Kometen-Handtasche

die schnellste Handtasche der Welt bewegt sich flugs durch den Orbit.

Wenn Sie Ihr Fernrohr zücken, können Sie „Heidemaries Handtasche“ – so nannte Fernseh-Wissenschaftler Ranga Yogeshwar das gute Stück liebevoll in „Wissen vor 8“ im Ersten – als hellen Fleck über das Firmament sausen sehen.

Kein Ufo, was Sie da am Himmel erspähen. Eine Handtasche.

Genauer: Die Werkzeugtasche von Heidemarie Stefanishyn-Piper, NASA-Astronautin an Bord der Internationalen Raumstation ISS. Hätte sie das gute Stück doch bloß mal an einem Henkel schräg über der Schulter angeleint – meine bevorzugte Tragevariante zumindest voluminöserer Aufbewahrungsbekleidung. Dann wäre die Tasche sicher nicht ins Weltall entschwebt. Geben Sie doch mal „Astronaut loses tool bag“ bei youtube ein. „Oh, great“, sagt die Astronautin da. An dem Tag war sie zu Wartungsarbeiten auf einem Weltraumspaziergang unterwegs und wollte dem Fernsehbericht zufolge nur kurz etwas Fett von ihren Handschuhen und dem Inneren der Handtasche entfernen, wo eine Werkzeugpistole ausgelaufen war.

Auch eine Astronautin hat eben nur zwei Hände.

Herausbekommen hätte sie den Fleck sicher sowieso nie wieder. Fett ist hartnäckig – und Weltraumfett erst… Allerdings hätte die Astronautin ihr Täschchen deswegen wohl sicher nicht ins All entsorgt. Auch ich besitze noch das ein oder andere unbrauchbare gute Stück als Andenken. Und ein Utensil eines so wichtigen Ereignisses hätte ich bestimmt behalten.

Arme Heidemarie.

So haben wir nun alle etwas davon. Das Täschchen umkreist unsere Erde fortan wie ein künstlicher Satellit. „Anfänglich war es noch dieselbe Höhe wie die Raumstation ISS“, berichtet Yogeshwar, „doch die Tasche bewegt sich Richtung Erde“.

Keine Sorge: Auf den Kopf fallen wird sie uns nicht. Das tun nur größere Teile wie etwa verloren gegangene Raketentanks. Saust der Weltraummüll in einer Höhe von 800 Kilometern durchs All, dauert es Jahrhunderte und bei einer Höhe von 1500 Kilometern sogar einige tausend Jahre, bis er unseren Ururururur-undsoweiter-Enkelchen dereinst einmal auf den Kopf plumpsen wird.

Immerhin ein kleiner Trost.

Die Flugbahn der fliegenden Handtasche verliert zwar täglich etwa 250 Meter an Höhe. Aber für uns hat das nur Vorteile: Vielleicht werden wir sie mit der Zeit ja sogar mit bloßem Auge über den Himmel ziehen sehen. Die Tasche wird dann mit der Zeit langsamer werden und im nächsten Jahr in der Erdatmosphäre verglühen.

Das gibt sicherlich einen hübschen Kometenschweif ab.

Wenn Sie wollen, dürfen Sie sich dann etwas wünschen. Hoffentlich bereitet der Wetterbericht uns rechtzeitig darauf vor. Damit wir gucken können.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 15.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html