Marketing

wer will schon das Wort „Kind“ und „Amputation“ in ein und derselben Meldung lesen?

Sie aber garantiert ebenso wenig wie ich. Soviel ist sicher.

Erst recht nicht, wenn es sich um eine Produktwarnung für einen Kinderwagen handelt, in dem man selbst sein Kleines täglich vor sich herschaukelt. Das kann niemand wollen. In dem Punkt sind alle Eltern der Welt gleich. Aber offenbar sind zumindest aus Sicht des britischen Kinderwagenherstellers Maclaren manche Eltern gleicher. Zum Beispiel die in den USA.

Produkthaftung, ick hör Dir trapsen…

Klar, gerade in den USA wurden für mangelnde Produktsicherheit schon hohe Millionenbeträge an Schadensersatz gezahlt. Von Herstellern. Für geschädigte Kunden. In einem Land, in dem auf Plastiktüten der Hinweis nicht fehlen darf, dass man sich diese nicht über den Kopf ziehen soll oder auf Mikrowellen der, dass Katze, Hund oder Hamster nicht darin getrocknet werden dürfen, überrascht es daher wenig, dass Maclaren sein Produkt dort zurückrief, nachdem gleich mehrere Kinderwagen desselben Modells Kleinkindern eine Fingerkuppe amputiert hatte.

Und in Großbritannien?

Da mussten sich die jungen Eltern mit einem simplen Warnhinweis begnügen. Verbunden mit dem Tipp, dass sie „darauf achten sollten, dass ihre Kinder beim Öffnen des Kinderwagens nicht die Finger in den Faltmechanismus des Kinderwagens stecken sollen.“

Toll, oder?

Darüber wunderte sich am Donnerstag denn auch die britische Wirtschaftszeitung Financial Times (FT). „Nun ist Maclaren ein „kleines privates Unternehmen mit einem großen öffentlichen Problem“, schrieb die FT. Und stellte gleich ein paar vernünftig klingende Regeln für Kinderwagenhersteller und andere Produktanbieter auf.

Lektion eins: „Sei bereit“. Obwohl das Unternehmen über die zuletzt gehäuften Fälle informiert war, eierte man ziemlich herum, als die für Produktsicherheit zuständige US-Behörde auf den gefährlichen Produktfehler aufmerksam machte.

Lektion zwei und drei gehen laut FT so: „Sei mitfühlend und freundlich“. Das Risiko, dass bei einem Kleinkind ein Fingerglied amputiert wird, mag gering sein, räumt die FT ein. Und die Sicherheitsvorkehrungen im Unternehmen vorbildlich. Dennoch wird der durchschnittliche Kunde mit einem solchen Kinderwagen in seinem Besitz doch schmallippig auf einen solchen Hinweis reagiert. Sollte eigentlich klar sein.

Und Lektion vier: „Mach keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Märkten.“ Zumindest in solchen Dingen sollten Unternehmen die Segmentierung in Kundengruppen lieber nicht zu weit treiben. Und sich lieber öfter mal ganz menschlich in diese hineinversetzen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html