Hat die Stiko recht?

Die Stiko weigert sich, den für über 12-Jährige zugelassenen Impfstoff ihnen auch zu empfehlen. Das stellt Familien vor teils massive Probleme, den für ihre Kinder gewünschten Schutz zu bewerkstelligen. Mal allerhand Fakten zur Beurteilung der Frage: Ist die Stiko-Empfehlung wirklich sachgerecht?

Er will sie nicht mehr nur nicht impfen – jetzt will er sie auch nicht mal mehr testen: die Rede ist von Stiko-Chef Professor Dr. med. Thomas Mertens und den Kindern und Jugendlichen dieses Landes.

Für das Thema Kinderimpfung interessiere ich mich in eigener Sache. Ich habe ein noch ungeimpftes 11-jähriges Kind zuhause und es gibt einen für dieses Kind noch nicht, aber wohl bald zugelassenen Impfstoff, der den Impfzulassungsstudien zufolge sicher ist und Kinder und Jugendliche sogar noch zuverlässiger schützt, als Erwachsene. Ich würde mein Kind gern gegen Covid-19 durch eine Impfung schützen. Doch es sieht so aus, als würden die hierfür Verantwortlichen gar nicht dran denken, die für die Impfung meines Kindes und vieler anderer Kinder und Jugendlicher durchaus leider wohl nötige Empfehlung zu geben.

Über diese Nicht-Empfehlung durch die Stiko – also die Ständige Impfkommission (Stiko) wurde in den vergangenen Wochen viel geredet und – aus meiner Sicht zurecht – auch viel geschimpft. Ich trage hier ein paar Fakten zusammen, die zeigen, dass die Stiko leider entgegen ihrer Beschwichtigungen mehr als leichtfertig agiert.

Allem voran eine freundliche Empfehlung. Zeichnet und teilt bitte gern die verlinkte Petition.
Zu Openpetition: Das ist die Plattform für Petitionen direkt an staatliche Organe (Bundestag, Landtage, Ausschüsse etc.). Wie bei jeder Unterschriftensammlung auch, muss die Adresse angegeben werden. Diese sehen nur Adressat und Überbringer. Wer auf „nicht öffentlich“ klickt, dessen Name wird öffentlich nicht genannt, Adresse sowieso nicht.

Bitte denkt an diese auch weiter sehr sehr wichtige Petition. Wir werden diese Ressourcen auch nächstes Jahr dringend für die Kinder brauchen.
Zeichnet, teilt, likt. https://t.co/zVU9CwGwue— U12Schutz – Impfen für Kinder (@U12Schutz) December 6, 2021

(aktualisiert am: 03.08.2021, 13.02.22)

Was hat die Stiko überhaupt zu melden?

Die Stiko ist beim RKI als eine von mehreren Kommissionen angesiedelt. Das RKI schreibt hierzu auf seiner Seite, die Empfehlungen beziehen sich auf Indikationen für Impfungen – und nicht auf Impfungen generell – und seien außerdem rechtlich unverbindlich.

Die Empfehlungen sind zwar unverbindlich. Doch die Mehrheit der Ärzte/Ärztinnen folgt den Empfehlungen. Auch ich habe mich schon an Empfehlungen der Stiko vor Auslandsreisen oder für die Impfungen meiner beiden Kinder orientiert und habe darin auch bis vor kurzem kein Problem gesehen. Das hat sich gründlich geändert.

Fehlende Stiko-Empfehlung verbaut den Weg zur zugelassenen Impfung

Wie viele andere Eltern auch, würde ich den Empfehlungen der Stiko diesmal gerne nicht folgen und stattdessen lieber auch mein jüngeres Kind vor den teils bekannten ernstzunehmenden Folgen wie auch den noch nicht ganz absehbaren und ebenfalls ernstzunehmenden Folgen Erkrankung auch für Kinder schützen.

Doch aufgrund der Stiko-Empfehlung ist dies für impfwillige Eltern oftmals nicht oder schwer möglich. Einige fahren hunderte Kilometer, um eine Gelegenheit hierfür wahrzunehmen.

Eine für vor den Ferien geplante Impfaktion an weiterführenden Schulen, über die ALLE Schüler und Schülerinnen ein Impfangebot sofort nach Zulassung des Impfstoffs – so lautete ein Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz – hätten erhalten sollen, wurde nicht weiter vorangetrieben. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass bereits vor der Zulassung des Impfstoffes nun auch für für die 12-bis 15-Jährigen an die Öffentlichkeit drang, dass die Stiko für diese Altersgruppe keine allgemeine Impfempfehlung geben würde. Was sie denn dann auch nicht getan hat und auch jetzt gerade wieder bekräftigt hat.

Anmerkung/Nachtrag 1./2.8.2021: Die hier zum Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 6.5.2021 verlinkten Seiten wurden zwischenzeitlich nachträglich geändert. Hier ist nun nicht mehr von „bis Ende der Sommerferien“ die Rede, sondern von „bis Ende August“ – selbst in dem Originalbeschluss sowie der Pressemitteilung von Mai, was ich persönlich reichlich merkwürdig finde. Aber gut: Es hatten damals korrekt verschiedene Medien berichtet, darunter BusinessInsider, T-Online, Yahoo-Finance oder auch etwa das Stadtteilmagazin MainRiedberg, sowie auch Schulen, hier und auch hier. Auch mir ist das Schreiben des hessischen Kultusministeriums als pdf-Datei über die Elternvertreter/innen der Schule zugegangen, in dem eine landesweite Schülerimpfaktion für den Fall der Zulassung des Impfstoffs durch die EMA angekündigt wurde. Mit Verweis auf den Beschluss der die sich auch in jedem Punkt inklusive Termin mit dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 6.5.21 deckte – der in seiner jetzigen Onlinefassung allerdings nun statt „vor Beginn der Sommerferien“ die Formulierung „bis Ende August“ enthält.

Hier auch das Schreiben des hessischen Kultusministeriums, das den Zeitplan und die Information belegt und auf das die Schulen vermutlich zuvor verlinkt hatten.

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Keine Wahl für Kinder

Alle seriösen Expert/inn/en weisen darauf hin, dass wir nun die Wahlmöglichkeit haben, uns impfen zu lassen oder uns ungeschützt zu infizieren. Natürlich gilt dies auch für die Kinder, die in großteils bezüglich des Ansteckungsrisikos hochriskanten Umgebungen – teils sogar bereits jetzt oder demnächst geplant: ohne Masken am Platz – sitzen bzw. sitzen werden nach Ende der Ferien. Für ihre Kinder haben die meisten Familien derzeit diese Wahl also nicht.

Und das ist aus meiner Sicht als Mutter unzumutbar – zumal ja ein sicherer und wirksamer Impfstoff zugelassen ist und demnächst auch ausreichend verfügbar sein wird. Es gibt keinen guten Grund, Kinder nun zu durchseuchen. Das ist gesellschaftlich furchtbar und auch individuell aus meiner Sicht unzumutbar für die Kinder und ihre Familien.

Auch Kinder mit Risiken bekommen keine Impfung (mehr)

Die Stiko-Empfehlung führt nicht nur dazu, dass Eltern für ihre gesunden Kinder und Jugendlichen nun vielfach keinen Arzt finden, der ihr Kind impft. Selbst für viele vorerkrankte Kinder, die nach den bisherigen Priorisierungskriterien hätten geimpft werden können, hat sich die Lage durch die Stiko-Empfehlung verschlechtert.

Die Stiko hat fast alle der zuvor für eine Impfung gemäß Vorgabe des RKI und der Bundesregierung priorisierten Indikationen außer acht gelassen und nur eine Handvoll sehr ausgewählter Risiken für überhaupt impfbedürftig erklärt. So haben sogar nun manche über 16-Jährige, die bislang noch nicht geimpft waren, mit der Stiko-Empfehlung Schwierigkeit, jetzt noch einen impfwilligen Arzt zu finden, da die Stiko ihre Empfehlung auch auf die über 16-Jährigen ausgedehnt hat.

Die Stiko wägt falsche Tatsachen ab

Die Stiko erklärt zwar immer wieder, sie habe aufgrund wohl abgewogener Fakten entschieden. Doch das ist meiner Einschätzung nach nicht der Fall.

Fangen wir bei den abgewogenen Tatbestände selbst an: die Stiko wägt die falschen Alternativen gegeneinander ab: nämlich den Nutzen einer Impfung gegenüber dem Nutzen, nicht geimpft zu werden.

Tatsächlich müsste sie abwägen: das Risiko durch die Impfung gegen das Risiko, sich ungeimpft zu infizieren. Denn damit ist zu rechnen, dies zeigt auch die mir bislang einzige aussagekräftige deutsche Studie zur Ansteckungsgefahr in Schulen.

In der 3. Welle waren die Kinder und Jugendlichen die hauptsächlich von Ansteckungen betroffene Gruppe, auch davor immer mitbetroffen laut dieser RKI-Studie. Und in der nächsten Welle als zuletzt ungeimpfte Altersgruppe, wird sie wahrscheinlich wieder als einzige Altersgruppe von hohen Inzidenzen betroffen sein. Dass sich die aufgrund fehlender Empfehlung nicht geimpften Kinder nun ungeschützt anstecken werden, davon MUSS die Stiko ausgehen. Die Inzidenzen der Kinder und Jugendlichen lagen und liegen durchweg deutlich höher, als die allgemeine Inzidenz – auch jetzt noch. Wer mag, kann dies für seinen Kreis oder auch allgemein auf dieser interaktiven Karte nachvollziehen, deren Daten vom RKI täglich neu eingespeist werden.

Hinzu kommt, dass die Stiko dabei die Infektion mit den hierzulande mittlerweile praktisch ausschließlich kursierenden Varianten B117 sowie Delta (B1617 oder auch indische Variante) nicht mit einkalkuliert. Sie beruft sich auf Daten, die sich vorwiegend noch auf die insbesondere für Kinder harmlosere Wildvariante bezieht. Das ist aber nicht sachgerecht. Nicht nur sind die Varianten bei weitem ansteckender. Sie sind auch beide dafür bekannt, Kinder stärker zu gefährden. Das hat sich bei der B117-Welle in Großbritannien gezeigt. Das zeigt sich derzeit auch bei der Delta-Welle in Indien und auch wieder in Großbritannien.

Daten zur Impfung liegen ausreichend vor

Die Stiko erklärt, zur Sicherheit der Impfung lägen zu wenige Daten vor und verweist auf eine geringe Zahl von lediglich knapp über 1000 Impfprobanden. Tatsächlich nahmen allein an der im März gemeldeten zulassungsrelevanten Phase-3-Studie für Comirnaty, die mit 100 % eine bessere Wirksamkeit als bei Erwachsenen ergeben hat, 2260 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren teil. Weitere 564 Kinder im Alter von 5 bis 11 waren es zeitgleich in einer Phase 1-/2-/3-Studie, die derzeit ja für die Zulassung des Impfstoffs auch für die jüngeren Kinder laufen. Also allein bis März immerhin mindestens 1130 über 12-Jährige und 282 Kinder unter 12.

Und bei den laut Studie aufgeführten Impfnebenwirkungen handelt es sich um typische Impfnebenwirkungen, die harmlos (Schmerzen am Arm, Kopfschmerzen, Fieber) und auch leicht behandelbar sind. Für die Zulassung der Impfung gab dann auch am 27.05.2021 die EMA ihre Genehmigung.

Weltweit Millionen Kinder geimpft

Neben den Studien gibt es aber auch bereits millionenfache Erfahrung mit Impfungen dieser Altersgruppe. Völlig außer Acht lässt die Stiko die Erfahrungen in den USA, wo allein in den ersten drei Wochen nach Zulassung sechs Millionen Kinder und Jugendliche geimpft wurden. Auch in anderen Ländern werden Kinder dieser Altersgruppe bereits seit Wochen geimpft.

Wie den diversen Medienberichten über verdächtige Nebenwirkungen zu entnehmen ist, wurde und wird auch genau darauf geachtet, welche Impfreaktionen auftreten. Diese werden auch publik, wie man an den Berichten ablesen kann. Über bloße Impfreaktionen hinaus ist nichts über nachweislich durch die Impfung ausgelöste Folgeschäden bekannt.

Die durch die Impfung mit Comirnaty in seltenen Fällen aufgetretenen Herzmuskelentzündungen sind gut behandelbar. Und vor allem: Durch die Erkrankung selbst wird genau diese Herzmuskelentzündung noch viel häufiger hervorgerufen, als durch eine Impfung. Und der wichtige Punkt bei einer Impfung: Selbst in diesem einen Fall von Nebenwirkung ist das Risiko durch die Impfung geringer als durch die Krankheit.

Von weiteren Folgeschäden ist trotz mittlerweile hundertmillionenfach weltweit verimpfter Dosen nichts bekannt. Und wie die in der Stiko sitzenden Expert/inn/en wissen müssten, ist auch nicht mit mysteriösen Folgeschäden viel später irgendwann noch mal zu rechnen. Wie mittlerweile im Zuge der Impfdiskussion auch außerhalb der Fachkreise bekannt sein dürfte, treten solche nämlich bei Impfungen ausnahmslos unmittelbar nach der Impfung auf, also innerhalb von Wochen. Nie in der Geschichte der Impfungen ist es anders gewesen.

Kein Interesse an Daten spürbar

Und obwohl auch weiterhin Kinder weltweit geimpft werden, hat die Stiko ihre Nicht-Empfehlung nun noch mal bekräftigt – ohne hierfür die Daten von über 6 Millionen allein in den USA unter bestens kontrollierten und öffentlich aufmerksam verfolgten Bedingungen geimpften Kindern zu berücksichtigen. Die Impfkampagne für die 12- bis 15-Jährigen begann dort am 10. Mai 2021. Von 6 Millionen Kindern könnte man also Daten und Erfahrungswerte über einen hinsichtlich der Sicherheit der Impfung für Kinder aussagekräftigen Zeitraum erfragen. Man will es offenbar gar nicht erst. Dabei wäre dieses Bemühen, den eigenen Informationsstand zu verbessern, das Mindeste, was angesichts der Pandemie und der bevorstehenden Delta-Welle von einer verantwortungsbewusst agierenden Fachkommission zu erwarten wäre. Insbesondere mit Blick auf die Wirkung ihrer eben faktisch eben leider nicht nur unverbindlichen Empfehlung.

Der Nutzen der Impfung auch ausdrücklich für die Kinder selbst ist unter meiner Einschätzung nach vertrauenswürdigen Medizinern völlig unumstritten. Viele kritisieren die Stiko-Empfehlung daher auch teils öffentlich harsch, auf Twitter äußern sich zahlreiche Ärzte und Ärztinnen verschiedener Fachrichtungen öffentlich. Zu vernehmen ist, dass viele Mediziner ihre eigenen Kinder auch teils jüngeren Alters bereits impfen oder haben impfen lassen. Und das hat einen ganz einfachen Grund: die mögliche Schwere der Erkrankung auch für Kinder.

Die Fakten zu Covid-19 bei Kindern

Die Impfung schützt Kinder den Studien zufolge ausgesprochen gut – besser noch als geimpfte Erwachsene – und sie schadet ihnen den umfassenden ersten Erkenntnissen nicht. Wie sieht es nun mit ihrem persönlichen Nutzen aus – brauchen sie den Schutz? Meine Antwort und die Antwort auch zahlreicher Mediziner sowie Eltern: Ja, klar.

Die Stiko erweckt nur den Anschein einer wohlabgewogenen Entscheidung. Stiko-Chef Prof. Dr. Thomas Mertens behauptet meiner Einschätzung nach fälschlich, zu wenige Daten über die Folgen der Erkrankung bei Kindern zu haben, beispielsweise zu Long-Covid. „Dazu gibt es einfach noch zuwenige Daten“, sagte Stiko-Chef Mertens mehrfach.

Aber das stimmt nicht! Es gibt bereits eine sehr umfassende Menge an guten Studien zu den Folgen einer Erkrankung – auch für Kinder.

Risiko 1 für schwere Verläufe: Long-Covid

Die Liste aller weltweit wissenschaftlich nach allen Regeln der Kunst veröffentlichten Studien zum Thema Long-Covid bei Kindern umfasst 34 wissenschaftliche Publikationen bei Pubmed, unter anderem aus den USA, Israel, Großbritannien und auch den Niederlanden. Diese erwähnt die Stiko mit keinem Wort. Wenn sie sie kennt, unterschlägt sie deren Ergebnisse – als mit Risikoeinschätzung beauftragte Kommission treuwidrig.

Die Stiko ignoriert auch, dass es in Deutschland bereits 2 Reha-Kliniken für Kinder mit Long-Covid gibt: In Jena und München. Auch diese haben Informationen und Erkenntnisse über die Verläufe von Covid-19-Infektionen bei Kindern und berichten auch darüber. Auch dies ignoriert die Stiko und behauptet, es gäbe diese Erkenntnisse nicht. Dabei wäre es ihre Pflicht, sich auf der Suche nach validen Daten zur Beurteilung einer sinnvollen Impfempfehlung unbedingt nötig.

Risiko 2 für schwere Verläufe: PIMS

Über das zweite bekannte Großrisiko für einen schweren Verlauf bei Kindern, PIMS, behauptet die Stiko einerseits man wisse soviel noch nicht, und dass die Zahlen gering seien. Hierfür hat Mertens in einem Fernsehinterview ausdrücklich auf das PIMS Survey der DGPI verwiesen. Diese jedoch – – hat auf meine Anfrage hin erklärt, sie erhebt die Zahlen erst nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Für die Verarbeitung der Daten brauchte die DGPI zu dem Zeitpunkt fast zwei Wochen. Im Krankenhaus halten sich die Kinder im Schnitt wohl etwa 2 Wochen auf, es können auch mehr sein. Nach Infektion mit Sars-Cov-2 hat es davor bis zum Ausbruch von PIMS im Schnitt 2 bis 6 Wochen gedauert.

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Das PIMS Survey weist also eine gewaltige Meldelücke von mindestens 2 Monaten auf. Und über diese ist die Stiko informiert. Denn ich habe vor der Empfehlung durch die Stiko dieser eine entsprechenden Hinweis übermittelt.

Immerhin fehlen ja durch diese Besonderheit der Datenerhebung Daten für die 3. Welle sicher fast komplett. Zumindest zum Zeitpunkt der Empfehlung KANN die 3. Welle sich in ihren Auswirkungen auf Hospitalisierungen der Kinder mit PIMS noch gar nicht ausgewirkt haben. Doch war dies ja die Welle, die Kinder zahlenmäßig in so starkem Auswei betroffen hatte – es war ja die Altersgruppe mit den höchsten Inzidenzen. Ein Umstand, auf den keiner der vor der Empfehlung sich äußernden Funktionäre auch etwa von Ärzteverbänden oder auch -Kammern sich geäußert hat. Daher schien mir dieser Hinweis sinnvoll.

Denn so veraltet – wenn auch durchaus detailliert und aufschlussreich über die Details und Art der Erkrankung – die deutschen Daten aus dem PIMS Survey der DGPI sind, so gut ist wiederum die Studienlage weltweit, mit 141 wissenschaftlichen Publikationen sogar noch bedeutend besser als die zu Long-Covid, bei Pubmed. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?term=pims+covid

Unerklärt: Wieso werden in Deutschland zig Kinder wöchentlich hospitalisiert?

Auch die Hospitalisierungszahlen der Kinder sprechen eine deutliche Sprache: Laut RKI-Situationsberichten lagen die in den vergangenen Monaten nie unter 20 Kindern pro Woche, über Monate hinweg waren es jeweils wöchentlich 40 bis 50 Kinder mehr im Krankenhaus laut RKI, vergangene Woche 40, diese 20. Dies ließ sich bis Mitte Juli sich sehr leicht über die RKI-Lageberichte nachhalten, die Zahl wurde dort täglich aktualisiert.

Nun gibt es einen wöchentlichen Lagebericht, der stets Donnerstags nachmittags zusätzlich zu den nun kürzeren täglichen Situationsberichten erscheint. Im Zuge der Änderung bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, dass die zuvor erwähnte Zahl nur die offiziell den Schulen zugerechneten Infizierten auf Basis des Infektionsschutzgesetzes abbildete. Die vollständige Zahl der Hospitalisierten Kinder und Jugendlichen findet sich dagegen hier – und liegt höher. Von den (Stand 29.07.2021) insgesamt 85.678 hospitalisierten Covid-19-Patient/inn/en waren 2493 unter vier Jahre alt, 2152 Hospitalisierte waren zwischen fünf und 14 Jahren. Weitere 21.135 Hospitalisierte waren zwischen 15 und 34 Jahre alt – seit Beginn der Pandemie, also seit Kalenderwoche 10/2020. Insgesamt also 4645 unter 14-Jährige seit Beginn der Pandemie. Für die Kinder und Jugendliche gibt das RKI den Anteil der Hospitalisierten an den Infizierten stets mit 1% an. Insgesamt sind es 5%.

Klar ist aus Großbritannien und auch Israel laut Presseberichten und Aussgen von Wissenschaftler/innen: Die britische Variante löst häufiger PIMS aus, als die vorherige Wildvariante – in Großbritannien gingen zu Spitzenzeiten damit an die 50 Kinder ins Krankenhaus, desgleichen in Israel. Bei der indischen Deltavariante soll dies nun nochmal etwas stärker so sein, wie aus Indien und Singapur berichtet wird. Die Wissenschaftler warnen vor den Kinder gravierenden Folgen – beispielsweise vor häufiger Ertaubung oder Schwerhörigkeit, eine ganz klar feststellbare und den Alltag und das weitere Leben in starkem Maß beeinträchtigende Körperverletzung.

Außer Acht: bekannte Einzelrisiken

Und dann gibt es noch einige bereits bekannte Einzelrisiken für Kinder, die aus der Infektion mit Sars-Cov-2 erwachsen, von denen auch in Deutschland längst breiter berichtet wurde.

  • Diabetes Typ 1 gilt schon lange als Risiko für Kinder und Jugendliche. Nun weiß man sogar, dass die Gefahr durch diesen Virus sogar noch viel größer sind, als durch andere Viren, die auch Diabetes auslösen können, aufgrund Autoimmunreaktionen. Das weiß man schon seit fast einem Jahr. Dass Covid-19 die Inselzellen sogar direkt angreift hierzulande spätestens seit Juni 2021.
  • Von Hirnschäden berichtete die WHO bereits vor Monaten. Jeder 10. Covid-19-Erkrankte hat laut aktueller WHO-Mitteilung Spätfolgen von im Schnitt 12 Wochen. Und das Virus verbleibt im Gehirn und kann reaktiviert werden, ebenfalls laut WHO. Auch für mich einer der Hauptgründe, die Kinder vor Infektion zu schützen. Was da im Hirn – ein wirklich bekanntes Folgerisiko der Erkrankung und bekanntlich auch für Kinder und Jugendliche – genau passiert, zeit sich nun laut einer Preprint-Studie aus Großbritannien etwas genauer. Brain Scans vor und nach #COVID19 Infektion bei 394 Personen (davon 379 nicht hospitalisiert) zeigen Abnahme der grauen Substanz in verschiedenen Bereichen des Gehirns, die wichtig sind für Gedächtnis, Emotionen und Entscheidungsfindung. Und genau wie Masern kann auch Covid-19 schwere Hirnentzündungen auslösen, wie die Ludwigs-Maximilian-Universität in München meldete. Die renommierte Medizinfachzeitschrift Lancet verweist auch auf Epilepsie, Hirnentzündung, Chorea, Psychosen oder auch Schlaganfälle nach Covid-19.
  • Das für Besorgnis sorgende Risiko einer Herzmuskelentzündung ist für unter 20 Jährige bei einer Infektion mit COVID 19 aber ganze sechs Mal so hoch wie nach der Impfung, wie eine Preprint-Studie zeigt. https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.23.21260998v1
  • Auch die Sehfähigkeit wird beeinträchtigt, über die Nerven und das Hirn sowie auch über die sich verschlechternde Durchblutung
  • Gehörverlust ist häufig, mit Delta auch Ertaubung sowie Verlust von Gliedmaßen – und damit also auch einer äußerlich sichtbaren Körperverletzung
  • Die Häufung von Mikrothrombosen auch bei Kindern nach äußerlich anscheinend leichten wie auch offensichtlich schwereren Verläufen ist hierzulande mittlerweile seit Ende 2020 bekannt. Sie kann noch nach Jahrn zum Tod oder dem Verlust von Organen beispielsweise der Nieren und damit lebenslanger Dialyse führen, ebenfalls also eine schwere Körperverletzung nach sich ziehen.

Noch unbekannt ist das Risiko für spätere Folgeschäden, die aber aufgrund der Charakteristika des Virus in Erwägung zu ziehen sind. Diese können dadurch entstehen können, dass Covid-19 ins Gehirn eindringen und dort auch ein Leben lang verbleiben kann. In diesem Punkt ähnelt Sars-Cov-2 dem Erreger von Masern, der noch Jahre oder gar Jahrzehnte später eine Gehirnentzündung hervorrufen kann, die oft tödlich ist und wie bei Masern auch noch nach Jahren auftreten kann. Und auch Herpesviren können ins Gehirn vordringen und stehen im Verdacht, für spätere Demenzerkrankungen verantwortlich zu sein. Auch Parkinson löst die Infektion mit Sars-Cov-2 vermutlich aus.

Und (Nachtrag vom 13.02.22) eine weitere beunruhigende Erkenntnis ist, dass nicht nur die T-Zell-Abwehr nicht reicht, wie T-Zell-Immunologe Anthony Leonardi von der John-Hopkins-Universität – unser Notnagel, der uns trotz Immunfluchtvariante zumindest vor dem allerschlimmsten Akutverlauf oft bewahrt. Die Infektion mit Sars-Cov-2 schädigt jedoch auch – ähnlich wie HIV, wenn auch aufgrund unterschiedlicher zellulärer Vorgänge – die T-Zellen. Das könnte das große Ausmaß an Autoantikörpern durch eine Infektion erklären und womöglich auch als Spätfolge ein Syndrom wie AIDS nach sich ziehen, sofern irreversibel. Will man das für seine Kinder? (Nachtrag Ende).

Auch dieses Risiko ist nach einer Infektion mit Sars-Cov-2 ohne einen grundlegenden Immunschutz, beispielsweise durch eine Impfung, also nicht auszuschließen – wird aber von der Stiko ebenfalls ignoriert.

Schäden auch sozial und wirtschaftlich

Nicht geimpft werden zu können aufgrund der fehlenden Empfehlung, die im übrigen aus meiner Sicht zu Unrecht auch zahlreiche eigentlich impfwillige Eltern verunsichert, schadet den jungen Menschen aber nicht nur gesundheitlich in voraussichtlich zigtausenden Fällen fürs gesamte Leben – Folgeerkrankungen wie Diabetes oder auch Folgen von Mikrothrombosen oder PIMS sind ja nicht reversibel (7% aller Fälle laut DGPI – und Drosten veranschlagt mindestens 1 von 1000 infizierten Kindern, die PIMS bekommen).

Zum unnötigen gesundheitlichen Leid kommt noch hinzu, dass die ungeschützte Erkrankung mit Covid-19 auch in jungen Jahren Lebenschancen wie etwa Berufswünsche verbauen kann: Für manche Berufe kommen dann ehemals gesunde Kinder nicht mehr in Frage. Und auch wirtschaftlich kann sich eine Infektion unabhängig in nicht mehr erhältlichem Versicherungsschutz niederschlagen. Auch das ist eine Einschränkung der persönlichen Freiheit und Selbstbestimmtheit und vermutlich dank eingeschränkter Mittel dann auch der Gesundheit auf anderem Gebiet. Zumindest einige Ausschlüsse beim Schutz sind für mit Covid-19 vorerkrankte Kinder und Jugendliche zu erwarten. Neben der Körperverletzung tritt also auch eine nachhaltige Schädigung des Vermögens und Eigentums der Kinder auf, die durch Unterlassen der Impfungen ebenfalls verursacht werden würde.

Die Stiko pusht in Richtung Durchseuchung

Die Stiko wägt stets ab zwischen dem Risiko der Impfung und dem Nicht-Impfen. Mit Blick auf die unausweichlichen Fakten müsste die Stiko aber abwägen das Risiko durch die Impfung gegen das Risiko der geimpften oder alternativ ungeimpften Infektion. Denn klar ist ja – und dies sagen alle Experten auch so: Die Alternative in den nächsten Monaten ist die Impfung oder ungeschützte Infektion. Und dies gilt in besonders hohem Maß für die Kinder, für die bereits mancherorts die Maskenpflicht am Platz entfallen ist, was im anstehenden neuen Schuljahr auch zumindest anfangs – dies zeigen die Erfahrungen mit dem Umgang mit Sicherheit in Schulen – noch weiter gelockert werden dürfte. Stiko-Chef Meyer ist dies sehr wohl bewusst. Er hat in Nachrichteninterviews auch klar gesagt, dass die Infektion der Kinder ohne Impfschutz dann die Konsequenz sein wird, die man in Kauf nehmen könne.

Die Stiko-Experten und ihr Chef Professor Mertens betonen stets, Kinder müssten um ihres eigenen Schutzes willen geimpft werden – und nicht wegen ihres Beitrags für eine Herdenimmunisierung. Dies ist von einer Stiko, die Impfstoffe auch aus Volksgesundheitsgründen empfiehlt, schonmal an sich zumindest merkwürdig. Immerhin empfiehlt die Kommission ja auch Impfungen wie die gegen Masern oder die als weltweit als mittlerweile ausgerottet geltende Polio.

Stiko-Chef Mertens äußert nicht nur die Auffassung, man könne die Kinder sich einfach durchseuchen lassen und so ihren Beitrag zur Herdenimmunisierung leisten. Er sagte auch in einem Nachrichteninterview, das könne man auch ruhig hinnehmen. Dabei zeigen selbst die hierzulande vergleichsweise spärlichen Daten, dass die Erkrankung nachweislich bedeutend schlimmere Folgen für Kinder hat, als die Impfung. Das gilt umso mehr noch für Varianten wie B117 oder auch Delta.

So klar ist die Datenlage längst selbst aufgrund allein deutscher Daten.

Vor allem aber ist die Herdenimmunisierung durch Infektion allein für Covid-19 als Strategie wissenschaftlich längst verworfen worden. Diese Frage wurde im Lauf der Pandemie bereits mehrfach ernsthaft diskutiert – und sie wurde als Option verworfen. Sie ist hochgradig unethisch. Und vor allem: Sie funktioniert auch nicht, dies zeigen Länder wie Brasilien, Südafrika oder auch Großbritannien. Ein hoher Durchseuchungsgrad befördert nachweislich Fluchtmutationen, die dann vorherigen Immunschutz durchbrechen. CNN bezeichnet es gar als „Variantenfabriken. Etwas Ähnliches gilt vermutlich analog auch für Länder mit einem hohen Anteil an durch Impfung teilimmunisierten Personen, in denen viele Neuansteckungen zugelassen werden – also das Virus häufig an Personen unterschiedlichster Immunlage weitergegeben wird. Der Weg der Durchseuchung ist also weder etwas für eine ungeimpfte noch für eine nur teilgeimpfte Gesellschaft. Die Durchseuchung der Kinder ist nach Auffassung seriöser Forscher – Virolog/innen wie Epidemiolog/innen wie Brinkmann und Lauterbach und auch RKI-Chef Wieler zufolge – KEINE Option.

An dieser Stelle setzt sich also die Stiko klar GEGEN den Stand der zumindest seriösen Forschung für Durchseuchung der Kinder ein. Und dies tut Stiko-Chef Mertens nicht nur durch Verweigern der leider zwar unverbindlichen, aber insgesamt doch nötigen Impfempfehlung. Stiko-Chef Mertens setzt sich darüber hinaus nun sogar aktiv dafür ein, dass die Eindämmungsmaßnahmen in Klassen aufgegeben werden.

Sieht also ganz so aus, als stünde mehr Absicht dahinter als nur die, auf „bessere Daten“ warten zu wollen.

Und das ist nicht in Ordnung.

Midia Nuri

Tolles Angebot

stellen Sie sich bitte mal Folgendes vor: Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou bietet Frau Merkel und Herrn Sarkozy an, einen Teil der griechischen Staatsschulden, für die die EU gebürgt hat, statt mit Geld in Gyros zurückzuzahlen. Oder auf Wunsch auch in Zaziki.

Wie fänden Sie das?

Sicher auch unglaublich. Aber keine Sorge: Noch ist es nicht soweit. Anderswo geht es aber durchaus schon so zu, habe ich vor ein paar Tagen gelesen. Da stand, Nordkoreas Staatschef habe Tschechien angeboten, seine Staatsschulden in Ginseng zu begleichen, zumindest fünf Prozent der Schulden in Höhe von insgesamt umgerechnet 7,5 Millionen Euro.

Gut, Tschechien hatte offenbar selbst nach Naturalien gefragt, wenn es stimmt, was die Welt geschrieben hat. „Und eine der Optionen waren Ginseng-Importe“, berichtet der tschechische Vize-Finanzminister Tomas Zidek. Ein offizielles Angebot sei es aber nicht gewesen. Ein schlechtes Geschäft wäre es für ihn offenbar nicht, wenn Nordkorea tatsächlich größere Mengen der als Stärkungs- und Potenzmittels bekannten Knolle abliefert. Erste Kaufangebote soll Zidek bereits auf dem Tisch haben. Also offenbar doch keine Unverschämtheit, das Angebot. Gut, zu Geld machen müssten die Tschechen die menschenpüppchenartig aussehenden Knollen noch selbst.

Vielleicht wäre das ja auch etwas für die EU.

Als Notnagel, falls Griechenland es wie befürchtet nicht schaffen sollte, seine Schulden zu begleichen. Ich habe mal nachgeschaut: Neben Wein und Oliven bauen sie dort auch Tabak und Weizen an. Vielleicht sind unsere Steuergelder ja doch noch nicht verloren … Käme zumindest ein bisschen Geld in die Kasse. Und eine ganz praktische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wäre es doch eigentlich auch, oder?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 7.09.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Räuber

vor kurzem war da diese Meldung: von ein paar Räubern, die eine Bank gesprengt haben. Ich natürlich sofort reingeklickt.

Die Räuber hatten buchstäblich versucht, den Geldautomaten in die Luft zu jagen. Nachts, in Weißensee. Das hatte natürlich einen Heidenkrach gemacht und war hoch spannend für die laut Wikipedia nur 3500 Einwohner zählende Gemeinde.

„Weißensee. Weißensee“, habe ich da gedacht. War da nicht mal was?

Da war doch mal was. Ich also rüber zum Bücherregal – und da war es. Unter der Überschrift „Geldgruben“ stand da diese Reportage von meinem Lieblings-Reisereporter Helge Timmerberg (in: „Tiger fressen keine Yogis“). Die Geschichte hatte Timmerberg kurz nach der Wende geschrieben. Er schildert, wie er sich mit einem Schrank von einem nun gesetzestreuen Ex-Knacki namens Ramires zu einer Tour durch die ostdeutsche Bankenlandschaft aufmacht. Nachschauen, wie die Sicherheitslage der Banken in der damals noch existierenden DDR ist.

Sie war verheerend.

Kein Panzerglas, keine Videoüberwachung, kein Sicherheitspersonal. Und nicht nur das: Türen, die Ramires leicht mit einem Eierlöffel hätte knacken können. Plexiglasscheiben, unter denen jeder Kunde bequem zu den Geldstapeln hinter dem Schalter durchlangen konnte. Eine wehrlose Oma neben einem offenen Tresor, an dem noch der Schlüssel steckt. Kisten voller Geld auf der Fensterbank, gleich neben einem leicht zugänglichen, offenen Fenster.

Selbst in Ostberlin: Berge von Geld hinter offenen Schaltern.

Timmerberg riet damals den Ostdeutschen: „Gebt das Zeug so schnell wie möglichl aus! Ganz schnell. Oder nehmt es mit nach Haus! Legt es unters Kopfkissen, in den Wäscheschrank, stellt den Trabi drauf. Macht damit, was ihr wollt und wo ihr’s wollt. Nur gebt es auf keinen Fall euren Banken.“

Von Weißensee stand in der Geschichte übrigens nichts drin, aber der Ort liegt ja in Thüringen und wird damit wohl ausgesehen haben, wie die Banken – Dutzende –, die Timmerberg da beschrieben hat. Heute allerdings nicht mehr. Mit ihrem Sprengattentat auf den Automaten hatten denn auch die Räuber Pech: Das Gerät blieb unversehrt, die Täter waren getürmt. So ändern sich die Zeiten.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 26.08.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Experten

wenn ausgewiesene Experten hochoffiziell in den Expertenstatus gehoben werden, sollten sie sich eigentlich freuen. Oder?

„Im Prinzip ja, aber…“, würden jetzt wahrscheinlich die Ratingagenturen antworten. Die entpuppten sich nämlich als gar nicht so begeistert davon, dass ihnen die US-Finanzreform nun hochoffiziell das Etikett „Experte“ angeheftet hat. Laut Gesetz sollen ihre Urteile fortan als Urteile von Experten gelten.

Wahrscheinlich erinnern Sie sich noch: Moody’s & Co. werden mitverantwortlich für die Finanzkrise gemacht – waren sie es doch, die noch die intransparentesten und dubiosesten Anlageprodukte als sicher durchwinkten. Ihre Urteile wurden und werden als höhere Weisheiten verkündet – und auch verwertet. Doch auch wenn wir sie also alle irgendwie schon als Experten betrachten – tatsächlich waren ihre Urteile bislang eben nur: bloße Meinungsäußerungen.

Und was tun die Ratingagenturen nun? Nach der Ehrung?

Statt Champagner für alle zu ordern, forderten die großen Drei Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch erst mal ganz rasch ihre Kunden auf, ihre Bewertungen „doch bitte vorerst nicht mehr zu verwenden“, um ihre Kunden von neuen Finanzprodukten zu überzeugen, berichtete kürzlich die Financial Times Deutschland. Und damit stehen offenbar erst einmal alle Finanzräder still: Zahlreiche Unternehmen, die mit Verbriefungen in den Startlöchern standen, halten diese jetzt zurück. Klar, brauchen sie doch für die eine schriftliche Bewertung durch eine Agentur. Genau: die diese ja verweigern.

Warum sie sie verweigern?

Das ist schnell erzählt: Das Gesetz sieht vor, dass die Agenturen nun auch für ihre Einschätzungen haften müssen. Damit wäre das ganze schöne Geschäftsmodell hinfällig. Zumindest könnte es sehr, sehr teuer werden – können wir uns ja denken, nach der Krise.

Entweder, Barack Obamas Experten haben da ganz schlau den Hebel genau am Fehler im System angesetzt – und ihn damit womöglich behoben. Oder aber wir haben bald ganz neue Institutionen, die too big to fail sind und in der nächsten Krise gerettet werden müssen – weil sie für Griechenlandpleite oder faule Wertpapiere in undefinierbaren Finanzkonstrukten haften müssen.

Die Ratingagenturen fahnden nun offenbar nach einem Schlupfloch. So teilte Standard & Poor’s mit: „Wir werden Mechanismen untersuchen, die auch in Zukunft Bewertungen möglich machen.“ Wir werden sehen, was sie finden.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.08.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Bankergemüter

Kinder an die Macht. Frauen an die Macht. Es gibt ja diverse Theorien darüber, wie sich die Krise hätte vermeiden lassen können.

Vielleicht täte es ja einfach ein neuer Anstrich für die Finanzhandelssäle. In Schwarz …

Das vermutet jedenfalls die Financial Times Deutschland. Vor ein paar Tagen machte sich die Zeitung so ihre Gedanken, wie sich die Finanzmärkte anders kontrollieren ließen: „Die Handelssäle dieser Welt sind unverzüglich schwarz zu streichen. Beschallt werden sie künftig mit einem Klangteppich aus Radiohead, The Cure und dem ein oder anderen Requiem,“ schlägt die Zeitung vor. Und statt Businesslunch solle es künftig Lesungen aus dem neuen Houellebecq-Roman geben.

Wer dann immer noch gute Laune habe, solle nach Art eines römischen Feldherren einen Einflüsterer zur Seite bekommen, der ihn an seine Sterblichkeit erinnert …

Das ist natürlich streng wissenschaftlich untermauert, klar. Schon vor einiger Zeit haben Psychologen ja herausgefunden, dass Depressive vernünftigere Entscheidungen treffen als Menschen mit normalem Gefühlshaushalt. Pessimisten neigen eben dazu, die Welt realistischer zu beurteilen als Optimisten, hat ja vor kurzem ebenfalls eine Studie ergeben.

Wer weiß, vielleicht liegt es ja nicht nur an der unter Investmentbankern steigenden Erwerbslosenquote, dass immer mehr von ihnen aus dem Metier aussteigen. Da berichtete vor kurzem der US-Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg über gleich eine ganze Reihe ehemaliger Banker, die es neuerdings in die Wildnis zieht.

Heller. Freundlichere Farben.

Der Banker Jose Cortes hat jedenfalls dem Bericht zufolge seinen hochdotierten Job bei dem Finanzdienstleister Nomura aufgegeben, um in Afrika für reiche Asiaten Safari-Touren zu organisieren. Der frühere Citigroup-Chef für indische Währungen, Nikhil Nagle, setzt sich laut Bloomberg heute für den Schutz von Tigern ein. Und UBS-Währungs-Stratege Benedikt Germanier ist zwar nicht im Dschungel – aber baut immerhin jetzt maßgefertigte Skier.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 15.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Ölplattform

das Trauerspiel an der gesunkenen Ölplattform von BP finde ich schwer erträglich. Das geht Ihnen wahrscheinlich ähnlich. Sicher vielen Menschen. Wie da hilflos an der offenen Ölquelle herumoperiert wird, ohne die Katastrophe verhindern oder wenigstens rasch eindämmen zu können …

Mit dem darauf nun logischerweise folgenden juristischen Nachspiel für den britischen Ölkonzern werden Heerscharen von Anwälten gut zu tun haben. Doch nicht nur sie freuen sich über zusätzliche Umsätze, wie ich kürzlich bei CNNMoney gelesen habe. Auch für die Witzindustrie ist es ein gutes Geschäft. „Eine Goldmine für Satiriker“, stellte die Finanzredaktion des Fernsehsenders fest. Taschen, Buttons, Kaffeebecher oder T-Shirts mit PayPal-Logo auf fast jeder E-Handelsseite.

Und die Käufer greifen gern zu …

Vor ein paar Wochen brachte ein kleiner Händler von schwarz-humorigen Merchandiseprodukten aus dem texanischen Austin ein T-Shirt auf den Markt, auf dem unter dem BP-Logo steht: „Wir bringen das Öl zu Amerikas Küsten“. Während das typische Bestsellerprodukt sich normalerweise vielleicht ein paar hundertmal verkauft, habe sich dieses T-Shirt schon rund 2000 mal verkauft, berichtete der Händler. Nun hat er ein zweites T-Shirt auf den Markt gebracht: mit einem öltriefenden BP-Logo vorne drauf.

Ein skrupelloser Krisenprofiteur will das Unternehmen aber nicht sein.

„Auch wenn wir unsere T-Shirts verkaufen wollen, hoffen wir, dass die Ölkatastrophe gereinigt und die Angelegenheit gelöst wird“, zitiert die Internetseite den Satireunternehmer. Nichts gegen ihn – aber hoffen wir mal, dass ihm bald die Geschäftsgrundlage ausgeht. Zumindest für diese Produktreihe.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 14.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Griechenland

neulich habe ich mich gefragt, was sie wohl in der Lindenstraße zur knapp abgewendeten Griechenlandpleite sagen.

Natürlich sofort nachgeguckt.

„Keine Spur von Krise in Griechen-Land“, schrieben sie da bei lindenstrasse.de. Vasily heirate jetzt wieder, stand da nur. Immerhin die dritte Ehe des „schönen, stolzen Griechen“. Und ich kannte sogar seine beiden Ex-Ehefrauen: Beate und Mary. Obwohl ich die Lindenstraße in den vergangenen 20 Jahren vielleicht drei mal stückweise gesehen habe. Aber gut, ich hatte wohl zurecht darauf gesetzt, dass man sich schnell wieder auskennt, wenn man mal wieder reinschaut …

Aber ich wollte ja eigentlich wissen, wie sie das Thema in der traditionell gesellschaftspolitisch engagierten Dauerläuferserie verarbeiten? Also ins lindenstrasse.de-Lexikon geklickt. E, F, G. Gabilein. Geburten in der Lindenstraße. Geflügelschere.

Geflügelschere?

Natürlich gleich reingeklickt. Ich glaube, ich habe da vielleicht doch etwas verpasst … Der Eintrag lautet: „Olaf Kling hat Mary Sarikakis mit seinen hinterhältigen Machenschaften um die Knochenmarkspende für ihren Mann Vasily so in die Verzweiflung getrieben, dass bei ihr die Wut über die Vernunft siegt und sie Olaf mit einer Geflügelschere den Penis abtrennt.“

Wild! Finden Sie nicht auch?

War nicht Mary Sarikakis vor Vasily auch mal Mary Kling? Mir ist irgendwie so. Die heiraten ja sowieso alle untereinander in der Lindenstraße. Ein echtes Kammerspiel. Aber ich suche ja eigentlich etwas ganz anderes. Also weiter bei G. Griechenland gibt es dort nicht. Nur ein Griechenbürschl. Das hat bestimmt Hausmeisterin Else Kling gesagt, denke ich und klicke vorher noch auf „Grober Unfug“ … Ist aber nur ein Kindertheaterstück mit diesem Titel, das sie in irgendeiner Folge mal aufgeführt haben. Das Griechenbürschl kam von Olaf Kling. Immerhin Elses Sohn.

Und Griechenlandkrise? Gibt es in der Lindenstraße offenbar nicht. Jedenfalls sieht es online nicht so aus. Dabei haben sie doch früher sogar an Wahlsonntagen mehrere Alternativfolgen im Kasten gehabt, die je nach Wahlsieger ausgestrahlt wurden.

Das kommt mir komisch vor. Also noch kurz bei wdr.de nachschauen, dem Lindenstraßensender seit Urzeiten. Vielleicht findet sich ja auf der offiziellen Internetseite etwas. Stellt sich raus: Ich war bereits auf der offiziellen Internetseite. Immerhin entdecke ich: Es gibt dort doch eine Suchfunktion. Nur keine Treffer. „Leider existiert bisher kein Eintrag zu Ihrem Suchbegriff“ kommt da heraus.

Also noch kurz „lindenstraße griechenlandkrise“ gegoogelt. Immerhin: Der Schauspieler von Vasilys Papa ruft dazu auf, jetzt erst recht beim Griechen essen zu gehen. Der 73-jährige Kostas Papanastasiou sei auch im wahren Leben Kneipenwirt, wird da berichtet. Er sagt, die Griechen schimpfen schon lange, beispielsweise über die Korruption. Wenigstens etwas. Was die Lindenstraße betrifft: Zumindest um dieses heiße Thema haben sie sich offenbar gedrückt. Und das, obwohl es dort Griechen gibt. Scheint sich also doch etwas geändert zu haben dort. Aber wer weiß – vielleicht ja nächste Woche …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 7.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Rentenalter

Ökonomen gelten ja als höchst rational. Sie stellen aber auch gern zuweilen – nun ja: komische Fragen.

„Homo oekonomicus oder Homer Simpson?“, fragte sich da neulich der Think Tank Deutschen Bank DBResearch. Ich natürlich sofort reingeklickt. Es ging um Ursachenforschung zur Finanzkrise … Also deutlich drögeres Zeug, als ich spontan vermutet hatte. Gut, Ökonomen haben eben auch Humor. Und wollen natürlich, dass man ihre Meldungen liest. Dabei ist eine lustige Überschrift ja ganz hilfreich …

Ökonomen haben es ja wirklich nicht so einfach.

In der Zunft kursiert das Bonmot „Zwei Ökonomen, drei Meinungen“. Sind schließlich hochkomplexe Gebilde, über die sie sich da Expertenmeinung samt Prognose bilden müssen …

Und wer auch immer sie nach ihren Einschätzungen, Voraussagen und Modellen fragt, fragt nicht in der Absicht, auf sie zu hören, sondern oft nur, um nicht so zu wirken, als würde er einfach seinen Strumpf machen.

Lustig wird es, finde ich, wenn Ökonomen mal einen Aprilscherz wagen. So wie vor wenigen Wochen. Darauf wäre ich fast hereingefallen, so ernsthaft kam diese Meldung des Kölner Instituts für die Deutsche Wirtschaft (iw) daher: „Rente mit 70 ist machbar“ stand da über der Pressemitteilung.

Mich interessierte eigentlich nur, was an der Rente mit 70 eigentlich als nicht machbar gegolten hatte. Ich also sofort reingeklickt. Und was soll ich sagen: Die Argumentation klang … irgendwie wahnsinnig überzeugend …

„Viele ältere Menschen haben an ihrem Geburtstag den Eindruck, das vergangene Jahr sei schneller vorbeigerauscht als in früheren Jahren“, schrieben die iw-Experten da.

Das kennen wir doch alle …

Männer und Frauen ab Mitte 50 glaubten den Befragungen des Instituts zufolge also, seit dem letzten Geburtstag seien gerade einmal gefühlte 200 Tage vergangen. „Mit Anfang 30 entspricht die Wahrnehmung noch in etwa dem tatsächlichen Kalender.“ Diese Erkenntnis solle sich die Rentenministerin zu eigen machen und das Rentenalter auf 70 anheben, fordert das iw. Einfache Rechnung: „Wer 57 Jahre alt ist, hätte dann gefühlt nur noch 2.600 Tage oder 7,1 Jahre zu arbeiten“

Das gefühlte Rentenalter würde dann laut iw-Rechnung sogar noch unter dem realen Renteneintrittsalter liegen. Logisch.

Klasse, oder?

Nur eine kleine Zahl ließ mich stutzig werden: die der Befragten. Drei. Aber weil ich die Argumentation so hübsch fand, habe ich sicherheitshalber doch kurz bei dem Institut angerufen. Und? Natürlich war es ein Aprilscherz. Fast schade, finden Sie nicht auch?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 18.05.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Rentenlösung à la brasiliana

haben Sie eigentlich schon von Brasiliens Rentenproblem gehört?

Eigentlich ganz spannend. Sorgt doch bei denen ein pharmazeutisches Produkt für immense Probleme. Völlig unerwartet. Aber nicht etwa dadurch, dass es die Lebenserwartung so sehr steigere. Sondern indem es das Alter der Rentner auf ein unerwartet jugendliches Alter herabsetzt.

Die Rede ist von Viagra. Was man als Sozialpolitiker nicht alles bedenken muss – da habe ich auch gestaunt…

Jedenfalls soll das durch Viagra beförderte Phänomen, dass sich ältere Männer gern mit jungen Frauen umgeben, die brasilianische Rentenkasse zunehmend in Schwierigkeiten bringen. „Paulo Tafner, Autor einer Studie der Nationalen Versicherungsanstalt spricht von einer „schweren Herausforderung für die Zukunft unseres Landes“. Die besteht darin, dass 64 Prozent der geschiedenen Männer über 50 Jahren beim zweiten Mal eine weitaus jüngere Frau ehelichen. Bei den 60-bis 64-Jährigen sind es sogar noch mehr: Von ihnen heiraten sogar 69 Prozent eine 30-Jährige oder noch jüngere Partnerin.

Und all diese vielen grünen Witwen haben dann alle einmal mit etwa 40 Jahren einen lebenslangen Anspruch auf Witwenrente… Statt der für das brasilianische Rentensystem kalkulierten im Schnitt 15 Jahre, liegen die grünen Witwen also der Rentenkasse gut und gerne 35 Jahre auf der Tasche.

Da musste ich an eine Annonce denken, die aus irgendeiner Tageszeitung dieser Republik vor ein paar Wochen ihren Weg in den Hohlspiegel des Spiegel gefunden hatte. Mit der Anzeige hatte eine junge Krankenschwester sehr unverblümt einen senilen Knacker gesucht: „zwecks Versorgungs-Ehe – No Sex“, stand da. Auch eine Strategie, sein Rentenproblem zu lösen, habe ich da gedacht. Womöglich ist das aber auch schon ein neuer Trend, der sich demnächst nicht mehr nur im Hohl-Spiegel findet, sondern in den Wirtschaftsteilen unserer Medien…

Gerade alternde Beamte sollten derzeit beste Karten auf dem Heiratsmarkt haben.

Auch hier ist die Hinterbliebenenversorgung schließlich – noch – ganz gut. Auch wenn sie immerhin an eine Mindesthaltbarkeitsdauer der Ehe gebunden ist.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.03.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Parkdesaster

neulich war ich wieder in Köln. Parkautomat kaputt. Nach anderthalb Stunden hatte ich ein Knöllchen. Aus Köln bringe ich fast immer so einen Wisch nachhause. Es sei denn, ich fahre zu einer Werksbesichtigung und darf auf den Firmenparkplatz.

Kein Wunder: Immerhin ist Köln – hinter Offenbach – die Knöllchen-Hochburg.

In Offenbach war ich bestimmt sieben Jahren nicht mehr. Dort klemmen 127 Knöllchen dort pro 100 gemeldeten Fahrzeugen an den Windschutzscheiben, schreibt das Magazin der Zeit. In Köln 110 pro hundert. Vielleicht sagen sie sich dort: „Reparieren wir doch einfach die Automaten nicht mehr und schauen, wie viele Dummbattel bezahlen“. Wenn es um unter 15 Euro geht, werde ich wohl auch überweisen. Freut den Stadtkämmerer…

Besonders lustig ist es übrigens in Mönchengladbach. Jedenfalls vor ein paar Monaten, als ich mal wieder dort war. Abends wollten wir ins Kino. Da es nur noch zwei für Rheydt und MG zusammen gibt, mussten wir samstagabends in die Gladbacher Altstadt. Mit dem Auto! Ein bisschen habe ich mich gefühlt wie in „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Als wir jenseits der Einkaufszone Hindenburgstraße nach einer Parklücke suchten, kamen wir nicht mehr heraus. Es ging nur noch rechts – oder falsch herum in Einbahnstraßen. Ausnahme: eine Anliegerstraße, die auf die für Busse gedachte Hindenburgstraße führte… Also immer im Kreis, brav rechts.

Wenn wir wenigstens einen Parkplatz gefunden hätten, wäre es ja gut gewesen…

Vor und hinter uns wälzte sich eine Kolonne. Mindestens ein halbes Dutzend Autos, die auch suchten. Rein in den Parkplatz. Aber was da gerade rauskam, hatte aber auch nur gesucht. Also selbst wieder raus. Der nächste rein. Und rechts, und wieder rechts. Bestimmt sechs Runden lang. Kein Ausweg in Sicht.

Spätestens da habe ich den Cartoon aus der Rheinischen Post vom Morgen verstanden. Da saß ein Autofahrer mit Handy am Ohr am Steuer, um ihn herum ganz viele Verbots- und Umleitungsschilder und in der Sprechblase stand: „Schatz, es wäre besser, Du würdest mir das Mittagessen einfach kurz mit dem Fahrrad vorbeibringen.“ So sah es aus! Wie es heute ist, weiß ich nicht. Sicherlich sind sie dort von der ganz fixen Sorte und das Drama hat sich lääängst gegeben…

Immerhin, wir hatten Glück. Irgendwann fiel mir eine einsame Straße linkerhand auf. Nur Bäume und Häuser. Bei näherem Hinsehen: lauter freie Parkplätze. Ein einsames Auto unter den Bäumen, der Rest war frei. Unglaublich. Aber klar: An der Ecke stand ein Durchfahrt-Verboten-Schild. Wir also einfach falsch herum rein, geparkt und gerade noch rechtzeitig zum Film gekommen. Als wir zu Fuß an dem Stocher-Parkplatz vorbeikamen – einer raus, einer rein, das alte Spiel war noch im Gange – haben wir den bedauernswerten Insassen eines Kombis erklärt, aus der Nummer kämen sie nur raus, wenn sie da vorne illegal links abbiegen.

Was die uns dankbar waren – den Blick werde ich wahrscheinlich nie vergessen….

Sie machten nicht einmal mehr die Runde, sondern setzten gleich aus dem Stand die 30 Meter zurück. Ob das alles die Wirtschaftskrise schuld ist? Zur Zeit bauen sie ganz viel, weil das Geld aus den Konjunkturpaketen weg muss. Bei der Beschilderung und den Automaten brauchen nicht so aufzupassen – im Zweifel schwemmen Fehler und blöde Straßenführungen weiteres Geld in die Kassen. Hört sich doch nach einer praktischen Lösung für die Steuersenkungsversprechen an. Immerhin: In Mönchengladbach gab es am Ende kein Knöllchen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 23.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html