Lügen

mein Name ist Hase. Dumme Ausreden finde ich super. Solange sie lustig sind…

Neulich dieses Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen. Das hatte der ADAC gefunden und darüber berichtet. Ein Autofahrer hatte sich gegen ein im Straßenverkehr aufgenommenes Foto gewehrt. Er war mit Tempo 130 statt der erlaubten 100 Stundenkilometer an der Kamera vorbeigebrettert. Das war dem Mann schon öfter passiert. 60 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot drohten.

Dumme Ausreden haben ja immer einen Grund…

Und so hat der Fahrer sich verteidigt: Er sei gar nicht mit Tempo 130 an der Kamera vorbeigefahren. Das sei ein Hase gewesen. Er habe es genau gesehen…

„Nach ein paar Metern raste der Hase nach vorne und überquerte einige Meter vor meinem Fahrzeug die Straße, so dass ich ihn aus den Augen verlor. Dieses Ereignis muss die Messung zu meinem Nachteil beeinflusst haben“, erklärte der Mann.

Schutzbehauptung, urteilten die Richter. Ein Hase sei auf dem Foto nicht zu erkennen gewesen. Außerdem hätte das Auto auf der Gegenfahrbahn das Tier zwangsläufig totgefahren. „Hiervon hat der Betroffene allerdings nichts berichtet“, so die Richter. „Im Übrigen bewegen sich Hasen üblicherweise nicht mit Geschwindigkeiten von nahezu 100 km/h.“ Als Beleg zitieren die Richter aus einer österreichischen Internetquelle Textpassagen, in denen es um Muskelpakete, Körpergewicht und zarte Unterläufe geht.

Womit Juristen sich so beschäftigen dürfen. Fast wie Journalisten…

Dass die wohl frei erfundene Schutzbehauptung nun Kosten für die Allgemeinheit bedeutet – darüber denke ich jetzt lieber nicht so grundsätzlich nach. Immerhin ist Lügen vor Gericht glaube ich nur unter Eid verboten. Und dann trägt der Mann ja auch das Prozesskostenrisiko.

Ich staune immer wieder, dass wir angeblich alle bis zu 200 mal täglich lügen. Sagen Wissenschafter schon seit Jahren. Gut, darunter sollen viele kleinere, soziale oder Notlügen sein wie „Du siehst heute aber gut aus“ oder „Nein nein, alles okay.“…

Ausreden versuche ich jedenfalls sehr sparsam einzusetzen. Schon weil ich mir so schlecht merken könnte, was ich wem gegenüber erfunden habe. Und natürlich auch aus moralischen Gründen. Irgendwann in den frühen 90ern, als Anrufbeantworter und Mailboxen noch nicht alltäglich waren, da hatten wir unter Freunden mal eine kleine Debatte. Eine Freundin lehnte in diesen grauen Vorzeiten der Kommunikation die Anschaffung eines solchen Geräts ab. Und ärgerte sich, selbst immer öfter „auf Band sprechen“ zu müssen. In ihren Augen war es moralisch verwerflich, dass Leute den Anrufbeantworter laufen ließen, obwohl sie zuhause waren. „Ich verschanze mich nicht hinter einem solchen Gerät“, war ihr Standpunkt.

Wie sie wohl diesen neuen Dienst finden würde, den es seit ein paar Wochen gibt? Bei frank-geht-ran.de finden Sie eine Telefonnummer, die Leuten geben können, für die Sie nicht erreichbar sein wollen. Ruft die Person dort an, wird sie von einer freundlichen Männerstimme darüber informiert, dass der eigentlich gewünschte Gesprächspartner eine telefonische Kommunikation nicht wünscht – bevor die Verbindung getrennt wird. Ich bin sprachlos…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html