Die obersten deutschen Finanzrichter haben sich offenbar mal wieder geärgert: über die Regeln des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes. Sie haben dem Bundesverfassungsgericht einige Klauseln vorgelegt. Das muss also demnächst prüfen, ob insbesondere Paragraph 19 Erbschaftssteuergesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.
Der Bundesfinanzhof ist dieser Auffassung. Dass fremde Dritte Familienmitgliedern wie Geschwistern, Neffen und Nichten gleichgestellt würden, halten sie – anders als der Kläger – für verfassungsgemäß.
Doch in einigen anderen Punkten verstoße der 2009 mit dem in der Wirtschafts- und Finanzkrise erlassenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz geänderte Paragraph ihrer Ansicht nach durchaus gegen den Gleichheitssatz, schon weil die finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgehe, teilte der oberste Finanzgerichtshof mit.
Die BFH-Richter halten es für eine verfassungswidrige Überprivilegierung, dass Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliche Vermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften nicht besteuert werden. Die Richter zweifeln an, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährdet – und ärgern sich, davon werde sogar dann ausgegangen, wenn mit einer Steuerstundung nötige Mittel durchaus vorhanden wären.
Auch das immer wieder von Experten und Unternehmern angeführte Argument „Arbeitsplatzerhalt“ halten die obersten Finanzrichter für nicht tragfähig, „weil weit mehr als 90 Prozent aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten“, argumentieren sie in ihrer Urteilsbegründung, „und schon deshalb nicht unter die „Arbeitsplatzklausel“ fielen. Und auch weil das Gesetz Gestaltungen zulasse, die es in vielen Fällen auf einfache Art und Weise ermöglichten, dass es für die Gewährung des Verschonungsabschlags auch bei Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten im Ergebnis nicht auf die Entwicklung der Lohnsummen und somit auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen in dem Zeitraum nach dem Erwerb ankomme.
Sprich: Wenn es stimmt, was die Richter da anhand von Studien und Gutachten teils sogar aus dem Bundesfinanzministerium selbst herleiten, dann wurde da mal wieder mit offenbar vorgeschobenen Argumenten umverteilt. Zum Nachteil der Mehrheit in der Bevölkerung.
Als entscheidenden Grund für die Vorlage vor dem Bundesverfassungsgericht nannten die BFH-Richter denn auch dies: „Unter dem Strich führten die erbschaftsrechtlichen Steuervergünstigungen dazu, dass Steuerbefreiung die Regel und Besteuerung die Ausnahme sei.“
Wir dürfen gespannt auf das Urteil der Verfassungshüter sein.