Rentenalter

Ökonomen gelten ja als höchst rational. Sie stellen aber auch gern zuweilen – nun ja: komische Fragen.

„Homo oekonomicus oder Homer Simpson?“, fragte sich da neulich der Think Tank Deutschen Bank DBResearch. Ich natürlich sofort reingeklickt. Es ging um Ursachenforschung zur Finanzkrise … Also deutlich drögeres Zeug, als ich spontan vermutet hatte. Gut, Ökonomen haben eben auch Humor. Und wollen natürlich, dass man ihre Meldungen liest. Dabei ist eine lustige Überschrift ja ganz hilfreich …

Ökonomen haben es ja wirklich nicht so einfach.

In der Zunft kursiert das Bonmot „Zwei Ökonomen, drei Meinungen“. Sind schließlich hochkomplexe Gebilde, über die sie sich da Expertenmeinung samt Prognose bilden müssen …

Und wer auch immer sie nach ihren Einschätzungen, Voraussagen und Modellen fragt, fragt nicht in der Absicht, auf sie zu hören, sondern oft nur, um nicht so zu wirken, als würde er einfach seinen Strumpf machen.

Lustig wird es, finde ich, wenn Ökonomen mal einen Aprilscherz wagen. So wie vor wenigen Wochen. Darauf wäre ich fast hereingefallen, so ernsthaft kam diese Meldung des Kölner Instituts für die Deutsche Wirtschaft (iw) daher: „Rente mit 70 ist machbar“ stand da über der Pressemitteilung.

Mich interessierte eigentlich nur, was an der Rente mit 70 eigentlich als nicht machbar gegolten hatte. Ich also sofort reingeklickt. Und was soll ich sagen: Die Argumentation klang … irgendwie wahnsinnig überzeugend …

„Viele ältere Menschen haben an ihrem Geburtstag den Eindruck, das vergangene Jahr sei schneller vorbeigerauscht als in früheren Jahren“, schrieben die iw-Experten da.

Das kennen wir doch alle …

Männer und Frauen ab Mitte 50 glaubten den Befragungen des Instituts zufolge also, seit dem letzten Geburtstag seien gerade einmal gefühlte 200 Tage vergangen. „Mit Anfang 30 entspricht die Wahrnehmung noch in etwa dem tatsächlichen Kalender.“ Diese Erkenntnis solle sich die Rentenministerin zu eigen machen und das Rentenalter auf 70 anheben, fordert das iw. Einfache Rechnung: „Wer 57 Jahre alt ist, hätte dann gefühlt nur noch 2.600 Tage oder 7,1 Jahre zu arbeiten“

Das gefühlte Rentenalter würde dann laut iw-Rechnung sogar noch unter dem realen Renteneintrittsalter liegen. Logisch.

Klasse, oder?

Nur eine kleine Zahl ließ mich stutzig werden: die der Befragten. Drei. Aber weil ich die Argumentation so hübsch fand, habe ich sicherheitshalber doch kurz bei dem Institut angerufen. Und? Natürlich war es ein Aprilscherz. Fast schade, finden Sie nicht auch?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 18.05.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html