Wonnemonat

willkommen im Wunnimanot. Sie haben es erraten: Das ist der althochdeutsche Vorläufer unseres geliebten Wonnemonats, der Weidemonat.

Der bricht nun jeden Moment herein. In weniger als 24 Stunden. Aber gefühlt ist er längst da – dieser April ist ja einer der wärmsten je. Dazu die Aussicht auf Feiertage, viel Sonne und schon jetzt Blütenduft allerorten. Alles neu bringt der Mai – wohl auch lustige Ideen zum Beispiel zum Lösegeld für den gekidnappten Maibaum.

Anders als ich Brauchtumsamateurin immer dachte – mangels Pfandfinderinnen- und Schützenvereinserfahrung bin ich persönlich nie über mittel- bis großstädtisch geprägtes Amateurniveau hinausgekommen –, ist es nicht nur Sache lediger Jungmänner, in der Nacht vor dem ersten Mai einen hübsch verzierten Maibaum vor dem Haus der Geliebten an die Regenrinne zu knoten. Zum Brauch gehört offenbar auch dazu, sich seinen Baum zu stehlen.

Genau habe ich das jetzt auch nicht verstanden, aber ganz offensichtlich macht es großen Spaß. Im bayrischen Örtchen Cham, so las ich gerade, singen die Einwohner schon seit einigen Stunden „Bruder Jakob“, um ihren Maibaum auszulösen, den ein regionaler Radiosender geklaut hat. Damit sind sie dort jetzt schon seit vier Uhr früh am Mittwoch beschäftigt. Gesungen wird bis Donnerstagnachmittag 17 Uhr. Denn der Baum ist 37 Meter lang, und für jeden Meter müssen die Chamer eine Stunde singen. Traditionell ist die Auslöse leichter zu beschaffen: Brotzeit und ein Fass Bier.

Ein launiges Treiben rund um eine 22 Meter lange Fichte herrscht derzeit in Ruderting bei Passau. An dem Spektakel beteiligen sich die Jugendfeuerwehr, ein ortsansässiges Holzbauunternehmen, die Frauenfeuerwehr und der Vorsitzende der Feuerwehr – also mutmaßlich ungefähr die ganze Bevölkerungsschar des Örtchens. Hilfsmittel: Schwere Maschinen, weiblicher Charme und ein wenig List. Dreimal wechselte der Baum in kürzester Zeit den Besitzer. Zu Redaktionsschluss lagerte er mit dem Stamm im Dach einer Halle des Unternehmens steckend. Nur zur Sicherheit. Das stelle ich mir sehr sehenswert vor. Und die Rutinger haben ihren Spaß. Auch das ist guter bayrischer Brauch – wer sich die Auslöse sparen will, kann sich seinen Baum zurückklauen oder ihn gut bewachen – oder beides.

In der Nacht zum ersten Mai tanzen die Menschen in ganz Deutschland wahlweise um einen Lebens-, Glücks- oder Schutzbaum herum. Schon seit römischen Zeiten. Die Römer gaben das Maifest zu Ehren von Flora, der Patronin des Frühlings und der Blumen. Gesetzlicher Feiertag ist der 1. Mai neben Deutschland auch in Österreich und Teilen der Schweiz sowie in anderen Ländern wie Russland, China, Griechenland, Frankreich, Mexiko, Thailand oder auch etwa Nordkorea.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 30.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html