamt braucht doch einfach bloß zumindest bei amtsbekannten Drückebergern darauf gucken, worauf es auch sonst bei Selbständigen und Unternehmern längst achtet, zum Beispiel bei Dienstwagen: nämlich, ob die angesetzte Abschreibung im Verhältnis zum Einkommen steht.

Die Jugendämter werden doch sehr genau wissen, bei wem über Jahre kein Unterhalt beizutreiben ist. Es wird doch auch sonst jede Menge an das Finanzamt gemeldet – also warum nicht einfach neben den automatisch gemeldeten Sozialversicherungsbeiträgen oder den hier und da aufpoppenden Kontrollmitteilungen zumindest ab gewissen Beträgen auch noch die Meldung über offene Unterhaltsforderungen des Jugend- oder Sozialamtes an das Finanzamt weitergeben?

Wäre doch sehr einfach.

Und wenn dann bei dem Steuerzahler hohe Beträge beim Amt offen sind, müssten beim Finanzamt Zweifel aufkommen, ob der nun fröhlich geltend gemachte Abzug rechtmäßig ist.

Das scheint mir eine sehr einfache Lösung zu sein, die zudem verspricht, höchst wirkungsvoll zu sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Eintreibquote dann noch so niedrig bleiben wird. Jedenfalls nicht bei denen, bei denen auch etwas zu holen wäre.

Der größte Steuerraub

Steuerbürger bekommen ihre außergewöhnlichen Belastungen oder auch Sonderausgaben nicht von der Steuerschuld abgezogen, wenn sie nicht die Rechnung als Nachweis vorlegen können – und dazu den Nachweis, die Kosten selbst getragen zu haben. Jede Handwerkerrechnung ist nur absetzbar mit Rechnung und Zahlungsnachweis.

Da macht das bis zu zehnfache Erstattenlassen von nie gezahlten Steuern in großem Stil doch ein wenig sprachlos. Zig Milliarden Euro sind dem Staat durch krumme Geschäfte namens Cum-Ex durch die Lappen gegangen. Ebenso sprachlos macht die Reaktion der politisch Verantwortlichen. Die offensichtlichen, gigantischen Gesetzeslücken brauche man nicht zu stopfen. Klar, es sind Kriminelle. Aber die Regeln luden sie regelrecht anscheinend legalen krummen Dingern ein. Zur Erinnerung: Wir sprechen vom laut Die Zeit größten Steuerraub in der jüngsten Geschichte, wie die Zeit schrieb. Nichts deutet darauf hin, dass der Fiskus von dem mafiaähnlichen Steuerbetrugssystem überhaupt wissen wollte.

Gartenpflege ja, Kinderbetreuung allzuoft nein

Derweil ärgere ich mich mit Blick auf den größten Steuerraub meiner persönlichen Geschichte darüber, dass nicht nur Kriminelle es derart einfach haben, sondern auch der splittingbegünstigte Alleinverdiener in der Villa oder auch dem Eigenheim ein paar Ecken entfernt von hier an Rhein oder Taunusrand die Kosten für seinen rein privat benötigten Gärtner als Sonderausgaben geltend machen kann, während ich die für die Ausübung meines Berufs nötigen Kinderbetreuungskosten nur zu einem überraschend geringen Teil abziehen kann.

Kinderbetreuungskosten sind seit ein paar Jahren nicht mehr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar, sondern nur noch – sofern man entsprechend Steuern zahlen würde als Sondersausgaben bis zu zwei Drittel der Kosten von maximal 4000 Euro jährlich.

Von Kindern und Hunden

Mir ist schleierhaft, warum die Anerkennung als Sonderausgaben damals durchaus lobend gefeiert wurde. Gerade die Eltern, die wahrscheinlich besonders dringend auf den Abzug der Kinderbetreuung angewiesen sind, weil sie arbeiten müssen, um mit zwei vielleicht vergleichsweise niedrigen Einkommen über die Runden zu kommen, werden nach Abzug aller anderen beruflichen Kosten und der Sozialabgaben in Höhe von immerhin ja auch knapp 20 Prozent – in vielen Fällen gar nicht erst genug verdienen, um überhaupt in den Genuss des eigentlich nur als Sonderausgabe möglichen Abzugs zu kommen – Sonderausgabe bedeutet: bei ausreichend hohen Einkünften zusätzlich und, weil privat, auch nur beschränkt. Sie werden in vielen Fällen gar nichts mehr von der Abzugsmöglichkeit haben, seit die Kosten nicht mehr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ansetzbar sind. Es profitiert nur, wer genug verdient.

Natürlich betrifft das überhaupt nur diejenigen, die nicht das Glück haben, beispielsweise im – binnenwirtschaftlich betrachtet – Nehmerland Rheinland-Pfalz zu wohnen, das die Kitabetreuung kostenlos anbietet, sondern stattdessen wie auch ich beispielsweise im Geberland Hessen wohnen. Für sie ist die Kinderbetreuung zu einem beträchtlichen Teil Privatvergnügen. Und natürlich fallen damit darauf zusätzlich mehr Steuern an als zuvor. Auch klar – der Restbetrag ist ja ganz regulär steuerpflichtig. Steuergerechtigkeit stelle ich mir anders vor. Immerhin soll die Summe bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge mindernd angerechnet werden – so wurde damals versprochen. Wenn der Sachbearbeiter oder spätere Betriebsprüfer es nicht vergisst. Aber: Das passiert. Muss jedenfalls kontrolliert werden.

Nichts gegen Fellnasen, aber: Warum ich die Kita- und Schulverpflegung nicht als außerhäusliche haushaltsnahe Dienstleistung geltend machen kann, während jeder Hunde- oder Katzenbesitzer die Verpflegung und Unterbringung seines Lieblings während des Urlaubs oder verlängerten Wochenendes als solche ansetzen kann, konnte mir noch niemand erklären. Der Bundesfinanzhof untersagte kürzlich einem alleinerziehenden Vater den Abzug. Allerdings wohl weil die Rechnung nicht ordnungsgemäß war, nicht weil die Kosten bereits vom Kindergeld abgedeckt würden – dieser Satz galt für mein Verständnis den Kosten für das Schulferienlager. Nicht der von ihm geltend gemachten haushaltsnahen Dienstleistung. Aber hilft ja nichts, mit dem Finanzamt über Formulierungen zu diskutieren.

Wie sollen Kinderfreibeträge die Kosten decken?

Abgesehen davon frage ich mich sowieso, wie und warum die ausdrücklich nur den minimalsten Sozialhilfesätzen ohne die für Hartz-IV-Empfänger ja beantragbaren Zusatzbedarfe angepassten Grundfreibeträge und Kinderfreibeträge dies überhaupt abdecken sollten? Mehr steht steuerfrei ja keinem Steuerpflichtigen zu und diese Kindern steuerlich zugestandenen Bedarfe sind laut Finanzgericht Niedersachsen ja noch selbst gemessen daran schon zu niedrig bemessen.

Wahrscheinlich tritt auch hier einfach wieder die Faustregel meiner früheren Steuerberaterin in Kraft: „Richter können richten, aber nicht rechnen.“ Die hoffentlich bald überholt ist. Erste Anzeichen hierfür sind ja erfreulicherweise durchaus zu erkennen.

Fazit: Ordnungsgemäße Rechnung besorgen, Kontoauszüge beilegen, Einspruch einlegen. Abwarten. Tee trinken. – Und mich dann doch ärgern und wundern über Cum-ex-Geschäfte, die ich wie viele andere von uns teuer mit dem von uns ehrlich und mühsam verdienten – und dringend benötigten – Geld mitfinanzieren.

Suche Alleinverdienerbegünstigung

Noch gar nicht drüber nachgedacht habe ich bis dahin darüber, weshalb in Deutschland im Jahr 2017 gezahlte Kirchensteuer die zu zahlende Einkommensteuer stärker mindert als Kinderbetreuungskosten dies tun.

Weiß das jemand? Versteht das jemand? Welches Gesetzesgrundlage ist hierfür verantwortlich? Artikel 6 GG – Schutz der Ehe und Familie – kann es ja nicht sein.

Fazit 2: Steuerdeutschland ist ein Paradies für Finanzverbrecher sowie dackelhaltende, kirchensteuerpflichtige Alleinverdiener-Ehepaare. Am besten noch mit weitläufigem Garten für ausreichend Platz weiteren Steuerabzugsmöglichkeiten.

Wichtiger Hinweis für Alleinerziehende

Alleinerziehende weise ich an dieser Stelle freundlich auf ein höchstrichterliches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hin, das die verwitwete Steuerberaterin Reina Becker führt. Sie klagt auf Veranlagung nach dem Splittingtarif. Damit hoffentlich bald nach denselben Regeln wie die rasensprengenden und büschestutzenden Rentner und anderen Eheleute der Republik auch das Alleinverdienereinkommen derjenigen besteuert wird, die davon noch Kinder sattbekommen wollen. Einspruch einlegen, auf das Verfahren mit Aktenzeichen. 2 BvR 221/17 verweisen. Wer auf Nummer Sicher gehen will, kann zusätzlich noch Ruhen des Verfahrens beantragen. Muss dies aber im Normalfall nicht.

Es sollten möglichst viele Einsprüche einlegen. Damit es hiermit hoffentlich bald einmal vorbei ist, was das Grund- und Menschenrechtsblog der Humboldt-Universität zu Berlin bemängelt: dass Frauen und vor allem ihre Kinder Bürger zweiter Klasse sind. Und das hier und wo Armut die Demokratie gefährdet, wie gewisse Erfolge rechter Parteien zeigen, die viel mit dem dann aber nicht weiter Gefühl, ausgenommen zu werden, zu tun haben.

Fazit 3: Arbeit reicht in viel zu vielen Fällen nicht – die Zahlen der Aufstocker sprechen für sich –, um Armut zu entgehen.

Was war nochmal die sogenannte Mitte?

Ungeachtet davon, welche Partei was fordert, ist es immer gut, aus manchem Begriff mal die Luft heraus zu lassen. Facharbeitergehalt etwa oder auch die viel beschworene Mitte.

Den Mittelstandsbauch sollte die Koalition besser von unten abschmelzen.
“ It’s the structure, stupid“ möchte man den Verantwortlichen und ihren Wählern gern zurufen. Die Struktur der Belastungen ist das Problem. Eigentlich bekannt: „In den letzten Jahrzehnten wurden die Reichen entlastet – und die Geringverdiener belastet. Denn die „direkten“ Steuern, die progressiv auf das Einkommen und Vermögen erhoben werden, sanken. Gleichzeitig stiegen die „indirekten“ Steuern, die auf den Verbrauch entfallen und von allen gezahlt werden. Vor allem die Mehrwertsteuer kletterte von einst 10 auf inzwischen 19 Prozent.

Das irritierende Ergebnis: Allein die Steuerreformen seit dem Jahr 2000 führten dazu, dass das ärmste Zehntel der Bevölkerung jetzt 5,4 Prozentpunkte mehr Steuern auf sein Bruttoeinkommen zahlt – während umgekehrt das reichste Tausendstel 4 Prozentpunkte sparen konnte.” Und ja: Ich fürchte auch, Besserung ist da kaum zu erwarten.

Noch irritierender als das finde ich aber eigentlich, dass die Sozialbeiträge bei der ganzen Debatte tatsächlich konsequent ignoriert werden. Wie Angestellte zahle auch ich als hauptberuflich selbstständige und damit in der Künstlersozialkasse gesetzlich pflichtversicherte Journalistin an die Künstlersozialkasse meine rund 20 Prozent vom Bruttoeinkommen – es ist eine Pflichtversicherung, bei der ein großer Teil der rechnerischen Arbeitgeberlast durch eine Abgabe der Unternehmen auf die Honorare sowie ein kleiner Teil aus Steuermitteln finanziert wird.

Die Sozialversicherungsbeiträge jedenfalls sind bei der echten Mitte, den vielen Gering- bis Mittelverdienern – auch den in Sonntagsreden nun viel und gern beschworenen Facharbeitern – der größte Posten. Hierfür gelten keinerlei Freibeträge, sie fallen ab dem ersten Cent an. Und sie steigen auch nicht progressiv, sondern ab einem bestimmten Einkommen gar nicht mehr. Womit ausgerechnet Gut- und Spitzenverdienern ein Rabatt eingeräumt wird. Nicht vergessen sollte man auch, dass immer mehr Selbstständige bereits jetzt gezwungenermaßen die vollen 40 Prozent einzahlen. Nicht wie alle anderen auf das tatsächliche Einkommen sondern gleich ab der Geringfügigkeitsgrenze auf fiktive mehr als 2000 Euro Brutto im Jahr. Wie zuvor zwar auch einkommensabghängig, aber rückwirkend berechnet. Diese rückwirkende Erhebung ist neu. Und sie wird wohl noch ein paar ganz neue und für die meisten wohl auch ungeahnte Probleme mit sich bringen. Eine einkommensabhängige Belastung auch für Gründer, Teilzeitselbstständige oder andere Geringverdiener unter den Selbstständigen – wie bei Angestellten – lehnte die Koalition erst kürzlich ab.

Cum-Ex

Für Finanzbeamtinnen, die den richtigen Leuten die richtigen Fragen schicken und so aufdecken, wie eine globale Finanzelite sich auf Kosten des deutschen Steuerzahlers bereichert, habe ich viel übrig. „Wirft man oben eine Million Euro rein, kommt unten deutlich mehr Geld raus“, berichtet Die Zeit. „Als Multiplikator dient der deutsche Staat. Er zahlt eine Steuer, die er nur einmal eingenommen hat, mehrfach zurück.“ Und dran mitverdient hat eine große deutsche Versicherung, berichtet Panorama.

Fun-Fact: Der Drahtzieher, dieser Anwalt und Gutachter, war vor Jahren selbst Finanzbeamter in dem Frankfurter Banken-Finanzamt. Die hatten wiederum vor Jahren einen Skandal ganz anderen Kalibers. In dem mit gefakten Gutachten Betriesprüfer aus dem Dienst gemobbt wurden, die zu genau in gewisse Bücher geguckt hatten… Der ehemalige Steuerfahnder Frank Wehrheim hat diesen geschassten Beamten später ein Buch gewidmet, das sehr lesenswert ist. Höchst interessanter Ansprechpartner auch, den ich mal für die WirtschaftsWoche zum Interview getroffen habe.

Krefelds Nummern

Not macht erfinderisch. Das galt auch und gerade immer schon für die Erhebung von Steuern und Gebühren. Aktuell gerade Krefeld. In der niederrheinischen Stadt wollen sie jetzt eine Hausnummergebühr nehmen. 100 Euro für jede neue, ergänzte oder sogar gelöschte Hausnummer. 36.500 Euro erhofft sich die klamme Stadt zwischen Düsseldorf und Ruhrpott.

Der Erfindungsgabe ist eben auch bei den Steuern kaum eine Grenze gesetzt. Das ist auch historisch verbürgt. Fast ebenso groß ist der Erfindungsreichtum der Bürger, Steuern zu vermeiden. Ich erinnere mich an eine Steuer auf Fenster, die Frankreich mal vor ein paar Jahrhunderten erlassen hat. Es gibt heute noch Häuser ohne Fenster zur Straße hin. Werde beobachten, wie sich das mit den Hausnummern noch entwickeln wird.