Räuber

vor kurzem war da diese Meldung: von ein paar Räubern, die eine Bank gesprengt haben. Ich natürlich sofort reingeklickt.

Die Räuber hatten buchstäblich versucht, den Geldautomaten in die Luft zu jagen. Nachts, in Weißensee. Das hatte natürlich einen Heidenkrach gemacht und war hoch spannend für die laut Wikipedia nur 3500 Einwohner zählende Gemeinde.

„Weißensee. Weißensee“, habe ich da gedacht. War da nicht mal was?

Da war doch mal was. Ich also rüber zum Bücherregal – und da war es. Unter der Überschrift „Geldgruben“ stand da diese Reportage von meinem Lieblings-Reisereporter Helge Timmerberg (in: „Tiger fressen keine Yogis“). Die Geschichte hatte Timmerberg kurz nach der Wende geschrieben. Er schildert, wie er sich mit einem Schrank von einem nun gesetzestreuen Ex-Knacki namens Ramires zu einer Tour durch die ostdeutsche Bankenlandschaft aufmacht. Nachschauen, wie die Sicherheitslage der Banken in der damals noch existierenden DDR ist.

Sie war verheerend.

Kein Panzerglas, keine Videoüberwachung, kein Sicherheitspersonal. Und nicht nur das: Türen, die Ramires leicht mit einem Eierlöffel hätte knacken können. Plexiglasscheiben, unter denen jeder Kunde bequem zu den Geldstapeln hinter dem Schalter durchlangen konnte. Eine wehrlose Oma neben einem offenen Tresor, an dem noch der Schlüssel steckt. Kisten voller Geld auf der Fensterbank, gleich neben einem leicht zugänglichen, offenen Fenster.

Selbst in Ostberlin: Berge von Geld hinter offenen Schaltern.

Timmerberg riet damals den Ostdeutschen: „Gebt das Zeug so schnell wie möglichl aus! Ganz schnell. Oder nehmt es mit nach Haus! Legt es unters Kopfkissen, in den Wäscheschrank, stellt den Trabi drauf. Macht damit, was ihr wollt und wo ihr’s wollt. Nur gebt es auf keinen Fall euren Banken.“

Von Weißensee stand in der Geschichte übrigens nichts drin, aber der Ort liegt ja in Thüringen und wird damit wohl ausgesehen haben, wie die Banken – Dutzende –, die Timmerberg da beschrieben hat. Heute allerdings nicht mehr. Mit ihrem Sprengattentat auf den Automaten hatten denn auch die Räuber Pech: Das Gerät blieb unversehrt, die Täter waren getürmt. So ändern sich die Zeiten.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 26.08.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html