Astrologie

gestern auf der Sachbuchseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stand, die Liebe eines der dort tätigen Feuilleton-Redakteure gelte der Astrologie.

Das hat mich überrascht – habe ich doch diese Zeitung stets für im wahren wie auch im übertragenen Sinne höchst handfest gehalten. Aber ich habe das Buch auch noch nicht gelesen und will dem Autor nicht unrecht tun. Vielleicht hält er es ja wie ich. Der Titel „Die schöne Kunst, das Schicksal zu lesen“ schließt das zumindest nicht aus.

Für mich ist Astrologie großartige Unterhaltung – intelligent, hintergründig, kurzweilig. Alles drin: Spannung, Drama, Liebe, Hoffnung, Glück. Und das, ohne allzu trivial zu sein. Sie bietet wunderbar Stoff für den privaten Smalltalk. Die vorgebrachten Pro- und Contra-Argumente oder die zur Auswahl stehenden Charakterisierungen sagen mehr als jede Debatte, vor welchen Aufgaben Meyer und Heynckes in der restlichen Fußball-Bundesligasaison stehen. Egal ob westlich oder chinesisch.

Natürlich lese ich Horoskope. Aber aus Prinzip so gut wie nie rechtzeitig. Es versüßt mir das Altpapiersortieren. Und darin ist es eindeutig besser, als längere Artikel, die mich dann doch nur vom Ausmisten abhalten. Gelegentlich suche ich mit geschlossenen Augen und ausgestrecktem Finger aus, welches Sternzeichen ich lesen will. Und manchmal mache ich mir den Spaß, einen Blick in den Kalender zu werfen. Nur um mal nachzuschauen, ob das was bei meinem Sternzeichen steht, auch hinkommt. Was soll ich sagen: Selbstverständlich. Irgendwie…

Und das ist auch der Trick: dass was in astrologischen Texten steht, verdächtig zutreffend aussieht. Ein Horoskop ist wie ein bunter Blumenstrauß: Von allem etwas drin und angenehm gefällig. Dass jeder sich da herauspickt, was ihm passt, das hat vor einigen Jahren mal meine Lieblings-Wissenschaftssendung im WDR-Fernsehen, Quarks & Co., eindrucksvoll nachgewiesen. Getarnt als „Eclipse-Astro-Foschungsgruppe“ schalteten die Kollegen eine Zeitungsannonce. Darin versprachen sie jedem kostenlos ein ausführliches – und normalerweise teures – Geburtshoroskop, der bereit war, nicht nur Geburtsdatum, -ort und -stunde zu offenbaren, sondern auch ein paar Fragen zu beantworten. Im wesentlichen die, ob das Horoskop zutrifft. Frappierende 74% der insgesamt 200 Einsender erklärten, „Ja, mein Charakter wird korrekt beschrieben“ und 15 Prozent meinten: „Perfekt, es stimmt alles“. Hübsche Pointe: Alle Einsender hatten exakt dasselbe Horoskop erhalten – von Fritz Haarmann. Der Mann wurde „Vampir“ oder „Werwolf“ genannt und brachte in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mindestens 24 junge Männer um. Von seinem Leben handelt der Film „Der Totmacher“.

Ich habe wirklich nichts gegen Astrologie. Aber ich habe viel dagegen, Astrologie für mehr zu nehmen, als Unterhaltung. Muss wohl an meinem Sternzeichen liegen. Das gilt als ausgesprochen rational… Ich glaube einfach nicht, dass der Einfluss der Sterne auf die Menschen tatsächlich einer Theorie entspricht, deren Weltbild das einer flachen Scheibe mit darüber gewölbtem Himmelszelt ist. Und ich finde ich es bedenklich, dass offenbar gar nicht so wenige Unternehmen sich bei der Personalauswahl oder sonstigen Entscheidungen an Horoskopen orientieren.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 12.05.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

E-Mail von Ban Ki

vor ein paar Tagen habe ich eine E-Mail von Dr. Ban Ki Moon bekommen, dem Generaldirektor der Vereinten Nationen. Ich las und staunte.

Da stand, ich sei vom Beobachtungsteam für Wirtschafts- und Finanzkriminalität der UN dazu auserkoren worden, eine finanzielle Kompensation in Höhe von 120.000 Dollar zu erhalten.

Weiter habe ich dann nicht mehr gelesen. Nigeria, ick hör Dir trapsen – werden Sie sich jetzt bestimmt auch gedacht haben. Bingo. Denn ob Briefe von General- und Bankdirektoren oder reichen Leute, die am Fiskus vorbei Geld über die Grenzen ihres Landes schaffen wollen – diese E-Mails oder Faxe und Briefe, die den Empfänger über hohe Erbschaften und sonstige unverhoffte Zahlungen informieren, sind allesamt eins: Betrug. Und schon seit Anfang der 80er als Nigeria-Connection oder Nigeria-Masche bekannt. Aber nach wie vor fallen Menschen darauf herein. Erst vor einigen Wochen verlor eine österreichische Unternehmerin den bislang höchsten Betrag je in einem solchen Fall: ganze 350.000 Euro, die sie in der Hoffnung auf eine angebliche Erbschaft für vermeintliche Anwaltkosten, Steuern und Spesen vorgeschossen hatte. Die Empfänger waren danach natürlich nicht mehr auffindbar.

Finanzbetrug – Steuerbetrug – Steuerparadies – Ouagadougou! Vielleicht war es ja diese gedankliche Kette – ich kann darüber jetzt nur spekulieren – die Bundesfinanzminister Peer Steinbrück vor ein paar Tagen hingerissen hat, Ouagadougou in einem Atemzug mit der Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Luxemburg zu nennen. Als Achse der bösen Steuerparadiese gewissermaßen. „Ein echter Steinbrück“, kommentierte die Financial Times Deutschland.

Ausgerechnet Ouagadougou!

Ouagadougou ist nicht nur kein Land, sondern bloß Hauptstadt von Burkina Faso. Im übrigen steht Burkina Faso auch nicht auf der Liste der Staaten, denen die OECD Nachlässigkeit im Kampf gegen die Steuerhinterziehung vorwirft. Gut, steuerliche Unkorrektheiten räumte die Finanzbürgermeisterin Ouagadougous, Minata Ouédraogo, nun ein. So geht der Haushaltsplan davon aus, dass 80 bis 85 Prozent der steuerpflichtigen Hauptstadtbürger zur Kasse gebeten werden. „Das ist reine Fantasie“, verriet die Politikerin der Berliner Zeitung.

Klar, schlägt sich doch Burkina Faso als zweitärmstes Land der Welt damit herum, den Anteil der Menschen, die in absoluter Armut leben – also von weniger als einem Dollar Einkommen pro Tag – bis 2015 auf dann 35 Prozent zu senken. Ein Großteil der 1,2 Millionen Hauptstädter hält sich als Straßenhändler oder mit Gelegenheitsjobs über Wasser. „Da ist leider nicht viel Geld, das der Staat abschöpfen könnte“, stellt Ouédraogo fest. Auch an Nummernkonten ist Burkina Faso sicher ebenfalls absolut arm.

Man könnte fast meinen, Mark Twain habe mit seinem wohl hübschesten Zitat ganz recht gehabt: „Das Gehirn ist ein Organ, das mit der Geburt zu arbeiten beginnt und damit erst aufhört, wenn man aufsteht, um eine Rede zu halten.“

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Sie schon ein Zimmer in Ouagadougou oder auch Abuja gebucht haben – stornieren Sie es! Wie Sie etwaige Stornokosten in Ihrer Steuererklärung behandeln, das erfahren Sie in dieser Newsletterausgabe.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 11.05.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Bienen-Balance

was ist klein, schwarz-gelb gestreift und hat ein Problem mit der Work-Life-Balance?

Die Bienen. Genau! Offenbar brachte die nämlich der gerade vergangene April ganz schön ins Rotieren. Sollen vollkommen überarbeitet sein, die armen Dinger. Das habe ich jedenfalls vor einigen Tagen gelesen. Die gestreiften Brummer ächzen nur so unter der Doppelbelastung aus Arbeit und Familie. Professor Kaspar Bienefeld – ja, der Mann heißt wirklich so! – vom Institut für Nutztierwissenschaften mit Fachgebiet Bienenkunde an der Humboldt-Universität zu Berlin erklärt: „Der Winter war sehr lang, jetzt blüht die Natur besonders stark auf, gleichzeitig müssen die Bienen ihre neue Brut aufziehen.“

Ob sich die Work-Life-Balance aus Blütenstaubsammeln und kleine Bienchen aufziehen rechtzeitig herstellen lässt, davon hängen immerhin rund 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge ab, rechnet der Deutsche Imkerbund vor. Vielleicht also doch gar nicht so schlecht, dass gerade mal wetterbedingtes Verschnaufen angesagt ist. Doch in ein paar Tagen geht es dann hoffentlich endlich weiter mit der frühlingshaften Blüte. Immerhin gibt es ja auch ein Mittel gegen die Bienenknappheit. Der Imkerverein Nortorf und Umgebung hat sich im vergangenen Jahr einen Service ausgedacht, mit dem er die damals durch das Bienensterben dezimierten Insekten wieder vermehren will: Bienen-Leasing.

„Jaja Maja“, würde jetzt die Biene Willi sagen. Aber es ist tatsächlich so. Und es ist so einfach wie schön: Für 95 Euro gehört Ihnen eine Saison lang ein ganzes Volk – samt Königin und allen Drohnen. Die Bienen bleiben bei einem erfahrenen Imker wohnen. Der betreut die nützlichen Insekten weiter und lädt Sie als Leasing-Nehmer zum Mitimkern ein. So können Sie ausprobieren, ob Ihnen das Hobby zusagt. Wie geleaste Autos oder Computer auch, können Sie das Völkchen nach Ende der Vertragslaufzeit kaufen oder dem Leasinggeber zurückgeben.

Eine süße Win-Win-Situation: 20 Pfund Honig gehören in jedem Fall Ihnen. Und für den Verein bedeuten je drei Leasingnehmer zehn Prozent mehr Bienen, hat er sich ausgerechnet. Da sollten sich doch die 40 Prozent verstorbenen Brummer peu à peu ersetzen lassen. Und sich dieses Jahr gleich auch Blütenmangel und Bestäubungsnotstand verhindern lassen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 07.05.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Rollfilm

wahrscheinlich halten Sie die Erinnerungen an launige Sonntagsausflüge oder die ersten Schritte Ihres Kindes auch mit der Digitalkamera oder dem Fotohandy fest. Erinnern Sie sich noch an den guten alten Rollfilm?

Also an dieses Gewurschtel, das Sie wahrscheinlich auch früher mal vor dem Fotografieren veranstaltet haben? Wo Sie vorsichtig die kleinen Nippel irgendeines Wälzchens durch die Laschen Ihres sorgfältig eingelegten Films drücken mussten? Und dann nach oben oder links – so genau weiß ich es nicht mehr – ziehen und gleichzeitig einen Hebel spannen und einen Knopf drücken mussten. Am besten alles zusammen, damit Sie auch wirklich eine dritte Hand zu Hilfe bitten mussten – wenn Sie sich denn mit dem zwischen die Zähne geklemmten Taschenhenkel noch artikulieren konnten. Das war etwas für wahre Künstler. Heute vor genau 124 Jahren hat George Eastman für diesen Rollfilm das US-Patent erhalten. Nummer 317,049.

Erfunden haben soll der Kodak-Gründer den Rollfilm ja nicht. Das soll John Wesley Hyatt gewesen sein, schon vor 140 Jahren. Die Frage ‚Wer hat’s erfunden?’ zieht sich eben nicht nur durch die Werbung, sondern durch die ganze pralle Technikgeschichte. Die Glühbirne hat offenbar nicht Thomas Alva Edison erfunden, wie mir mein Physiklehrer seinerzeit erzählt hat – wenn auch wohl die von Edison patentierte Leuchte mit Bambusfaden besonders haltbar war. Und der Buchdruck soll in China auch schon um das Jahr 1040 herum verbreitet gewesen sein, lange bevor Johannes Gutenberg ihn technisch verbesserte und wirtschaftlich nutzbar machte. Und auch die Dampfmaschine ist offenbar nicht von James Watt, sondern von Thomas Newcomen.

Wer es erfunden – oder auch: herausgefunden – hat, das ist heute wichtiger denn je. Auch und gerade in der Wissenschaft, wo Karrieren mehr denn anderswo darauf beruhen, ob sich die Experten einen Namen gemacht haben. Das hat lustige Auswüchse. Zum Beispiel den, dass die Autorenliste von wissenschaftlichen Fachartikeln zuweilen länger ist als das Abstract. Hätten Sie gedacht, dass es heute offenbar nicht unüblich ist, dass Autorenlisten mehr als ein paar hundert Personen umfassen? Ich jedenfalls nicht. Gab es 2003 noch 40 Monsterpublikationen von über 500 Autoren, waren es 2005 ganze 131.

Den Rekord halten die Physiker – das hätte ich denen mit ihren astronomischen Zahlen auch ohne weiteres zugetraut. 2512 Autoren haben 2006 eine Publikation über irgendwas mit elektroschwacher Z-Resonanz verfasst. Das Autorenverzeichnis umfasste 14 Seiten. Autoren aus 100 verschiedenen Institutionen – neben Deutschland unter anderem auch in Australien, Belgien, China, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Polen, Ungarn, der Schweiz, Schweden oder Tschechien. Den Rekord haben sie den 2458 Medizinern abgejagt, die über Herzkrankheit und mild erhöhten Cholesterolspiegel bei Japanern geforscht und geschrieben haben. Wie wohl die Zusammenarbeit funktioniert hat? Eine echte Kunst, vermute ich.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.05.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Wonnemonat

willkommen im Wunnimanot. Sie haben es erraten: Das ist der althochdeutsche Vorläufer unseres geliebten Wonnemonats, der Weidemonat.

Der bricht nun jeden Moment herein. In weniger als 24 Stunden. Aber gefühlt ist er längst da – dieser April ist ja einer der wärmsten je. Dazu die Aussicht auf Feiertage, viel Sonne und schon jetzt Blütenduft allerorten. Alles neu bringt der Mai – wohl auch lustige Ideen zum Beispiel zum Lösegeld für den gekidnappten Maibaum.

Anders als ich Brauchtumsamateurin immer dachte – mangels Pfandfinderinnen- und Schützenvereinserfahrung bin ich persönlich nie über mittel- bis großstädtisch geprägtes Amateurniveau hinausgekommen –, ist es nicht nur Sache lediger Jungmänner, in der Nacht vor dem ersten Mai einen hübsch verzierten Maibaum vor dem Haus der Geliebten an die Regenrinne zu knoten. Zum Brauch gehört offenbar auch dazu, sich seinen Baum zu stehlen.

Genau habe ich das jetzt auch nicht verstanden, aber ganz offensichtlich macht es großen Spaß. Im bayrischen Örtchen Cham, so las ich gerade, singen die Einwohner schon seit einigen Stunden „Bruder Jakob“, um ihren Maibaum auszulösen, den ein regionaler Radiosender geklaut hat. Damit sind sie dort jetzt schon seit vier Uhr früh am Mittwoch beschäftigt. Gesungen wird bis Donnerstagnachmittag 17 Uhr. Denn der Baum ist 37 Meter lang, und für jeden Meter müssen die Chamer eine Stunde singen. Traditionell ist die Auslöse leichter zu beschaffen: Brotzeit und ein Fass Bier.

Ein launiges Treiben rund um eine 22 Meter lange Fichte herrscht derzeit in Ruderting bei Passau. An dem Spektakel beteiligen sich die Jugendfeuerwehr, ein ortsansässiges Holzbauunternehmen, die Frauenfeuerwehr und der Vorsitzende der Feuerwehr – also mutmaßlich ungefähr die ganze Bevölkerungsschar des Örtchens. Hilfsmittel: Schwere Maschinen, weiblicher Charme und ein wenig List. Dreimal wechselte der Baum in kürzester Zeit den Besitzer. Zu Redaktionsschluss lagerte er mit dem Stamm im Dach einer Halle des Unternehmens steckend. Nur zur Sicherheit. Das stelle ich mir sehr sehenswert vor. Und die Rutinger haben ihren Spaß. Auch das ist guter bayrischer Brauch – wer sich die Auslöse sparen will, kann sich seinen Baum zurückklauen oder ihn gut bewachen – oder beides.

In der Nacht zum ersten Mai tanzen die Menschen in ganz Deutschland wahlweise um einen Lebens-, Glücks- oder Schutzbaum herum. Schon seit römischen Zeiten. Die Römer gaben das Maifest zu Ehren von Flora, der Patronin des Frühlings und der Blumen. Gesetzlicher Feiertag ist der 1. Mai neben Deutschland auch in Österreich und Teilen der Schweiz sowie in anderen Ländern wie Russland, China, Griechenland, Frankreich, Mexiko, Thailand oder auch etwa Nordkorea.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 30.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Bereitschaftspotenzial

fragen Sie sich auch manchmal, warum Sie in der Kantine schon wieder zu den Pommes gegriffen haben? Wo doch alle Welt weiß, dass die Salzkartoffeln die bessere Beilage gewesen wären? Vielleicht ist ja das Angebot Ihrer Küche oder Ihres Caterers zu gesund. Ja, da können Sie gucken – das habe ich auch. Und wird Ihr Caterer oder Koch erst, wenn Sie ihm das sagen…

Aber es ist wohl so. Forscher der City University in New York hatten darüber gerätselt, warum die Amerikaner immer dicker werden, obwohl sie so gesunde Nahrungsmittel zur Auswahl haben. Die Antwort: Eben drum, eröffneten sie im „Journal of Consumer Research“. Haben Sie die Auswahl zwischen Chicken Nuggets, Pommes Frites und einer gebackenen Kartoffeln, werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit die Kartoffel nehmen – würden die Forscher der Studie zufolge prognostizieren. Haben Sie dagegen zusätzlich noch einen schönen, knackigen Salat zur Auswahl, lehnt sich Ihr Gewissen beruhigt zurück – und nimmt die Pommes. Den Salat ließen die Versuchspersonen dann nämlich großteils links liegen.

Die Forschungsarbeit ist, soviel ich weiß, nicht für den Spaß-Nobelpreis nominiert (siehe Newsletterausgabe vom 23.4.). Vielleicht qualifiziert Sie sich ja hiermit: Die Forscher fanden nämlich außerdem noch heraus, dass die Versuchspersonen mit der am stärksten ausgeprägten Selbstkontrolle – genau: am häufigsten zum ungesunden Essen griffen. Die eher lässige Versuchsgruppe dagegen mümmelte trotz fehlender guter Vorsätze und Disziplin brav den Salat. Ich finde, dieses Forschungsergebnis hat fast Zen-Qualität.

Aus ihr lässt sich ja eigentlich nur der Rat ableiten: „Lasse alle Absichten zu gesunder Ernährung fahren und entspann Dich.“ Was wohl für jeden, der diesen Grad an ökotrophologischer Erleuchtung noch nicht erreicht hat, ähnlich schwer zu befolgen sein dürfte, wie die Aufforderung, ganz spontan zu sein. Ein Dilemma.

Was man bei einem Blick ins Gehirn der Versuchspersonen wohl gesehen hätte? Hätten sich die New Yorker doch bloß mit den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig zusammengetan – dann wüssten wir es. Die haben nämlich einen Blick auf die Gehirnaktitiväten ihrer Probanden riskiert, um herauszufinden, wann diese eine Entscheidung treffen und ob man diese vorhersehen kann. Man kann. Die Probanden sollten sich aussuchen, mit welcher Hand sie einen Knopf betätigen wollen. Sie mussten später nur angeben, wann genau sie sich entschieden haben. Die Versuchsteilnehmer sagten, dies sei eine Sekunde vor dem Knopfdruck geschehen. Ihr Gehirn allerdings hatte sich schon sieben Sekunden vorher festgelegt, das konnten die Forscher vor dem Kernspintomographen (MRT) sehen – und mit mehr als zufälliger Wahrscheinlichkeit auch voraussagen. Warum? Wegen des so genannten Bereitschaftspotenzials, das der Entscheidung vorausgehe, erklärten die Forscher.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 28.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Cola-Wasser-Studie

haben Sie Ihre Buddel Wasser neben dem Monitor heute auch noch nicht richtig angerührt? Ich bin ja stets voll der guten Vorsätze. Und trinke dann doch meist Kaffee bis nach Mittag. Dabei ist Wasser nicht nur gesund, sondern sogar gut gegen Stress. Sagt jedenfalls Coca Cola.

Ja, da habe ich auch ein klein wenig gestutzt. Gut, manchmal sagt einem eine Studie ja weniger über das, was die Studie sagen will, als darüber, was der Auftraggeber gern stärker pushen will – das wissen Sie ja auch. Bei Cola offenbar nun: die sieben Sorten Wasser im Produktportfolio. Mit Studien darüber, dass Cola gut gegen Stress oder für die Gesundheit sei, braucht Cola uns ja nun auch gar nicht erst zu kommen.

Deswegen halte ich hier fest, dass Cola gar nicht so übel ist, wie ihr Ruf. Das gilt jetzt natürlich auch für Pepsi, Afri, Sinalco und all die unzähligen anderen Colasorten auch. Das berühmt-berüchtigte Stück Fleisch in einem Colaglas jedenfalls soll sich nicht binnen einer halben Stunde restlos auflösen, wie wir Kinder mit Colaverbot es uns vor einigen Jahren gern zuraunten. Und weil Cola sogar noch besser dopt als Kaffee, boykottiere ich persönlich auch sämtliche zucker- und koffeinfreien Varianten – egal welcher Marke. Da bin ich konservativ.

Cola ist offensichtlich ein sehr besonderes Gesöff. Das sogar die Kreativität von Wissenschaftlern anstachelt. So teilen sich den Ig-Nobelpreis vom vergangenen Jahr – das ist der unwürdige (also: ignoble) kleine Bruder des ehrwürdigen Nobelpreises – gleich zwei Forscherteams für Forschungsarbeiten über die empfängnisverhütende Wirkung von Cola. Gleich vorweg: Auf die sollten Sie sich besser nicht verlassen. Es sei denn, Sie wollen gern ein Kind und mögen Glücksspiele. Die eine Studie bewies vereinfacht zusammengefasst die spermizide Wirkung, die andere widerlegte sie. Auch wenn der Ig-Nobelpreis vor allem unterhalten will – die Forscher und ihre Arbeiten sind seriös. Dafür bürgt schon das Komitee der ehrwürdigen Harvard University, das die Ig-Nobelpreise kurz vor den echten Nobelpreisen verleiht. Bei der Ehrung sollen sich alle freundlich mit Cola zugeprostet haben.

Überhaupt scheint Cola es den Kandidaten und Juroren für den Spaß-Nobelpreis angetan zu haben. Der für seinen unglaublich aufwändig konstruierten Schutzanzug gegen Bären, Landminen, Flammenwerfer und andere zerstörerische Einflüsse geehrte Sicherheitsingenieur Troy Hurtubise verriet bei der Preisverleihung seinen Notfalltrick gegen Grizzlybärenangriffe – der Mann ist bekennender Grizzlybärenfan: Eine Coladose ordentlich schütteln und dann langsam öffnen. Vertreibt angeblich selbst stärkste Grizzlys. Übrigens hatte Hurtubise für diesen Tipp 60 Sekunden Zeit. Nach dieser Spanne unterbricht traditionell ein achtjähriges Mädchen die Ansprache.

Ob Cola, Café Latte oder Kartoffelsalat – worauf Sie achten sollten, damit der Betriebsprüfer Ihre Bewirtungskosten auch ohne Grizzlyunterstützung abnickt, das erfahren Sie in dieser Newsletterausgabe.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 23.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Stau

über der Autobahn 66 von Frankfurt in Richtung Wiesbaden hing längere Zeit ein Transparent von einer Brücke: „Du stehst nicht im Stau, Du bist der Stau.“

Ob im Stau oder als Stau – das gefühlte Ewigkeiten dauernde Stop and go an den Verkehrs-Knotenpunkten deutscher Straßen nervt Autofahrer ja von jeher. Künftig könnte es sie dazu noch teuer kommen. Zumindest wenn das europäische Parlament sein Vorhaben wahr macht, mit der Novellierung des europaweiten Mautsystems eine Gebühr über die so genannten externen Kosten zu kassieren.

Jep, externe Kosten. Ganz genau. Wenn Sie in VWL damals schön brav aufgepasst haben, wird es jetzt sicher bei Ihnen klingeln. Mit externen Kosten meint der Ökonom an sich ja die Kosten, die der Verursacher dieser Kosten nicht im Blick hat, weil er sie nicht direkt zu bezahlen braucht. Die er aber dennoch verursacht – beispielsweise durch Staus, Skifahren oder auch etwa Industrieabwässer in Flüsse spülen. Und zwar meist für alle Steuerzahler. Und das offenbar nicht zu knapp.

Einer Studie der EU-Kommission zufolge verursachten Staus im Jahr 2006 ganze 122 der insgesamt knapp 300 Milliarden Euro Gesamtkosten auf Europas Straßen. Da die EU allen Stau-Verursachern an die Tasche will, sollen künftig womöglich auch Pkw-Fahrer die Maut bezahlen müssen – nicht mehr nur Lkw-Fahrer.

Gut, mit ein wenig Glück gelingt es mit der Stau-Maut ja nicht nur, die Kosten für die Allgemeinheit zu reduzieren, sondern gleich auch die Staus abzukürzen – in London hat die City-Maut ja auch für leerere Straßen gesorgt.

Aber das ginge womöglich auch verblüffend viel einfacher. Das zeigt ein weiteres Beispiel aus Großbritannien: das im grünen Gürtel von London gelegene Örtchen Navestock. Dort einigte sich der Gemeinderat kürzlich darauf, es sei eine wunderbare Idee, die praktischerweise schon vorhandenen Schlaglöcher auf Navestocks Straßen zum „natürlichen Mittel zur Verkehrsberuhigung“ zu erklären. Für keine so gute Idee befand das dagegen der für die Instandhaltung der Straßen zuständige Rat der Grafschaft Essex. Die Idee des Gemeinderats von Navestock sei zwar interessant, räumte Verkehrsrat Norman Hume immerhin ein. Da die Mehrheit der Bewohner von Essex jedoch „auf sicheren und ebenen Straßen“ unterwegs sein wolle, werde der Rat der Grafschaft die Wege durch Navestock „so schnell wie möglich“ ausbessern, ließ er wissen.

Vielleicht überlegt er es sich ja noch einmal anders, wenn die Kostenkalkulation aus Brüssel kommt. Allein für LKWs rechnen die Industrie- und Handelskammern in Deutschland mit einer Mehrbelastung von 1,8 Milliarden Euro – für den Fall, dass zehn Prozent der LKW-Fahrleistung mit der zusätzlichen Stau-Maut belegt würde. Da ist es womöglich doch plötzlich ganz attraktiv, die Straßen nach dem nächsten Winter einfach nicht ausbessern zu lassen – äh, wieder nicht ausbessern zu lassen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Geist- und Wunderheiler

hier scheint gerade die Sonne ins Büro. Endlich. Jedes Jahr das gleiche. Schon an den ersten noch nicht wirklich wärmeren Tagen – so um Februar März herum – befinde ich, es sei nun endlich genug des Winters und lasse Mütze, Schal und Handschuhe weg. Um mir die – oftmals erste – Erkältung des Winters zu holen. Denn leider vertrage ich kalten Wind nicht sehr gut.

Gut. Es ist jedes Jahr dasselbe und auch nicht weiter schlimm. Die Schnupfennase geht, der Sommer kommt – meist jedenfalls – dann doch. Auch wenn er sich durch Weglassen warmer Kleidung eben nicht herbeihypnotisieren lässt. Auch meine kleine Tochter freut sich, dass sie endlich ihr heißgeliebtes Blumenkleid wieder anziehen darf. Ein Glück.

Aber kein Grund nachlässig zu werden, wenn Sie heute Nachmittag ganz euphorisch in Ihrem Auto nachhause brettern. Schönes Wetter ist nämlich – rein straßenverkehrstechnisch – viel gefährlicher als Eis und Schnee. Das schreibt der amerikanische Psychologe Tom Vanderbilt  in seinem kürzlich erschienen Buch über Mensch und Auto. Klingt komisch, ist aber so. Und es ist auch logisch, finde ich. Denn, so Vanderbilt, der Mensch neigt dazu, Risiken zu kompensieren. Das heißt, dass Sie an Tagen mit Schneesturm schlicht bedeutend vorsichtiger fahren und bei Sonnenschein eben lieber mal losbrettern. Zeigen Sie, dass es auch anders geht und kommen Sie lieber sicher wohin auch immer. Es lohnt sich. Die Sonne. Die Vögel. Die Blumen. Das Wellenrauschen des schönen Rheins. Da vergisst man doch sogar manchmal, dass gerade Wirtschaftskrise ist. Geht Ihnen das nicht auch so?

Wenn da nicht selbst die ein oder andere skurrile Meldung gelegentlich daran erinnerte. Zum Beispiel die, dass die Geist- und Wunderheiler Russlands nun eine Gewerkschaft gründen. Wegen der Krise. Wie? Dabei habe ich gedacht, die seien ähnlich krisenfest wie die Alkohol-, Süßigkeiten, Kosmetik- oder Rüstungsindustrie.

Zu krisenfest wohl, erfahre ich bei genauerem Nachlesen. Durch die enorme Nachfrage aufgrund der Wirtschaftskrise sei die Arbeitsbelastung gestiegen, stand kürzlich offenbar in der „Nesawisimaja Gaseta“, so berichten honorige Quellen. Und deswegen schließen sich nun eben „Hellseher, Hexen und andere Spezialisten mit Verbindungen zu übernatürlichen Kräften“ der Vereinigung unabhängiger Gewerkschaften an.

Einen Haken gibt es da vielleicht: Alles selbstständige Unternehmer. Keine Angestellten. Das merkt auch der Chef der russischen Vereinigung für Volksmedizin an, Wladimir Jegorow, der die Gewerkschaftsgründung für wenig sinnvoll hält.
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Söcklinge

neulich habe ich wieder in einem Drogeriemarkt meiner Wahl vor dem Strumpfbereich gestanden. Und gerätselt. Da gibt es Fein- und Baumwollstrümpfe, strumpfhosen und -socken verschiedenster Couleur, Länge und Dichte. Soweit so normal. Und dann gibt es auch diese Söcklinge der Hausmarke mit hohem Baumwollanteil in Champagner und Make up – und als einzige: mit Anziehanleitung. Ja genau, darüber habe ich mich auch gewundert.

Nicht dass das Anziehen von Feinstrümpfen – diese waren mit 20 den relativ transparent – in seinem Anspruch irgendwie zu unterschätzen wäre. Dabei können Sie Laufmaschen und Löcher produzieren, dass Sie das Produkt gleich vor dem ersten Tragen wegwerfen können, wenn Sie sich ungeschickt genug anstellen. Deswegen wird es für Feinstrümpfe wohl auch nie eine Abwrackprämie geben. Schade eigentlich. (vgl. Newsletterausgabe vom 17.02).

Aber ich frage mich schon, was an Söcklingen nun so viel komplizierter anzuziehen sein soll, als sagen wir an Kniestrümpfen oder gar hauchtransparenten Overknees und Strumpfhosen? Die allesamt keine Anziehanleitung haben. Nein, auch nicht die der Hausmarke – ich habe nachgeschaut.

Ich weiß es nicht. Ich habe sogar schon überlegt, ob ich mir mal ein Paar kaufen soll, nur um nachzusehen. Viel Geld würde das nicht kosten – das Söcklingsprodukt der Hausmarke ist günstiger als das des Markenherstellers direkt daneben. Aber: Ich brauche keine Söcklinge. Jedenfalls keine Fein-Söcklinge in diesen Farben. Und schon gar nicht mit Anziehanleitung!

Aber wer tut das bitteschön überhaupt? Wahrscheinlich ist das auch nur wieder so ein Produkt, das keiner braucht. Wobei – was heißt schon brauchen? Das ist ja immer eine Sache der Auslegung. Womöglich werden demnächst auch Jeans oder Hemden mit Anziehanleitung verkauft. Bei Krawatten wäre das wohl noch sinnvoll, könnte ich mir vorstellen.

Produkte, von denen wahrscheinlich auch  noch nie jemand geglaubt hat, dass er sie braucht, finden Sie bei Antipreneur.de. Eine Waldbrandtapete etwa für Leute, denen der Anblick der langweiligen Palmen und Sonnenuntergänge im Partykeller auf den Keks zu gehen beginnt. Modellautos mit Unfalldesign. Auch Edel-Feinstaub im edlen Streuer können Sie dort erwerben – Slogan: „Alles andere ist Dreck“. Bei den Unglückskeksen – so wie die Glückskekse bei Ihrem Lieblings-Chinesen, nur umgekehrt – gibt es nach Angaben der Shopbetreiber nur deshalb keine Lieferschwierigkeiten, weil „unser Hersteller in China mittlerweile im Einschichtbetrieb rund um die Uhr arbeiten lässt, um der hohen Nachfrage Herr zu werden“.

Ob Sie die Produkte tatsächlich geliefert bekommen, wenn Sie sie bestellen, habe ich noch nicht ausprobiert. Jedenfalls gibt es eine Service-Hotline mit Darmstädter Vorwahl. Und ein Impressum, in dem irgendwas von nicht-kommerziellem privatem Kunstprojekt steht.
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 14.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html