Marketing

wer will schon das Wort „Kind“ und „Amputation“ in ein und derselben Meldung lesen?

Sie aber garantiert ebenso wenig wie ich. Soviel ist sicher.

Erst recht nicht, wenn es sich um eine Produktwarnung für einen Kinderwagen handelt, in dem man selbst sein Kleines täglich vor sich herschaukelt. Das kann niemand wollen. In dem Punkt sind alle Eltern der Welt gleich. Aber offenbar sind zumindest aus Sicht des britischen Kinderwagenherstellers Maclaren manche Eltern gleicher. Zum Beispiel die in den USA.

Produkthaftung, ick hör Dir trapsen…

Klar, gerade in den USA wurden für mangelnde Produktsicherheit schon hohe Millionenbeträge an Schadensersatz gezahlt. Von Herstellern. Für geschädigte Kunden. In einem Land, in dem auf Plastiktüten der Hinweis nicht fehlen darf, dass man sich diese nicht über den Kopf ziehen soll oder auf Mikrowellen der, dass Katze, Hund oder Hamster nicht darin getrocknet werden dürfen, überrascht es daher wenig, dass Maclaren sein Produkt dort zurückrief, nachdem gleich mehrere Kinderwagen desselben Modells Kleinkindern eine Fingerkuppe amputiert hatte.

Und in Großbritannien?

Da mussten sich die jungen Eltern mit einem simplen Warnhinweis begnügen. Verbunden mit dem Tipp, dass sie „darauf achten sollten, dass ihre Kinder beim Öffnen des Kinderwagens nicht die Finger in den Faltmechanismus des Kinderwagens stecken sollen.“

Toll, oder?

Darüber wunderte sich am Donnerstag denn auch die britische Wirtschaftszeitung Financial Times (FT). „Nun ist Maclaren ein „kleines privates Unternehmen mit einem großen öffentlichen Problem“, schrieb die FT. Und stellte gleich ein paar vernünftig klingende Regeln für Kinderwagenhersteller und andere Produktanbieter auf.

Lektion eins: „Sei bereit“. Obwohl das Unternehmen über die zuletzt gehäuften Fälle informiert war, eierte man ziemlich herum, als die für Produktsicherheit zuständige US-Behörde auf den gefährlichen Produktfehler aufmerksam machte.

Lektion zwei und drei gehen laut FT so: „Sei mitfühlend und freundlich“. Das Risiko, dass bei einem Kleinkind ein Fingerglied amputiert wird, mag gering sein, räumt die FT ein. Und die Sicherheitsvorkehrungen im Unternehmen vorbildlich. Dennoch wird der durchschnittliche Kunde mit einem solchen Kinderwagen in seinem Besitz doch schmallippig auf einen solchen Hinweis reagiert. Sollte eigentlich klar sein.

Und Lektion vier: „Mach keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Märkten.“ Zumindest in solchen Dingen sollten Unternehmen die Segmentierung in Kundengruppen lieber nicht zu weit treiben. Und sich lieber öfter mal ganz menschlich in diese hineinversetzen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Geysire

schade, ich schaffe es im Moment einfach nicht in die Innenstadt. Da fühlt man sich sicher gerade wie in Island. Schießen doch neben dem hessischen Finanzministerium die Geysire aus dem Boden.

Am Donnerstagnachmittag eine meterhohe Fontäne. Die ist laut Netzeitung „gewaltig und lässt sich kaum eindämmen“. Eine Baufirma hatte nachmittags versehentlich in 130 Metern Tiefe eine unter Druck stehende Wasserblase angebohrt. Man hatte nachgucken wollen, ob sich das Fleckchen eignet, um ein Nebengebäude des Ministeriums mit Fernwärme zu versorgen, ein Passivhaus. Dabei darf man in Wiesbaden eigentlich gar keine Erdwärmebohrungen machen. Zu viele heiße Quellen und innerstädtische Wasseradern. Aber egal.

Eine weitere Baufirma schaffte es Donnerstagnacht immerhin, das Loch im Boden mit 56 Kubikmetern Beton zu füllen. 56 Kubikmeter, das sind 56 Millionen Liter. Oder anders: Ein gut 10.000 Kilometer hoher Turm, wenn sie es in gestapelten Litern Milch messen. Längs aneinandergelegt immerhin ein Viertel vom Erdumfang. Wenn ich mich nicht verrechnet habe….

Das ist eine ganze Menge, finden Sie nicht auch?

„Im ganzen Rhein-Main-Gebiet haben wir zunächst keinen Beton bekommen“, berichtet der Einsatzleiter der Feuerwehr Wolfgang Simon. Ungünstige Zeit. „Wir warten jetzt auf einen Betonlaster aus Darmstadt.“

Am Freitag sprudelte es immerhin nicht mehr meterhoch, sondern blubberte nur noch ein wenig vor sich hin. Trotzdem war das hessische Finanzministerium wohl dem Absaufen nahe – das Wasser bis zum Hals, wenn man so will. Kaum war das große Geysirloch betoniert, drängten neue Geysire auf benachbarten Parkplätzen an die Erdoberfläche. Auf dem Parkplatz eine Schlammschicht von einem Meter. Sandsäcke. 60 Feuerwehrleute und ein gigantischer Wasserschaden.

Jetzt sind wir hier nicht mehr nur Wasserkurstadt – an jeder Ecke gibt es irgendeine heiße Quelle, die angeblich sehr gesund ist. Nun sind wir wohl auch einziges städtisches Pflaster in Deutschland mit echten Geysiren. So was gibt es ja sonst bestenfalls in der Vulkan-Eifel. Vielleicht sprudeln ja dann auch bald die Tourismuseinnahmen.

Dann muss die Stadt vielleicht nicht mehr so viele Knöllchen verteilen.

Man wird ja wohl träumen dürfen… Auch der hessische Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) hätte sich sicher sprudelnde Quellen ganz anderer Art erträumt. Hatte er doch gerade erst wenige Minuten vor der Fontäne verkündet, Hessens Steuerquellen sprudeln schlechter. Und das, wo das hessische Staatssäckel ohnehin ein Rekorddefizit verzeichnet. Die nun überall ausbrechenden Klein-Geysire – Wasser sucht sich eben einen Weg, wenn man ihm den Hauptausgang versperrt – quittiert Michael Hohmann, Büroleiter von Finanzminister Weimar (CDU) mit Galgenhumor: „Das Vorurteil, dass wir nicht liquide sind, können wir widerlegen.“

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 09.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Chaka

falls Sie sich auch um Ihren Job sorgen, schauen Sie doch mal bei Süddeutsche Online vorbei. Die hat vor ein paar Tagen verblüffende Karrieretipps zusammengestellt. Alle ganz einfach, preiswert – und wissenschaftlich belegt.

Stichwort: „Chaka für Anfänger“.

Ihr Erfolg fängt im Beruf schon damit an, in welchem Programm Sie Ihre Texte schreiben. Wollen Sie intelligent wirken, benutzen Sie Word. Klingt komisch, ist aber so, fand der Psychologe Daniel Oppenheimer von der renommierten Universität in Princeton heraus. Am besten schreiben Sie in der Schriftart „Times New Roman“. Wer eine klassische Times-Schrift benutzte, wirkte in Oppenheimers Experimenten deutlich intelligenter als Vergleichspersonen, die in Arial oder Verdana schrieben.

Passen Sie auch bloß auf, was Sie reden – vor allem, wenn Sie frisch von einer Hochschule kommen. Mit Fremdwörtern um sich zu werfen, mag im kuscheligen Biotop der Unis gut kommen. Im realen Leben aber wirken Menschen klüger, die hochgestochene Synonyme meiden. Benutzen Sie also im Beruf lieber einfache Worte: zum Beispiel Satzbau statt Syntax. Doch was immer Sie sagen: Reden Sie viel. Und: Schleimen Sie dabei ruhig. Aber jetzt nicht gar so plump und direkt, raten Experten. Preisen Sie nur öfter mal, was Ihr Chef tut und sagt. Zum Beispiel so: „Da haben Sie eine beeindruckende Lösung gefunden. Die wäre mir nicht eingefallen.“

Keine Sorge: Selbst noch so triefende Schleimspuren fallen nur Ihren Kollegen auf.

Ihr Chef wird sie dagegen nicht registrieren, sondern sich einfach gut fühlen, fand Roos Vonk heraus, Psychologieprofessorin an der Radboud Universität im niederländischen Nimwegen.

Falls Sie sich bereits dringend neu orientieren müssen, ziehen diese Strategien natürlich nur sehr bedingt. Jetzt kommt es darauf an, dass Sie Ihr Potenzial bestmöglich nutzen. Vielleicht schauen Sie dafür nun lieber mal bei Bild.de vorbei. Da stand vor kurzem, wir sollen uns ein Vorbild an den Kindern nehmen und von ihnen lernen. „Das kann einen positiven Effekt auf die Psyche haben, und es können sogar Nervenbahnen aktiviert werden, die bisher nicht genutzt wurden“, erklärt Elmar Basse, Psychologe aus Hamburg.

Die ein oder andere Kindlichkeit kann in der Krise sicher nicht schaden.

Lassen sich doch die Kleinen beispielsweise nicht so schnell entmutigen. Geht mal etwas schief, ist das nicht schlimm – klappt eben beim nächsten Mal. Außerdem lernen Kinder auch noch besser aus Ihren Misserfolgen als wir – und jammern nicht so viel. Sie sind neugierig, und statt festgefahren in ihrer Position zu verharren, wechseln sie häufig die Perspektive. Bei meiner Tochter weiß ich manchmal nicht: Ist sie gerade Konstrukteurin, Vogelforscherin, Ärztin, Tierschützerin oder Unterhaltungskünstlerin? Auch von ihrem Mitgefühl können wir Großen uns eine Scheibe abschneiden. Ist gesund und lässt die Arbeit leichter von der Hand gehen.

Mit einem sollten Sie allerdings vorsichtig sein. Kinder sind noch sehr ehrlich – kein Stück diplomatisch. Klar, das kann erfrischend sein, wie Bild.de zurecht anmerkt. Allerdings nur bei kleinen Menschen. Wer will schon so authentische Mitarbeiter? Klartext reden und Gefühle zeigen stehen nicht unbedingt im Ruf, karrierefördernd zu sein. Ebenfalls wissenschaftlich erwiesen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 09.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Simpsons

in New York ist gerade Wahlkampf. Posten des Oberbürgermeisters. Ziemlich unterhaltsam, zumindest für Fans der Fernsehtrickserie „Die Simpsons“.

Tritt doch seit einigen Wochen Monty Burns gegen Bürgermeister Michael Bloomberg an. Er wirbt mit unkonventionellen Lösungen für die Probleme des Big Apple. So will Burns etwa Long Island, diese „blöde Insel im Nordosten der Stadt“, an den Nachbarstaat New Jersey verkaufen. Immerhin würde das dramatische Haushaltsdefizit so ein wenig schmelzen. In Umfragen legte der politische Neueinsteiger deutlich zu.

Ob die Wähler bei dem launigen Wahlkampf nicht so genau hinschauen?

Billigen Strom für die New Yorker will Burns mit einem neuen Atomkraftwerk herstellen – im Brooklyner Viertel Williamsburg. Gut, wer die Simpsons kennt, weiß eh, was er sich mit der Stimme für Burns einhandeln würde: Der altersschwache Greis mit der knallgelben Haut, den Glubschaugen und der hohen Stirn scheffelt seine Millionen als Betreiber von Atomkraftwerken und ereifert sich über Intellektuelle. Gegen Bloomberg mit seinem 70-Millionen-Dollar-Wahlkampfetat schneidet er gar nicht schlecht ab. Die beiden Burns-Anhänger, die den Wahlkampf organisieren, schaffen es gelegentlich, an den Wahlkampfständen mehrere hundert Passanten zu „Wir wollen Monty“-Sprechchören anzustiften.

Muss wohl der Charmevorsprung des senilen Comichelden sein…

Was es allerdings mit Marge Simpson als Covergirl des amerikanischen Playboy auf sich hat? Doch ein zweiter Kinofilm? Oder eher die Krise? Wie war das noch mit den schlechten Zeiten und der zunehmenden Rocklänge?

Marge ist ja nicht einmal nackig!

Die entscheidenden Stellen verdecken bei dem blauhaarigen Bunny Flokati und Häschenfigur. Vielleicht will der amerikanische Playboy ja dem Vorbild der deutschen Frauenzeitschrift Brigitte folgen – und endlich politically correct in Sachen Frauenbild werden. Immerhin will die Brigitte vom nächsten Jahr an keine Magermodels mehr mit Größe 32 bis 34 als unheilvolle Vorbilder ins Blatt nehmen, sondern nur normal proportionierte Frauen von nebenan mit Größe 38.

Was ich dabei noch nicht verstanden habe: Die Brigitte hat immer wieder erklärt – sicherlich wahrheitsgetreu –, in die Modellteile der Modefirmen passten selbst die giraffigen Supertopmodels nicht mehr hinein. Wie man dieses Problem allerdings ausgerechnet mit noch mehr Platz beanspruchenden Normalfrauen lösen will, darauf bin ich schon gespannt. Vielleicht ist das ja auch nur Teil der Lösung – und die Anziehsachen stammen alle aus Privatbesitz. Würde ja gut zur Krise passen.

Vielleicht lässt sich die Redaktion ja vom US-Playboy inspirieren: und engagiert Marge gleich für eine Modestrecke. Eins wird sie aber wohl nicht nachmachen: zusätzlich zur Marge-Ausgabe bringt das Männermagazin gleich eine zweite Novemberausgabe – mit einem echt barbusigen Unterwäschemodel. Trotz der Krise ist Magazingründer Hugh Hefner überzeugt: „Echte Fans werden beides wollen.“

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 22.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Kometen-Handtasche

die schnellste Handtasche der Welt bewegt sich flugs durch den Orbit.

Wenn Sie Ihr Fernrohr zücken, können Sie „Heidemaries Handtasche“ – so nannte Fernseh-Wissenschaftler Ranga Yogeshwar das gute Stück liebevoll in „Wissen vor 8“ im Ersten – als hellen Fleck über das Firmament sausen sehen.

Kein Ufo, was Sie da am Himmel erspähen. Eine Handtasche.

Genauer: Die Werkzeugtasche von Heidemarie Stefanishyn-Piper, NASA-Astronautin an Bord der Internationalen Raumstation ISS. Hätte sie das gute Stück doch bloß mal an einem Henkel schräg über der Schulter angeleint – meine bevorzugte Tragevariante zumindest voluminöserer Aufbewahrungsbekleidung. Dann wäre die Tasche sicher nicht ins Weltall entschwebt. Geben Sie doch mal „Astronaut loses tool bag“ bei youtube ein. „Oh, great“, sagt die Astronautin da. An dem Tag war sie zu Wartungsarbeiten auf einem Weltraumspaziergang unterwegs und wollte dem Fernsehbericht zufolge nur kurz etwas Fett von ihren Handschuhen und dem Inneren der Handtasche entfernen, wo eine Werkzeugpistole ausgelaufen war.

Auch eine Astronautin hat eben nur zwei Hände.

Herausbekommen hätte sie den Fleck sicher sowieso nie wieder. Fett ist hartnäckig – und Weltraumfett erst… Allerdings hätte die Astronautin ihr Täschchen deswegen wohl sicher nicht ins All entsorgt. Auch ich besitze noch das ein oder andere unbrauchbare gute Stück als Andenken. Und ein Utensil eines so wichtigen Ereignisses hätte ich bestimmt behalten.

Arme Heidemarie.

So haben wir nun alle etwas davon. Das Täschchen umkreist unsere Erde fortan wie ein künstlicher Satellit. „Anfänglich war es noch dieselbe Höhe wie die Raumstation ISS“, berichtet Yogeshwar, „doch die Tasche bewegt sich Richtung Erde“.

Keine Sorge: Auf den Kopf fallen wird sie uns nicht. Das tun nur größere Teile wie etwa verloren gegangene Raketentanks. Saust der Weltraummüll in einer Höhe von 800 Kilometern durchs All, dauert es Jahrhunderte und bei einer Höhe von 1500 Kilometern sogar einige tausend Jahre, bis er unseren Ururururur-undsoweiter-Enkelchen dereinst einmal auf den Kopf plumpsen wird.

Immerhin ein kleiner Trost.

Die Flugbahn der fliegenden Handtasche verliert zwar täglich etwa 250 Meter an Höhe. Aber für uns hat das nur Vorteile: Vielleicht werden wir sie mit der Zeit ja sogar mit bloßem Auge über den Himmel ziehen sehen. Die Tasche wird dann mit der Zeit langsamer werden und im nächsten Jahr in der Erdatmosphäre verglühen.

Das gibt sicherlich einen hübschen Kometenschweif ab.

Wenn Sie wollen, dürfen Sie sich dann etwas wünschen. Hoffentlich bereitet der Wetterbericht uns rechtzeitig darauf vor. Damit wir gucken können.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 15.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Handtasche

auf die Liste der Dinge, über die ich kürzlich gestaunt habe, bringt es sicher die Nachricht über eine Damenhandtasche, die vor zwei Tagen über die Agenturen lief.

Eine Damenhandtasche in den Nachrichten ist ungewöhnlich, finden Sie nicht auch?

Nein, nicht irgendso ein Promitäschchen, das für einen 27-stelligen Betrag bei Sotheby’s versteigert wurde. Auch keine Tasche, die Schminktipps eines Politikers enthielt. Eine stinknormale Damenhandtasche, die sich nur ein wenig damit brüstete, ein Problem weiter Teile der weiblichen Bevölkerung gelöst zu haben. Leider nur fast. Die Handtasche hat, habe ich nachgelesen, eine sensationell schlaue Innenbeleuchtung. Die geht beim Öffnen der Tasche an und nach 45 Sekunden wieder aus. Klasse Idee eigentlich: Da brauchen Sie sich nicht mehr ans Fenster oder unter eine Lampe zu stellen oder die Tasche auszukippen, wenn Sie etwas suchen. Sie brauchen bloß die Tasche zu öffnen und haben voll den Überblick.

Super. Hätte nicht die Tasche diesen kleinen Konstruktionsfehler…

Sehr dumme Angelegenheit. Der Magnet des Lichtschalters löscht nämlich gern, was auf dem Lesestreifen einer EC-Karte so drauf ist: neben Kontonummer und Bankleitzahl der Verfügungsrahmen und Daten für den Abgleich der PIN.

Laufereien, Telefonate, eingeschränkter Zugang zum Girokonto…

„Wir beobachten eine steigende Zahl von defekten Karten”, erklärt ein Sprecher des Bundesverbandes deutscher Banken.

Ich nehme an, die verantwortlichen Handtaschen-Ingenieure der Kaffeeröster- und Handelskette hätten das fast im Griff gehabt. Wenn da nur nicht diese blöde Deadline gewesen wäre, nach der die Tasche ja leider schon fest für den Vertrieb eingeplant war. Immer dieser Zeitdruck…

Müssen es eben die Marketingleute richten. Was die den Kundinnen raten?

Da hätte eigentlich jeder drauf kommen können: Am besten, Sie bewahren die Magnetkarten nicht in der Handtasche, sondern zum Beispiel in der Jackentasche auf. Das haben Sie geraten… Falls Sie ein Mann sind und jetzt nicht verstehen, was daran komisch sein soll, fragen Sie doch mal Ihre Frau oder Freundin, wo die ihre Plastikkarten mit sich herumträgt. Und wenn Sie möchten, auch noch Ihre Kollegin, Nachbarin oder Lehrerin Ihrer Kinder.

Immerhin: „Wir weisen auf der Verpackung darauf hin, dass der Magnet für die Karten gefährlich ist“, stellte ein Sprecher der von der Handtaschenkatastrophe betroffenen Handelskette klar. Das ist tatsächlich anerkennenswert, hebt auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hervor. Andere Hersteller ebenfalls kartenkillender Handtaschen verkneifen sich den Hinweis nämlich vornehm.

Vielleicht sollte der Anbieter das Produkt nun anders vermarkten: als Spartasche. In diesen wirtschaftlich schlechten Zeiten sicherlich sehr zugkräftig. Immerhin ist das Stück nicht nur günstiger, als andere Damentaschen, sondern unterbindet auch irrationale Spontankäufe. Zumindest einige Wochen. Bis die Bank die neue Karte geschickt hat… Und nach der Krise funktioniert das mit dem Licht dann auch richtig.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 08.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Lügen

mein Name ist Hase. Dumme Ausreden finde ich super. Solange sie lustig sind…

Neulich dieses Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen. Das hatte der ADAC gefunden und darüber berichtet. Ein Autofahrer hatte sich gegen ein im Straßenverkehr aufgenommenes Foto gewehrt. Er war mit Tempo 130 statt der erlaubten 100 Stundenkilometer an der Kamera vorbeigebrettert. Das war dem Mann schon öfter passiert. 60 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot drohten.

Dumme Ausreden haben ja immer einen Grund…

Und so hat der Fahrer sich verteidigt: Er sei gar nicht mit Tempo 130 an der Kamera vorbeigefahren. Das sei ein Hase gewesen. Er habe es genau gesehen…

„Nach ein paar Metern raste der Hase nach vorne und überquerte einige Meter vor meinem Fahrzeug die Straße, so dass ich ihn aus den Augen verlor. Dieses Ereignis muss die Messung zu meinem Nachteil beeinflusst haben“, erklärte der Mann.

Schutzbehauptung, urteilten die Richter. Ein Hase sei auf dem Foto nicht zu erkennen gewesen. Außerdem hätte das Auto auf der Gegenfahrbahn das Tier zwangsläufig totgefahren. „Hiervon hat der Betroffene allerdings nichts berichtet“, so die Richter. „Im Übrigen bewegen sich Hasen üblicherweise nicht mit Geschwindigkeiten von nahezu 100 km/h.“ Als Beleg zitieren die Richter aus einer österreichischen Internetquelle Textpassagen, in denen es um Muskelpakete, Körpergewicht und zarte Unterläufe geht.

Womit Juristen sich so beschäftigen dürfen. Fast wie Journalisten…

Dass die wohl frei erfundene Schutzbehauptung nun Kosten für die Allgemeinheit bedeutet – darüber denke ich jetzt lieber nicht so grundsätzlich nach. Immerhin ist Lügen vor Gericht glaube ich nur unter Eid verboten. Und dann trägt der Mann ja auch das Prozesskostenrisiko.

Ich staune immer wieder, dass wir angeblich alle bis zu 200 mal täglich lügen. Sagen Wissenschafter schon seit Jahren. Gut, darunter sollen viele kleinere, soziale oder Notlügen sein wie „Du siehst heute aber gut aus“ oder „Nein nein, alles okay.“…

Ausreden versuche ich jedenfalls sehr sparsam einzusetzen. Schon weil ich mir so schlecht merken könnte, was ich wem gegenüber erfunden habe. Und natürlich auch aus moralischen Gründen. Irgendwann in den frühen 90ern, als Anrufbeantworter und Mailboxen noch nicht alltäglich waren, da hatten wir unter Freunden mal eine kleine Debatte. Eine Freundin lehnte in diesen grauen Vorzeiten der Kommunikation die Anschaffung eines solchen Geräts ab. Und ärgerte sich, selbst immer öfter „auf Band sprechen“ zu müssen. In ihren Augen war es moralisch verwerflich, dass Leute den Anrufbeantworter laufen ließen, obwohl sie zuhause waren. „Ich verschanze mich nicht hinter einem solchen Gerät“, war ihr Standpunkt.

Wie sie wohl diesen neuen Dienst finden würde, den es seit ein paar Wochen gibt? Bei frank-geht-ran.de finden Sie eine Telefonnummer, die Leuten geben können, für die Sie nicht erreichbar sein wollen. Ruft die Person dort an, wird sie von einer freundlichen Männerstimme darüber informiert, dass der eigentlich gewünschte Gesprächspartner eine telefonische Kommunikation nicht wünscht – bevor die Verbindung getrennt wird. Ich bin sprachlos…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Gestik

neulich sagte mir mal jemand, es sei schon lustig, wie oft Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Ansprachen eine Parkposition einnehme.

Parkposition? Das ist die Position, die Frau Merkel – oder auch andere Menschen – einnimmt, um sich zu konzentrieren. Oder auch mal Kraft zu sammeln, wenn sie unsicher ist. Frau Merkel verschränkt dann leicht die Hände vor der Brust ineinander, bevor sie wieder die rechte Hand kurz vom Körper streckt und wieder einfährt. Herr Steinmeier legt dagegen lieber Daumen und Zeigefinger aneinander und lässt die Hand wippen.

Politiker am Podium sind eben in einer besonders exponierten Lage. So können sie es sich erlauben, auch mal gegen die Konvention zu verstoßen. Die sagt: Gestikuliere lieber nicht zuviel – das wirkt fahrig, unkonzentriert und unsouverän. Aber offenbar stimmt das so gar nicht, zeigen nun neuere Studien.

Im Gegenteil. Intensives Gestikulieren bringt dem Menschen sogar Vorteile.

Normalerweise reduziert Multitasking die Leistungsfähigkeit. Aber beim Reden und Gestikulieren ist beides zusammen offenbar viel einfacher, als nur zu sprechen ohne zu gestikulieren, fand die Psychologin Susan Wagner Cook von der University of Iowa heraus. Gestikulieren erleichtert dabei nicht nur das Sprechen – es hilft beim Abrufen von Informationen.

Der Begriff Gehirnjogging muss wohl nun völlig neu definiert werden.

Im „Journal of Memory and Language“ berichtet Wagner Cook nämlich über ihr Experiment mit Studenten. Die sollten Mathematikaufgaben lösen und diese dann beschreiben, während sie sich gleichzeitig eine Buchstabenfolge merken sollten. Wenn die Teilnehmer bei der Erklärung der Aufgabe gestikulierten, konnten sie sich deutlich mehr Buchstaben richtig merken, als wenn sie ihre Hände still hielten. Das Gestikulieren schaufelte offenbar richtig Speicherplatz frei.

Das finde ich super – rudere ich doch selbst gern beim Sprechen mit den Händen.

Sie ja vielleicht auch. Von nun an haben wir freie Hand…

Gerade die vielen intuitiven Gesten – meist Zeige- oder abbildende Gesten: sooo groß, sooo hoch oder auch scheinbar geistesabwesendes hoch-runter, links-rechts  oder groß-klein – entlasten das Gedächtnis enorm. Das schöne dabei: Das hilft auch, wenn Sie sich neue Namen merken wollen oder sich im Gespräch fragen, auf welchem Stand Ihr Gegenüber eigentlich nochmal war.

Und falls Ihr Kind vielleicht nicht so gut in Mathe sein sollte, können Sie ihm ruhigen Herzens den Tipp geben, die Finger beim Addieren zu benutzen und ruhig beim Vortragen der gelösten Aufgabe zu gestikulieren. Kinder die das taten, konnten einer weiteren Studie zufolge ähnliche Aufgaben nach einigen Wochen viel besser lösen als Kinder, denen die Forscher eingeimpft hatten, nur zu sprechen. Sagen Sie Ihrem Sprössling dann aber auch besser, dass es wiederum auch nicht wild herumhopsen sollte. Das wäre zwar sicher lustiger, würde aber bestimmt den Lehrer irritieren.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 1.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html


Bauchfrei-Wahlkampf

haben Sie gestern auch zwischen Anne Will und Maybritt Illner hin- und hergezappt? Da konnten Sie den Debatten über den anstehenden Wahlkampf folgen. Ist er schon gelaufen oder wird er doch noch heiß? Das war da die Frage.

Gut, über die Inhalte erfuhren Sie in beiden Sendungen nicht wirklich viel. Aber es scheinen doch einigermaßen handfeste Inhalte zu sein. Zumindest im Berliner Wahlbezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Dort wirbt die CDU-Kandidatin und ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld mit dem Slogan: „Wir haben mehr zu bieten“. Dem ARD-Nachtmagazin gegenüber erklärte sie: „Ich wollte vor allem auf uns aufmerksam machen, auf die Inhalte, die wir vertreten.“ Wir, also Frau Lengsfeld und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Und die Inhalte? Zwei großzügig ausgeschnittene, gut gefüllte Dekolletees.

„Wenn man was hat, soll man es auch zeigen“, kommentiert eine Passantin vor der Kamera. „Wenn Sex so offensichtlich in der Politik eingesetzt wird, ist das lächerlich“, hält ein Passant dagegen. Und ein anderer urteilt fachmännisch: „Sexy? Sexy nicht, dafür sehen sie beide nicht gut genug aus. Aber man muss ja Reklame machen…“

Das findet auch die Linke Partei. Sie wirbt nun im selben Wahlkreis mit der Rückseite ihrer Bundestagskandidatin Halina Wawzyniak und dem eher krachigen Slogan: „Mit Arsch in der Hose in den Bundestag.“ Das Plakat der Grünen im Wahlkreis kommt mit einem gezeichneten Kreuzzug des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Hans-Christian Ströbele gegen die Finanzmärkte vergleichsweise brav daher. Wer es grün und nackt will, der muss schon in den viel weiter westlich gelegenen Wahlkreis Kaarst bei Neuss fahren. Dort gibt es weiße Frauenhände auf dem nackten Po einer schwarzen Frau zum Slogan: „Der einzige Grund, schwarz zu wählen.“

Ob die SPD nun irgendwo mit Bauchfrei-Plakaten wirbt? Man wird sehen…

Vielleicht halten sich die Sozialdemokraten aber auch weise zurück. Womöglich hat ja jemand die neue Forsa-Studie im Auftrag von BILD der Frau gelesen. Danach zählt für Männer vor allem der Charakter einer Frau. Ja. Der Charakter ist es, der eine Frau so attraktiv macht, erklärten 76 Prozent der befragten 500 Männer den Interviewern.

Die Fragesteller waren wahrscheinlich vorwiegend weiblich. Bei den Ergebnissen…

Ehrlichkeit ist der Umfrage zufolge für 53 Prozent ein Grund zum Verlieben. Warmherzigkeit und Humor halten 15 Prozent für das schönste Plus einer Frau. Klugheit finden immerhin noch 10 Prozent sexy. Von einem hübschen Gesicht fühlen sich der Umfrage zufolge 70 Prozent der Männer angezogen. Aber dann hört es auch schon auf mit den schnöden Äußerlichkeiten. Po (7%), Beine (6%) und Busen (3%) waren den Befragten vergleichsweise unwichtig.

Na klaaaar.

Fragen Sie mal in den Polizeirevieren nach Auffahrunfällen vor Unterwäscheanzeigen am Straßenrand… Ob die sich nun wohl auch in Friedrichshain häufen? Man wird sehen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 02.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Benehmen

es gibt Klagen, da wundert man sich, wie betagt die schon sind.

Zum Beispiel die hier: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie verschlingt die Speisen, legt die Beine übereinander und tyrannisiert die Eltern.“

Klingt irgendwie aktuell, finden Sie nicht auch? Ist aber – Sie ahnen es – schon ein paar tausend Jahre alt. Soll Sokrates gesagt haben. Der Philosoph hat im alten Griechenland gelebt. Kürzlich beschwerte sich wieder einer: Restaurantkritiker Wolfram Siebeck. Das Fernsehen fördere schlechte Manieren, bemängelt der Gourmet-Papst. So umfassen in den zahlreichen Prominentendinner-Sendungen die Gäste ihr Weinglas meist mit allen Patschefingerchen, statt es zierlich mit den Fingern am Stiel zu greifen.

Wenn es denn wenigstens ein Weinglas ist.

Stattdessen saufen die Leute in den anderen Boulevardsendungen immer öfter aus Sangria-Bottichen. Komplizierte Gerichte werden gar vor laufender Kamera mit der ungewaschenen Hand verzehrt, statt mit Messer, Gabel oder Hummerzange. Dies sei „unmöglich und unästhetisch, barbarisch und unzivilisiert“, klagt Siebeck.

Es ist schon verwunderlich – steht doch feines Benehmen seit Jahren hoch im Kurs. Zumindest gehen die einschlägigen Benimmratgeber und -seminare weg wie geschnitten Brot. Schon ihre Siebenjährigen lassen Eltern das anständige Parlieren und Dinieren üben. Setzte sich doch durch die Bank die Erkenntnis durch, wie wichtig Manieren beispielsweise für die berufliche Karriere sind. Eigentlich logisch, dass Manieren da längst kein Erkennungsmerkmal der gehobenen Schicht mehr sind.

Dass aber gerade Kinder aus so genanntem gutem Haus sich besonders schlecht benehmen, hätte ich jetzt auch nicht gedacht. Genau das jedoch fanden Psychologen der Universität von Kalifornien in einem Experiment heraus, wie kürzlich die Apotheken-Umschau berichtete. Die Forscher ließen jeweils zwei Studenten, die sich nicht kannten, fünf Minuten lange Gespräche miteinander führen. Sie filmten die Begegnungen und prüften anschließend, wie oft die Gesprächspartner sich einander zuwandten und wie verbindlich oder unverbindlich sie sich verhielten.

Studenten aus wohlhabendem Elternhaus benahmen sich besonders schlecht.

Echte Stoffel flegelten sich da vor Kamera und Gesprächspartner. Es waren gerade Studenten aus wohlhabenden Elternhäusern, die während der Gespräche mit Gegenständen spielten, auf Papier kritzelten oder an ihrer Kleidung nestelten. Die Forscher wunderten sich über dieses ungebührliche Verhalten. Ihre Theorie: Menschen aus höheren sozialen Schichten sind unabhängiger von anderen – und das spiegele sich eben auch in der Körpersprache wider.

Klingt fast wieder schmeichelhaft, finden Sie nicht auch?

Bleibt die Frage: Was wollen die Experten uns damit sagen? Ist schlechtes Benehmen nun ein Statussymbol? Fördert es womöglich gar das berufliche Fortkommen? Oder behindert es dieses nur nicht? Das wäre doch mal interessant.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 27.08.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html