Titanic

was verbinden Sie mit Kuckucksuhren, Würstchen und Schinken?

Die Fußballweltmeisterschaft? Nicht schlecht: Ziemlich warm. Bestechungsskandal? FIFA? DFB? Wärmer. Titanic, Satiremagazin? Heiß.

Wer sie nicht schon vorher kannte, nahm wohl spätestens im Jahr 2000 von der nun 30 Jahre alt gewordenen Satirezeitschrift „Titanic“ Notiz. 2000 nämlich – lange vor dem deutschen Sommermärchen – sollte der Weltfußballverband FIFA darüber entscheiden, wo die WM 2006 stattfinden sollte. Alles deutete auf Gleichstand zwischen Deutschland und Südafrika hin. In dem Fall hätte FIFA-Präsident Joseph Blatter die Entscheidung treffen müssen – und der galt als Süd-Afrika-Fan. In der Nacht vor der Abstimmung schickte daher die Titanic-Redaktion Faxe an alle FIFA-Delegierten und bot ihnen für ihre Stimme zugunsten Deutschlands als Gegenleistung: „eine original Kuckucksuhr sowie beste Würstchen und Schinken“. Der Neuseeländer Charles Dempsey enthielt sich der Stimme und erklärte: „This final fax broke my neck“. Bis zum Sommermärchen waren es Jahre hin. Nach einem Aufruf der Bild riefen neun Stunden lang aufgebrachte Bild-Leser im „Bergwerk des Humors“ (FAZ) an. Medien weltweit berichteten.

Meine Lieblingsaktion der Titanic war, als Titanic-Redakteure vor vielen Jahren inkognito an einem Infotisch in einer Fußgängerzone für irgendeinen Krieg Unterschriften sammelten. Zahlreiche Passanten brachten sie außerdem dazu, einen Fragebogen auszufüllen. Unter anderem sollten die Bürger darüber abstimmen, wo die Bundesregierung als nächstes einmarschieren solle. Zur Auswahl stand unter anderem das nicht existierende Land „Dondestan“. Hier zu intervenieren, forderte immerhin ein gutes Drittel der Befragten, wenn ich mich richtig erinnere.

Das hat mich beeindruckt, amüsiert und erschreckt zugleich.

Und was – wenn nicht das – ist da Ziel guter Satire?

Längst starten ja auch seriöse Medien gern entlarvende Spaßaktionen. Aufschlussreich, wichtig und nicht zuletzt auch ganz lustig. Hübsch fand ich die vor Jahren eingefädelte Telefonaktion „Minister telefonieren mit Amerika“. Da ließen sich Redakteure als amerikanische Minister getarnt zu ihren vorgeblichen deutschen Amtskollegen durchstellen, um ein wenig über das Ressort und seine Herausforderungen zu plaudern. Jahre her, Kohlzeiten noch: Postminister Bötsch, Landwirtschaftsminister Borchert und Forschungsminister Wissmann.
Die Kuckucksuhrenaffäre hatte neben einer Ausstellung und dem Buch „Wie wir einmal die Fußball-WM nach Deutschland holten“ übrigens ein juristisches Nachspiel: Der Deutsche Fußballbund (DFB) setzte eine Unterlassungserklärung gegen den damaligen Chefredakteur Martin Sonneborn durch. Super-Werbung, diese Prozesse, 55 hatte die Titanic insgesamt. Aber auch ein unkalkulierbares Finanzrisiko, das die Crew mehrfach an den Rand der Pleite schwemmte. Die Bilanz: verkaufte Auflage – stabil zwischen 60.000 und 70.000, verbotene Ausgaben – 35, Anzeigenkunden – keine. Dafür ein gesundes Selbstvertrauen. „Schon nach dem 11. September hat sich Titanic so gut verkauft wie nie zuvor“, erklärt der langjährige Ex-Chefredakteur Sonneborn in einem der vielen Geburtstags-Interviews. „Und gerade zeigt sich, dass unser Konzept, ein Magazin ohne Anzeigen zu machen, Trendsetter-Qualitäten hat: Alle anderen Printmedien ziehen derzeit nach.“
Satire ist, wenn’s wehtut eben. Und Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 13.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Piranhas

Image ist ja heutzutage alles. Oder zumindest schon die halbe Miete.

Nehmen Sie bloß mal die Piranhas. Die stehen hoch im Kurs als Horrorfische. Klar, sagt man ihnen doch nach, sie könnten ausgewachsene Menschen in Windeseile bis auf die Knochen abnagen. Das macht Eindruck, egal ob mit Ihren Kindern im Zoo oder als üble Mordwaffe in irgendwelchen Krimis.

Doch die Viecher sind einfach nur Aasfresser. Das wussten Sie vielleicht auch schon. Ich hatte es vor Jahren mal irgendwo gehört, aber verdrängt. Am liebsten essen Piranhas kranke Fische. Gut, jedem Tierchen sein Geschmack. Aber nicht nur das: Das vermeintliche Monster der Fischwelt verschmäht nicht nur dahergeschwom­menes Frischfleisch. Bei der Piranha-Fütterung auf der Messe „Zierfische und Aquarium“ in Duisburg waren die vermeintlichen Monsterfische ziemlich schüchtern.

Regelrechte Feiglinge, berichtete das Internetportal DerWesten.de in einem Video. Die Fische fühlten sich beobachtet. Und am liebsten haben sie es ungestört. Daher dürfen sie im Aquarium des Berliner Zoos auch in Betontanks schwimmen. „Piranhas sind extrem große Schisser“, argumentiert Tierpfleger Marco Hasselmann. „Beim Scheibenputzen sind sie die ersten, die verschwunden sind, während Barsche neugierig sind und gucken, was da los ist.“

Tolle Monster. Tja, vorbei mit dem Mythos. Auch die in vergangenen Jahrhunderten so furchterregenden Basilisken sind zu Unrecht verrufen. Das wissen die Leute auch längst. Nur in Fabeln und Fantasyromanen wie etwa zuletzt bei Harry Potter tauchen die echsenhaften Wesen – eine Mischung aus Drache, Huhn und Schlange, so glaubte man – zuweilen auf. Die nach ihnen benannte Leguanart hat immerhin beachtliche praktische Fähigkeiten: Wenn sie vor Fressfeinden fliehen, können sie – zumindest ein Stückchen – übers Wasser laufen, berichtet Geolino.de.

Einhörner dagegen, so war in dem Online-Special „Magische Welten“ zu erfahren, entstammen schlicht einem Übersetzungsfehler von gleich 72 Übersetzern, die die Bibel vom Aramäischen ins Griechische übertragen haben. Gemeint war mit „Re’em“ keineswegs ein gutherziges magisches Wesen, sondern: ein Auerochse. Der war immer von der Seite abgebildet. Da sahen die zwei Hörner aus wie eins…

Auch um unsere Haustiere ranken sich Mythen. Es ist nämlich keineswegs so, dass Ihr Hund ein schlechtes Gewissen hat, wenn Sie ihn wegen irgendeiner Untat ausschimpfen. Er verhält sich reumütig, weil Sie mit ihm schimpfen und das von ihm erwarten, wissen Tierverhaltensforscher längst.

Und jetzt müssen Sie stark sein: Hunde können nämlich auch nicht Gedankenlesen.
Ihr Hund versteht Sie nicht. Er weiß nicht, dass Sie es gut mit ihm meinen. Er hat nur gelernt, Sie mit angenehmen Erfahrungen in Verbindung zu bringen. Das haben Forscher der Universität von West Ontario in Kanada in einem Experiment herausgefunden. In dem ging es um versteckte Würstchen und die Frage, ob Hunde Personen trauen, die sie belügen – oder Personen, die ihnen immer die richtige Box mit dem leckeren Würstchen zeigen. Klar, den ehrlichen Personen. Aber das lag nach Meinung der Forscher an der Belohnung: den Würstchen. Davon hatten sie schlicht mehr ergattert… Lieb ist Ihr Hund natürlich trotzdem. Braaves Tierchen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 12.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Handtasche

auf die Liste der Dinge, über die ich kürzlich gestaunt habe, bringt es sicher die Nachricht über eine Damenhandtasche, die vor zwei Tagen über die Agenturen lief.

Eine Damenhandtasche in den Nachrichten ist ungewöhnlich, finden Sie nicht auch?

Nein, nicht irgendso ein Promitäschchen, das für einen 27-stelligen Betrag bei Sotheby’s versteigert wurde. Auch keine Tasche, die Schminktipps eines Politikers enthielt. Eine stinknormale Damenhandtasche, die sich nur ein wenig damit brüstete, ein Problem weiter Teile der weiblichen Bevölkerung gelöst zu haben. Leider nur fast. Die Handtasche hat, habe ich nachgelesen, eine sensationell schlaue Innenbeleuchtung. Die geht beim Öffnen der Tasche an und nach 45 Sekunden wieder aus. Klasse Idee eigentlich: Da brauchen Sie sich nicht mehr ans Fenster oder unter eine Lampe zu stellen oder die Tasche auszukippen, wenn Sie etwas suchen. Sie brauchen bloß die Tasche zu öffnen und haben voll den Überblick.

Super. Hätte nicht die Tasche diesen kleinen Konstruktionsfehler…

Sehr dumme Angelegenheit. Der Magnet des Lichtschalters löscht nämlich gern, was auf dem Lesestreifen einer EC-Karte so drauf ist: neben Kontonummer und Bankleitzahl der Verfügungsrahmen und Daten für den Abgleich der PIN.

Laufereien, Telefonate, eingeschränkter Zugang zum Girokonto…

„Wir beobachten eine steigende Zahl von defekten Karten”, erklärt ein Sprecher des Bundesverbandes deutscher Banken.

Ich nehme an, die verantwortlichen Handtaschen-Ingenieure der Kaffeeröster- und Handelskette hätten das fast im Griff gehabt. Wenn da nur nicht diese blöde Deadline gewesen wäre, nach der die Tasche ja leider schon fest für den Vertrieb eingeplant war. Immer dieser Zeitdruck…

Müssen es eben die Marketingleute richten. Was die den Kundinnen raten?

Da hätte eigentlich jeder drauf kommen können: Am besten, Sie bewahren die Magnetkarten nicht in der Handtasche, sondern zum Beispiel in der Jackentasche auf. Das haben Sie geraten… Falls Sie ein Mann sind und jetzt nicht verstehen, was daran komisch sein soll, fragen Sie doch mal Ihre Frau oder Freundin, wo die ihre Plastikkarten mit sich herumträgt. Und wenn Sie möchten, auch noch Ihre Kollegin, Nachbarin oder Lehrerin Ihrer Kinder.

Immerhin: „Wir weisen auf der Verpackung darauf hin, dass der Magnet für die Karten gefährlich ist“, stellte ein Sprecher der von der Handtaschenkatastrophe betroffenen Handelskette klar. Das ist tatsächlich anerkennenswert, hebt auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hervor. Andere Hersteller ebenfalls kartenkillender Handtaschen verkneifen sich den Hinweis nämlich vornehm.

Vielleicht sollte der Anbieter das Produkt nun anders vermarkten: als Spartasche. In diesen wirtschaftlich schlechten Zeiten sicherlich sehr zugkräftig. Immerhin ist das Stück nicht nur günstiger, als andere Damentaschen, sondern unterbindet auch irrationale Spontankäufe. Zumindest einige Wochen. Bis die Bank die neue Karte geschickt hat… Und nach der Krise funktioniert das mit dem Licht dann auch richtig.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 08.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Wem steht was zu

neulich war da wieder so ein Urteil. Das allerdings fand ich überhaupt nicht lustig.

Meinem juristisch laienhaften Gehirn drängen sich Fragen auf. Da verurteilten die Richter des Marburger Sozialgerichts ein Sozialamt, die Abwrackprämie von 2500 Euro bei einer ALG-II-Bezieherin nicht als Einkommen anzurechnen. Das stelle eine Ungleichbehandlung von Leistungsbeziehern und Nichtleistungsbeziehern dar, befanden die Richter. Die Prämie diene der Konjunkturbelebung. Und zu der müssten Hartz-IV-Empfänger „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“ beitragen können.

Nicht dass ich jemandem Auto oder Prämie neide. Aber ich frage mich, ob nach der Subprimekrise das Schuldenmachen in ärmeren Zielgruppen – das Vermögen der Frau wird aufgezehrt sein, wenn sie ALG II bekommt – staatlich gefördert werden soll, um die Konjunktur anzukurbeln… Geschenkt. Vor allem frage ich mich, was mit der Gleichbehandlung der Sozialhilfeempfänger ist, die ihr Geld nicht für Neuwagen ausgeben, sondern für ihre Kinder.

Echt spannende Schieflage, finde ich.

Zum Nachdenken brachte mich die Einschulung unserer Tochter. Wir schauen uns seit einiger Zeit um, welche Schule wir uns für sie wünschen. Wenn Sie Ansprüche haben und nicht gerade neben einer der idyllischeren Schulen wohnen, liegt in Hessen der Gedanke an Privatschule nahe. Denn anders als in anderen Bundesländern gibt es keine freie Schulwahl. Und wegen der engen Kooperation mit weiterführenden Schulen stellen Sie die Weichen für das gesamte Schulleben. Gut, die Schulen in unserem Viertel sollen sich enorm gemacht haben. Habe ich neben Horrorgeschichten auch gehört. Aber hier häufen sich auch Probleme wie Langzeitarbeitslosigkeit, Alkoholsucht, rauer Umgangston oder auch Bildungsferne. Also gucken wir uns um. Mich überrascht nicht, dass zehn Prozent der Gymnasiasten auf Privatschulen gehen. Ergab eine Studie.

Jedenfalls: Wenn wir nun unser Kind auf eine Privatschule geben würden, könnten wir 5000 Euro Schulgeld jährlich von der Steuer absetzen. Zum Kindergeld oder -freibetrag dazu. Feine Sache.

Korrekt und sinnvoll ist das gesellschaftlich und wirtschaftlich wohl nicht.

Klar, dass Eltern, die von Hartz IV leben, sich das nicht leisten könnten. Brauchen wir gar nicht drüber zu reden. Aber nicht nur das: Sozialhilfeempfängern wird außerdem das komplette Kindergeld von 164 Euro pro Monat als Einkommen angerechnet und die Sozialhilfe gekürzt. Und nun das Urteil zur Abwrackprämie…

Fazit: Wenn sie sich ein neues Auto kaufen, dürfen Sozialhilfeempfänger 2500 Euro behalten. Aber sie dürfen knapp 1968 Euro für ihre Kinder nicht behalten.

Wäre glatt mal eine Abiturfrage für Sozialkunde wert: „Was sagen Ihnen diese drei sozial- und steuerrechtlichen Tatbestände über die Wertschätzung in unserer Gesellschaft? Diskutieren Sie.“

Ob es bei dem Urteil bleibt? Und ob sich ein Sozialhilfeempfänger mit angerechnetem Kindergeld davon benachteiligt fühlt? Darauf bin ich sehr gespannt.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Lügen

mein Name ist Hase. Dumme Ausreden finde ich super. Solange sie lustig sind…

Neulich dieses Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen. Das hatte der ADAC gefunden und darüber berichtet. Ein Autofahrer hatte sich gegen ein im Straßenverkehr aufgenommenes Foto gewehrt. Er war mit Tempo 130 statt der erlaubten 100 Stundenkilometer an der Kamera vorbeigebrettert. Das war dem Mann schon öfter passiert. 60 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot drohten.

Dumme Ausreden haben ja immer einen Grund…

Und so hat der Fahrer sich verteidigt: Er sei gar nicht mit Tempo 130 an der Kamera vorbeigefahren. Das sei ein Hase gewesen. Er habe es genau gesehen…

„Nach ein paar Metern raste der Hase nach vorne und überquerte einige Meter vor meinem Fahrzeug die Straße, so dass ich ihn aus den Augen verlor. Dieses Ereignis muss die Messung zu meinem Nachteil beeinflusst haben“, erklärte der Mann.

Schutzbehauptung, urteilten die Richter. Ein Hase sei auf dem Foto nicht zu erkennen gewesen. Außerdem hätte das Auto auf der Gegenfahrbahn das Tier zwangsläufig totgefahren. „Hiervon hat der Betroffene allerdings nichts berichtet“, so die Richter. „Im Übrigen bewegen sich Hasen üblicherweise nicht mit Geschwindigkeiten von nahezu 100 km/h.“ Als Beleg zitieren die Richter aus einer österreichischen Internetquelle Textpassagen, in denen es um Muskelpakete, Körpergewicht und zarte Unterläufe geht.

Womit Juristen sich so beschäftigen dürfen. Fast wie Journalisten…

Dass die wohl frei erfundene Schutzbehauptung nun Kosten für die Allgemeinheit bedeutet – darüber denke ich jetzt lieber nicht so grundsätzlich nach. Immerhin ist Lügen vor Gericht glaube ich nur unter Eid verboten. Und dann trägt der Mann ja auch das Prozesskostenrisiko.

Ich staune immer wieder, dass wir angeblich alle bis zu 200 mal täglich lügen. Sagen Wissenschafter schon seit Jahren. Gut, darunter sollen viele kleinere, soziale oder Notlügen sein wie „Du siehst heute aber gut aus“ oder „Nein nein, alles okay.“…

Ausreden versuche ich jedenfalls sehr sparsam einzusetzen. Schon weil ich mir so schlecht merken könnte, was ich wem gegenüber erfunden habe. Und natürlich auch aus moralischen Gründen. Irgendwann in den frühen 90ern, als Anrufbeantworter und Mailboxen noch nicht alltäglich waren, da hatten wir unter Freunden mal eine kleine Debatte. Eine Freundin lehnte in diesen grauen Vorzeiten der Kommunikation die Anschaffung eines solchen Geräts ab. Und ärgerte sich, selbst immer öfter „auf Band sprechen“ zu müssen. In ihren Augen war es moralisch verwerflich, dass Leute den Anrufbeantworter laufen ließen, obwohl sie zuhause waren. „Ich verschanze mich nicht hinter einem solchen Gerät“, war ihr Standpunkt.

Wie sie wohl diesen neuen Dienst finden würde, den es seit ein paar Wochen gibt? Bei frank-geht-ran.de finden Sie eine Telefonnummer, die Leuten geben können, für die Sie nicht erreichbar sein wollen. Ruft die Person dort an, wird sie von einer freundlichen Männerstimme darüber informiert, dass der eigentlich gewünschte Gesprächspartner eine telefonische Kommunikation nicht wünscht – bevor die Verbindung getrennt wird. Ich bin sprachlos…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Gestik

neulich sagte mir mal jemand, es sei schon lustig, wie oft Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Ansprachen eine Parkposition einnehme.

Parkposition? Das ist die Position, die Frau Merkel – oder auch andere Menschen – einnimmt, um sich zu konzentrieren. Oder auch mal Kraft zu sammeln, wenn sie unsicher ist. Frau Merkel verschränkt dann leicht die Hände vor der Brust ineinander, bevor sie wieder die rechte Hand kurz vom Körper streckt und wieder einfährt. Herr Steinmeier legt dagegen lieber Daumen und Zeigefinger aneinander und lässt die Hand wippen.

Politiker am Podium sind eben in einer besonders exponierten Lage. So können sie es sich erlauben, auch mal gegen die Konvention zu verstoßen. Die sagt: Gestikuliere lieber nicht zuviel – das wirkt fahrig, unkonzentriert und unsouverän. Aber offenbar stimmt das so gar nicht, zeigen nun neuere Studien.

Im Gegenteil. Intensives Gestikulieren bringt dem Menschen sogar Vorteile.

Normalerweise reduziert Multitasking die Leistungsfähigkeit. Aber beim Reden und Gestikulieren ist beides zusammen offenbar viel einfacher, als nur zu sprechen ohne zu gestikulieren, fand die Psychologin Susan Wagner Cook von der University of Iowa heraus. Gestikulieren erleichtert dabei nicht nur das Sprechen – es hilft beim Abrufen von Informationen.

Der Begriff Gehirnjogging muss wohl nun völlig neu definiert werden.

Im „Journal of Memory and Language“ berichtet Wagner Cook nämlich über ihr Experiment mit Studenten. Die sollten Mathematikaufgaben lösen und diese dann beschreiben, während sie sich gleichzeitig eine Buchstabenfolge merken sollten. Wenn die Teilnehmer bei der Erklärung der Aufgabe gestikulierten, konnten sie sich deutlich mehr Buchstaben richtig merken, als wenn sie ihre Hände still hielten. Das Gestikulieren schaufelte offenbar richtig Speicherplatz frei.

Das finde ich super – rudere ich doch selbst gern beim Sprechen mit den Händen.

Sie ja vielleicht auch. Von nun an haben wir freie Hand…

Gerade die vielen intuitiven Gesten – meist Zeige- oder abbildende Gesten: sooo groß, sooo hoch oder auch scheinbar geistesabwesendes hoch-runter, links-rechts  oder groß-klein – entlasten das Gedächtnis enorm. Das schöne dabei: Das hilft auch, wenn Sie sich neue Namen merken wollen oder sich im Gespräch fragen, auf welchem Stand Ihr Gegenüber eigentlich nochmal war.

Und falls Ihr Kind vielleicht nicht so gut in Mathe sein sollte, können Sie ihm ruhigen Herzens den Tipp geben, die Finger beim Addieren zu benutzen und ruhig beim Vortragen der gelösten Aufgabe zu gestikulieren. Kinder die das taten, konnten einer weiteren Studie zufolge ähnliche Aufgaben nach einigen Wochen viel besser lösen als Kinder, denen die Forscher eingeimpft hatten, nur zu sprechen. Sagen Sie Ihrem Sprössling dann aber auch besser, dass es wiederum auch nicht wild herumhopsen sollte. Das wäre zwar sicher lustiger, würde aber bestimmt den Lehrer irritieren.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 1.10.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html


Moorhühner

waren Sie vor ein paar Jahren auch ganz vernarrt in Moorhühner?

Sie erinnern sich bestimmt noch: Dieses kleine Computerspielchen, bei dem Sie auf dämlich dreinschauende Moorhühner in Wald und Feld ballern mussten. Ursprünglich war das ja mal ein Werbegag einer bekannten Whiskeymarke. Den hatten zu Zeiten des Internet-Hypes – Neuer Markt, Jahr 2000, daran erinnern Sie sich sicher auch noch – 10 Millionen Computerbesitzer heruntergeladen. Eines der Paradebeispiele für virales Marketing. Werbegags also, die sich verbreiten wie ein Virus. Auf den Downloadseiten ging zeitweise nichts mehr. Ebenso wenig in den Büros der Republik.

Bei der neuen Spielegeneration bekommt der Begriff „Virales Marketing“ eine ungeahnte Dimension. Bei der … nun ja: Killerapplikationen der neuen Art ballern Sie als Commander eines pixeligen Raumschiffs auf pixelige Aliens. Die zerplatzen, wenn Sie sie treffen. Zu Schaden kommen Sie selbst bei „lose/lose“ nur, wenn Sie mit einem der Aliens zusammenprallen.

So weit, so normal. Habe ich auch gedacht.

Aber bevor Sie jetzt gleich googeln und downloaden – lesen Sie lieber erst mal weiter. Denn der Clou ist bei „lose/lose“ – wie der Name schon sagt: Sie können nur verlieren. Entweder das Spiel – oder wichtige Dateien. Verdeckte Spielregel, wenn man so will: Für jedes abgeschossene Alien, zerstört Lose/Lose im Hintergrund unauffällig Ihre Dateien.

Wohlgemerkt: Reale Dateien, an und mit denen Sie arbeiten.

Am Ende killt das Spiel sich so selbst. Dann doch lieber zu den launigeren Ballervarianten, finden Sie nicht auch? Falls Ihnen Teufelszeug wie Doom, Grand Theft oder wie sie auch heißen, nicht ins Haus kommen, gibt es eine launige Alternative. Bei „Nosh for Posh“ schießen Sie mit Hamburgern, Obst oder auch etwa Sushi auf die an den Fenstern ihres Hauses auftauchende Viktoria Beckham, ehemaliges Spicegirl Posh Spice.

Falls Sie eher an ernsthafteren Themen interessiert sind – da gäbe es auch etwas: Bei „Verballer die Staatsknete“ dürfen Sie als Politiker Ihrer Wahl mit Geld auf Schulen, Landesbanken, Windräder und Kohlebagger oder Autohäuser ballern. Schwer ist es, das bewegte Wahlvolk mit Geldgeschenken zu beglücken, wie die auf Traktoren und Rollstühlen vorbeifahrenden Landwirte und Rentner. Ich habe das Spiel ein paar Wochen vor der Bundestagswahl geschickt bekommen. Es hat mir gleich Freude bereitet. Und ich habe festgestellt: Selbst schlappe 30 Millionen Euro Neuschulden anzuhäufen, ist Heidenarbeit. Glücklicherweise gibt es den Zinseszins.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 28.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Gebrauksanwijsung

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Sicher haben Sie so was in der Art auch schon mal in den Händen gehalten: meist Gebrauchsanleitungen qualitativ wenig hochwertiger Elektrogeräte. Denen man die unzureichenden Produktionsbedingungen gegen den Wind ansieht. Handreichungen zu hochwertigeren Produkten sind sprachlich meist anspruchsvoller.

Habe ich mir sagen lassen. Ich lese keine Gebrauchsanweisungen.

Und auch nur sehr selten Parteiprogramme. Dafür habe ich gestern bei Frontal21 gelernt, dass die sprachlich beeindruckend, aber leider weitgehend unverständlich sind. Hübsch anzusehen war das, wie da Passanten, Parteivolk und Spitzenpolitiker der Parteien vor den Kameras ins Raten gerieten, was denn mit dem ein oder anderen Satz eigentlich genau gemeint sei. Hiermit etwa: „Leitungskorridore von Schwerpunkten der Kraftwirtschaft zu möglichen Speicherstandorten sind planerisch frühzeitig vor konkurrierenden Einflüssen, die die Nutzung wesentlich erschweren oder gar unmöglich machen, zu sichern.“

Na? Kommen Sie drauf?

Von wem, tut hier nichts zur Sache – so etwas findet sich so ziemlich überall.

Einfach ausgedrückt müsste es so heißen: „Die Industrie soll Stromleitungen bauen dürfen, auch wenn Bürger dagegen sind“. Abgesehen von Energiewirtschaftslobbyisten – wer würde das wollen? Sehen Sie? Deswegen ja. „Immer die Aspekte, die nicht populär sind, die werden verkleistert und in Schachtelsätze verpackt, so dass man sie nicht versteht“, erklärte Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim. Ganz anders die Passagen, die der Wähler verstehen soll: „Subjekt, Prädikat, Objekt – jeder kann das nachvollziehen.“

Ist immerhin eine gute Leseanweisung für herumliegende Parteiprogramme: „Was Ihnen nicht klar ist, sollten Sie sich genauer erklären lassen. Am besten, Sie gehen gleich zum frisch gewählten Abgeordneten Ihres Wahlkreises und lesen es ihm vor.

Eins ist aber klar – und das nimmt Ihnen keine Gebrauchsanweisung ab: Sie müssen sie lesen. Sonst dürfen Sie sich nicht beschweren, wenn Sie am Ende einen der größten Polizeiskandale des Landes am Hals haben.

Ja, das kann passieren, wenn man Gebrauchsanweisungen nicht liest…

So stellte sich vor ein paar Monaten heraus, dass es eine der jahrelang meistgesuchten und geheimnisvollsten Verbrecherinnen bundesweit – mutmaßlich verantwortlich für einen Polizistenmord in Heilbronn und ganze 40 weitere Verbrechen – gar nicht gibt. Und die vielfach nachgewiesenen DNA-Spuren? Kamen von den Wattestäbchen. Die waren für DNA-Analysen gar nicht geeignet und hätten nicht benutzt werden dürfen, erklärte der Hersteller und fügte hinzu: „Das steht in der Gebrauchsanweisung ausdrücklich so drin.“ Aber wer liest die schon?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 28.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Schilderwald

neulich auf der Autobahn war plötzlich „mein“ Schild weg.

Ich wollte nach Darmstadt. Und dann stand da plötzlich nur noch „Rüsselsheim“. Gut, dass ich die Strecke kenne. Ich brauche kein Schild, das mir Richtung oder Entfernung weist. Wahrscheinlich irgendeiner Schilderwald-Abforstungsaktion zum Opfer gefallen. Sind sie doch überall damit beschäftigt, den Schilderwald zu lichten.

Wo wir uns gerade dran gewöhnt hatten…

20 Millionen Schilder, alle 28 Meter eins, hat der ADAC gezählt. Schilder von Straßennamen nicht mitgerechnet, wenn ich es richtig verstanden habe. Viel zu viele, klagen Autofahrer und -lobbyisten seit Jahren. „Ich muss als Autofahrer an einem Flughafen nicht wissen, dass Flugzeuge in der Luft sind“, lästert ADAC-Jurist Markus Schäpe. Die laut ADAC „umfangreichste Reform der Straßenverkehrsordung (StVO) seit 1971“ soll nun Abhilfe schaffen. „So viele Verkehrszeichen wie nötig, so wenige wie möglich“, fasst Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee zusammen.

Also: Elf Schilder weg, darunter der kleine Gartenzaun, der Einbahnstraßenpfeil sowie die Warnung vor spritzendem Schotter oder auch etwa Leuten auf der Straße. Sollen weg. Ebenso wie die vielen überflüssigen Parkge- und -verbotsschilder. Demnächst also nur noch Parkzonenschilder zu Beginn und Ende einer Parkzone. Wunderbare Idee, die Autofahrer aufs Raten zu verweisen – schließlich müssen die Kommunen ja irgendwie an Geld für Schulen, Straßenbau oder Sozialhilfe kommen. Neulich habe ich morgens um die Ecke zufällig ein Gespräch zweier männlicher – nun: Politessen belauscht. Meinte der eine: „Schreib den auch auf – das dürfen wir doch jetzt.“ Und zeigte auf den Wagen irgendso eines Unglückseligen, dem wohl auf dem Weg zur Arbeit eingefallen war, dass er Firmenausweis oder Butterbrot vergessen hatte und der in der Einfahrt hielt. Aber zurück zum Thema: Plus fünf neue Schilder: Inline-Skaten auf Radwegen erlaubt etwa. Macht sechs Schilder weniger.

Klingt nicht gerade nach Revolution im Schilderwald.

Wo wir gerade bei kleineren Korrekturen sind: Überdenken sollten die Verkehrsplaner das blaue Umleitungsschild an Autobahnen. Es ist leicht zu verwechseln. Zumindest für jemanden, der in Deutschland nicht Auto fährt. Wie vor einigen Wochen einen chinesischen Studenten. Der hatte nur auf seine Mutter gehört. Die meinte laut Spiegel: „Lern nicht nur, treib auch mal Sport.“ Und so hatte sich der 26-Jährige morgens zum Fahrradausflug vom Münchener Stadtrand ins 70 Kilometer entfernte Augsburg aufgemacht. 20.15 Uhr der Notruf: Da treibe sich ein Irrer auf der A99 herum. Den Weg zurück hatte der erschöpfte Radfahrer mit der U-Bahn zurücklegen wollen – und war dabei irrtümlich auf die Autobahn geraten.

Immer den Umleitungsschildern nach, weißes U vor blauem Hintergrund. Das kannte er ja schon aus München. Dort steht es für U-Bahn.

Ob er sich nicht gewundert habe, dass so wenige Fahrradfahrer unterwegs gewesen seien, fragte eine Polizistin. Nein, das passiere ihm in Deutschland öfter, meinte der Student. Aus China war der junge Mann Millionen Fahrradfahrer auf der Straße gewohnt. Und sechsspurige Autobahnen.+#

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 24.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Superhelden

haben Sie als Kind auch so gerne Superhelden-Comics gelesen?

Ich habe da ja keine eigenen Erfahrungen, aber mein Bruder und seine Freunde waren als Kinder vernarrt in Batman, Superman, Spiderman & Co. Wenn mein Bruder und ich zusammen Playmobil gespielt haben, konnte es durchaus mal passieren, dass Bat- oder Superman auf dem Ponyhof vorbeigeschaut haben. Und alle Jungs wollten natürlich so stark und unbesiegbar sein, wie ihre Helden.

Gute Nachricht, falls Sie gelegentlich in Ihrer alten Heftsammlung blättern und die einschlägigen Kinofilme gesehen haben: Es ist tatsächlich möglich, Batman zu werden. Das hat kürzlich Paul Zehr herausgefunden, Neurowissenschaftler und Kinesiologe an der Victoria University in Kanada.

Klasse, oder?

Genießen Sie es.

Denn dann hört es mit den guten Nachrichten leider auch schon wieder auf.

Schlechte Nachricht Nummer eins: Es ist nicht ganz leicht, Superman zu werden. Haben Sie sich bestimmt schon gedacht… Studienautor Zehr erklärte kürzlich der Zeitschrift GEO, warum: „Es gibt ein paar Voraussetzungen: immensen Reichtum an Zeit und Geld, eine extreme Motivation und die Gene eines Athleten.“

Und das sind nur die Basics…

Außerdem muss der Superheld in spe 15 bis 20 Jahre intensiv trainieren – und damit spätestens in den frühen Teenagerjahren beginnen. Äh – begonnen haben. „So betritt der Superheld mit 30 Jahren die Bühne – auf dem Höhepunkt seiner Kräfte“, motiviert Zehr.
Schlechte Nachricht Nummer zwei: Selbst wenn Sie es tatsächlich schaffen sollten, ein echter Superheld zu werden – Sie werden es nicht lange bleiben, tut mir leid. Maximal zwei Jahre, schätzt Zehr. „Man bezieht zu viele Prügel. Ein Anzug wie der von Batman bietet zwar etwas Schutz, doch nach einer gewissen Zahl von Gehirnerschütterungen lässt das Leistungsvermögen unausweichlich nach. Auch die ständigen Nachtschichten fordern ihren Tribut: Batman dürfte ständig übermüdet sein.“

Unglaublich, aber offensichtlich auch leider wahr.

Und falls Sie zu allem Überfluss noch zu den im Schnitt zwei Prozent Rothaarigen im Land gehören, gibt es sogar noch eine dritte schlechte Nachricht für Sie: Sie sollten vom Projekt Superheld als Rothaariger auch dann Abstand nehmen, wenn Sie super-sportlich und -ehrgeizig und dazu noch jung sind und außerdem zuviel Zeit, Geld, Motivation und Kraft mitbringen. Denn dank Ihres kupferfarbenen Haarschopfes sind Sie leider deutlich schmerzempfindlicher als der Rest der Bevölkerung. Das hat vor kurzem eine andere Studie ergeben. Daher also ihre Angst vorm Zahnarzt… Immerhin eine gute Ausrede für die Betäubungsspritze beim Zahnsteinentfernen. Wenigstens etwas!

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 22.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Veröffentlicht unter Aha...