Filter

In meiner journalistischen Ausbildung habe ich nicht in erster Linie Schreiben gelernt. „Das können Sie“, hat mein damaliger Ausbilder Volker Wolff zu uns zwölf Mitgliedern der Lehrredaktion in der ersten Stunde gesagt. Deshalb seien wir hier.

Wenige Wochen zuvor hatten wir alle die zweitägige Aufnahmeprüfung bestanden, in der wir am ersten Tag zig eng bedruckte Seiten Bundestagsprotokoll auf 70 Zeilen Nachrichtenstory bringen mussten und am zweiten Tag ein in unserem Fall Essay über das Thema „Das Lächeln“ schreiben. „Sie sind hier, um sich einer Gehirnwäsche zu unterziehen“, sagte mein Lehrer damals.

Nun bestand die Gehirnwäsche nicht darin, dass wir auf irgendeinen Inhalt oder von manchen gern unterstellte Linie hin eingenordet wurden. Wir haben etwas gelernt, was heutzutage dank Social Media auch immer mehr Nicht-Journalist/innen bewegt: zu filtern. Es gibt Nachrichtenkriterien und auch für nicht aktuelle Geschichten zusätzliche Faktoren, die sie interessant und erzählenswert machen können. Innerhalb dieses Rahmens besteht auch für Journalistinnen und Journalisten viel Freiheit, grundgesetzlich gewährleistet und durch Medien- und Pressegesetze vor allem der Länder geregelt und durch Selbstverpflichtungen wie den Pressekodex beschränkt. Neben der Frage, wie man die Relevanz und Qualität von Quellen einschätzt und Themen methodisch recherchiert, haben wir als gute Journalistinnen und Journalisten, die wir werden sollten, natürlich auch Schreiben gelernt. Es gibt ja diverse Stilformen und wir haben eingeübt, wie wir die möglichst effektiv und auch effizient erzählen.

Das, was mein Lehrer als Gehirnwäsche bezeichnet hat, fand ich ganz wichtig, nämlich ein Bewusstsein dafür: Wenn uns jemand etwas mitteilen will, hat er oder sie ein Motiv dafür.

Das ist in Ordnung und auch wir haben wie jeder normale Mensch unsere Motive und Hintergründe. Aber wir sollten es wissen und uns als Journalist oder Journalistin auch immer wieder bewusst machen: Er oder sie will, dass wir das wissen. Warum?

Ich glaube, das bewegt heute auch nicht wenige Nicht-Journalisten. Manche Debatte lässt es erahnen und hin und wieder sehe ich auch ein beliebtes Meme von den drei Filtern oder Sieben, durch die Sokrates empfohlen haben soll, all das laufen zu lassen, was man selbst oder jemand anderes sagt: „Ist es wahr? Ist es notwendig? Ist es wohlwollend?“

Also ganz viele Filter, die als Werkzeuge für die verschiedenen Lebenslagen taugen.

Kürzlich hab ich im Radio gehört, wie der von mir schon immer geliebte Song „Sultans of Swing“ entstanden ist. Nachdem Mark Knopfler und noch ein paar andere Dire Straits-Musiker in einer Bar eine Band dieses Namens gehört haben, die extrem schlecht spielte – dafür umso mehr von sich überzeugt war und entsprechende Sprüche klopfte und immer wieder ansagte: „We’re the Sultans of Swing“.

Nicht unbedingt nötig. Aber musikalisch genial.

Dire Straits: Sultans of Swing

Mach’s oder machen Sie’s gut.

Viele Grüße

Midia Nuri