Astrologie

gestern auf der Sachbuchseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stand, die Liebe eines der dort tätigen Feuilleton-Redakteure gelte der Astrologie.

Das hat mich überrascht – habe ich doch diese Zeitung stets für im wahren wie auch im übertragenen Sinne höchst handfest gehalten. Aber ich habe das Buch auch noch nicht gelesen und will dem Autor nicht unrecht tun. Vielleicht hält er es ja wie ich. Der Titel „Die schöne Kunst, das Schicksal zu lesen“ schließt das zumindest nicht aus.

Für mich ist Astrologie großartige Unterhaltung – intelligent, hintergründig, kurzweilig. Alles drin: Spannung, Drama, Liebe, Hoffnung, Glück. Und das, ohne allzu trivial zu sein. Sie bietet wunderbar Stoff für den privaten Smalltalk. Die vorgebrachten Pro- und Contra-Argumente oder die zur Auswahl stehenden Charakterisierungen sagen mehr als jede Debatte, vor welchen Aufgaben Meyer und Heynckes in der restlichen Fußball-Bundesligasaison stehen. Egal ob westlich oder chinesisch.

Natürlich lese ich Horoskope. Aber aus Prinzip so gut wie nie rechtzeitig. Es versüßt mir das Altpapiersortieren. Und darin ist es eindeutig besser, als längere Artikel, die mich dann doch nur vom Ausmisten abhalten. Gelegentlich suche ich mit geschlossenen Augen und ausgestrecktem Finger aus, welches Sternzeichen ich lesen will. Und manchmal mache ich mir den Spaß, einen Blick in den Kalender zu werfen. Nur um mal nachzuschauen, ob das was bei meinem Sternzeichen steht, auch hinkommt. Was soll ich sagen: Selbstverständlich. Irgendwie…

Und das ist auch der Trick: dass was in astrologischen Texten steht, verdächtig zutreffend aussieht. Ein Horoskop ist wie ein bunter Blumenstrauß: Von allem etwas drin und angenehm gefällig. Dass jeder sich da herauspickt, was ihm passt, das hat vor einigen Jahren mal meine Lieblings-Wissenschaftssendung im WDR-Fernsehen, Quarks & Co., eindrucksvoll nachgewiesen. Getarnt als „Eclipse-Astro-Foschungsgruppe“ schalteten die Kollegen eine Zeitungsannonce. Darin versprachen sie jedem kostenlos ein ausführliches – und normalerweise teures – Geburtshoroskop, der bereit war, nicht nur Geburtsdatum, -ort und -stunde zu offenbaren, sondern auch ein paar Fragen zu beantworten. Im wesentlichen die, ob das Horoskop zutrifft. Frappierende 74% der insgesamt 200 Einsender erklärten, „Ja, mein Charakter wird korrekt beschrieben“ und 15 Prozent meinten: „Perfekt, es stimmt alles“. Hübsche Pointe: Alle Einsender hatten exakt dasselbe Horoskop erhalten – von Fritz Haarmann. Der Mann wurde „Vampir“ oder „Werwolf“ genannt und brachte in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mindestens 24 junge Männer um. Von seinem Leben handelt der Film „Der Totmacher“.

Ich habe wirklich nichts gegen Astrologie. Aber ich habe viel dagegen, Astrologie für mehr zu nehmen, als Unterhaltung. Muss wohl an meinem Sternzeichen liegen. Das gilt als ausgesprochen rational… Ich glaube einfach nicht, dass der Einfluss der Sterne auf die Menschen tatsächlich einer Theorie entspricht, deren Weltbild das einer flachen Scheibe mit darüber gewölbtem Himmelszelt ist. Und ich finde ich es bedenklich, dass offenbar gar nicht so wenige Unternehmen sich bei der Personalauswahl oder sonstigen Entscheidungen an Horoskopen orientieren.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 12.05.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html