China

gelegentlich lässt meine Tochter wissen: „Ich WILL auch gar kein Eis mehr“. Zugegeben: eher selten. Meist heißt es: „Ich will aber trotzdem. Trootzdem! TROTZDEM!“ Ich interpretiere es gern als Zeichen geistiger Reife, dass sie zumindest gelegentlich der Situation angemessen zu trotzen versucht, indem sie Desinteresse heuchelt.

Kindisch ist es natürlich. Klar. Aber gut: Sie ist ja noch ein Kind.

Und kindisch trotzen können wir Erwachsenen wenn nicht noch besser. Im Privatleben. In Politik und Wirtschaft sowieso. Sogar in Führungspositionen von diktatorischen Regimes reagieren sie gelegentlich auf diese eher hilflose Weise. Zuletzt: das chinesische Propagandaministerium. Das verfügte vor ein paar Tagen, Berichte über die Fußball-WM dürften nicht etwa zum Anlass genommen werden, sich über die chinesischen Fußballer lustig zu machen.

Chinesische Fußballer? Genau: Sind gar nicht dabei. Das ist ja gerade das Problem.

Das Versagen der chinesischen Mannschaft schon bei der WM-Qualifikation habe aus Chinas Zensoren die „größten, übellaunigen Verlierer“ gemacht, bemerkte spitz das amerikanische Online-Portal „The Daily Beast“.

Dem chinesischen Volk scheint das egal: Es bevölkert derzeit in die Trikots seiner jeweiligen Favoriten gehüllt die Bars und Kneipen des riesigen Landes. Fotos von nur mit Bodypainting-Flaggen bekleideten jungen Chinesinnen verbreiten sich virenartig.

Dabei könnte man es eigentlich belassen. Aber Daily Beast will gern genauer wissen, warum eigentlich dieses aufstrebende Land sich nicht mit den Rivalen messen könne, die es als Wirtschaftsnation abhänge. Alle erdenklichen Ursachen spielt die Redaktion durch. Weil im Kommunismus unter Mao die Wirtschaft auf Produktion ausgerichtet gewesen sei, nicht auf Freizeit, ist ein Erklärungsversuch. Ein weiterer: die Korruption im chinesischen Sport. Und nicht zu vergessen: dass Eltern ihre Kinder anhalten zu pauken, statt Fußball zu spielen – damit sie die Schule schaffen und einen Job finden.

Dieser Grund allerdings wundert mich: Denn nach allem, was ich über China mal im Fernsehen gesehen habe, sind die attraktivsten und begehrtesten Schulen des Landes Kung Fu-Drillanstalten. Also Sportakademien. Heerscharen von Eltern aus Stadt und Land setzen viel daran, ihre Kinder reif für die Aufnahmeprüfungen machen zu lassen. Notfalls sparen sie sich die Kung Fu-Stunden des Sprösslings vom Mund ab, wenn ich das richtig verstanden habe. Versprechen doch diese Schulen beste Zukunftschancen – und sei es als Kung Fu-Darsteller in der Filmindustrie.

Vielleicht sind die Chinese ja beim Sport einfach nur bislang zu sehr auf den Binnenmarkt ausgerichtet – im Gegensatz zu ihrer sonstigen Wirtschaftspolitik. Und auf dem zählt Kung Fu eben deutlich mehr als Soccer … Doch womöglich denkt man im Reich der Mitte ja bald um – und bildet eine funktionierende Nische für diese Sportart aus. Dann wird China sicher auch mal bei der WM dabei sein.

Es sei denn, dass vielleicht doch der letzte von Daily Beast in die Waagschale geworfene Grund die Ursache ist: „Mancher meint, die mangelhafte Qualität des chinesischen Fußballs könnte auch genetisch bedingt sein – Asiaten haben einfach nicht die Fußball-DNA.“ Dann stünden die Chancen der chinesischen Nationalelf schlecht. Man wird sehen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 08.07.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Argentinien

vor ein paar Jahren haben mein Mann und ich einen Freund in Amsterdam besucht, der dort als Dolmetscher arbeitet. Schon ein Weilchen her: Am Tag des Spiels Niederlande gegen Argentinien, WM 1998: Viertelfinale in Marseille. Der Platz, auf dem wir uns mit unserem Freund treffen wollten, leuchtete orange. Als so ziemlich einzige dort trugen wir bürgerliche Kleidung und keine Flagge. Außerdem waren wir nüchtern und verhielten uns vergleichsweise teilnahmslos. Abwartend eben …

Doch die begeisterten Oranje-Fans um uns herum folgerten logisch: Argentinier! Hier?

Unsere Niederländischkenntnisse beschränkten sich schon damals auf „Goede dag“, „twee coffie verkeerd“, „Alsjebelieft“ und „Dank u wel“ – was soviel heißt wie: Guten Tag, zwei Milchkaffee, Bitte, Danke.

Was man eben so braucht, um zu überleben …

Allerdings nicht in dieser Lebenslage, das können Sie sich ja denken. Die Kommunikation verlief denn auch – nun ja: schwierig. Leider konnten wir die Vorbehalte der schon ziemlich angeschickerten Oranje-Anhänger nicht zerstreuen. Mein Mann und ein Kleiderschrank von Fan bereiteten sich bereits darauf vor, auf unmissverständlichere Weise zu kommunizieren.

Endlich tauchte unser Freund auf. Was für ein Glück! Mit wenigen Sätzen und einem kleinen Scherz hatte er die Situation geklärt. Woraufhin der Bär von einem Fan meinem Mann die Pranke auf die Schulter legte und allgemein bekundete, wir gehörten zu ihm …

Kein Niederlande-Fan hat uns danach mehr krumm angeschaut.

Daran musste ich denken, als ich neulich diese Bild-Schlagzeile gesehen habe, wo Maradona gesagt hat: „Jetzt ist Deutschland raus!“. Maradona ist – oder besser: war – klasse. Aber natürlich dachte ich: „Pfföh – wollen wir doch mal sehen.“

Nicht dass ich jetzt nachtreten will. Aber: Und wie wir das gesehen haben: 4 zu 0! Wer hätte das gedacht? „Dieses Team verdient es, Weltmeister zu werden“, sagte dann auch nun der ehemalige Nationalspieler und heutige Schalke-Trainer Felix Magath.

Und ich glaube: Zwei Spiele haben wir noch. Und drücke weiter die Daumen!

Spanien – ihr könnt kommen …  Und Niederlande oder Uruguay – ihr dann auch gern …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 06.07.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Wembley-Tor

da haben wir am Sonntag wohl doch etwas verpasst in der ersten Halbzeit Deutschland gegen England: eine Art Wembley-Tor – beziehungsweise: das neue Bloemfontein-Tor.

Wembley-Tor – das ist, wenn der Ball vom Torpfosten nach unten prallt und nicht klar erkennbar ist, ob er nun drin war oder nicht. In England sagen sie allerdings nicht Wembley goal, sondern „das dritte Tor“. Schließlich lief so das dritte Tor der Engländer bei ihrem 4 zu 2-Sieg über die Deutschen im WM-Finale in Wembley 1966.

Obwohl der Ball definitiv nicht drin war, erkannten die Schiedsrichter damals ein Tor für England an. Wer da was gesehen hatte und was nicht, ist anscheinend bis heute nicht zweifelsfrei aufgeklärt. Zu widersprüchlich waren die Aussagen von Schieds- und Linienrichter. Der Linienrichter, auf den sich offenbar der Schiedsrichter damals verlassen hatte, soll vor seinem Tod auf die Frage, warum er das Tor nun zuerkannt habe, nur geantwortet haben: „Stalingrad“. Der Mann war Russe.

Nun geht die Diskussion wieder los, diesmal in England. Denn wieder war da so ein Tor, wieder von England gegen Deutschland, wieder in einem WM-Spiel – nur war es diesmal andersrum: Fernschuss des Briten Frank Lampard auf die Torlatte. Der Ball landete hinter der Linie, prallte hoch und dann fing der deutsche Torwart Manuel Neuer ihn auf – und spielte weiter. Ein klares Tor. Sahen ganz viele Menschen so. Nur nicht die Schiedsrichter. Da hätte es zur Halbzeit also wohl eigentlich 2 zu 2 gestanden …

Die Engländer hätten nun ihr „Bloemfontein-Tor“, war schon am Abend des Spiels bei Wikipedia zu lesen – Stichwort „Wembley-Tor“. Mit dem Unterschied, dass der Ball diesmal wirklich hinter der Linie war.

„England wird von Deutschland bei der WM gedemütigt (mit viel Hilfe vom Schiedsrichter aus Uruguay)“, beklagte sich die „Daily Mail“ laut Spiegel Online. Die „Times“ schrieb von einer „Fan-Wut wegen des Tor-Fehlers“. „England kracht raus“, ließ der „Mirror“ wissen. Und in Deutschland: „Rache für Wembley: Jetzt sind wir quitt!“, schrieb die „Berliner Zeitung“, „Vergesst Wembley!“ die Münchener „Abendzeitung“.
Klar wird jetzt auch wieder über den Videobeweis diskutiert – ob man ihn nicht doch brauche. „Nein“, meint Fußballlegende Günter Netzer. Fußball sei eben Drama – er dürfe nicht perfekt sein. Schiedsrichter entscheidet.

Nur gut, dass Deutschland in der zweiten Halbzeit noch zwei so schöne Tore geschossen hat. Beziehungsweise: Herr Müller mit der 13 …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.07.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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4 zu 1

Sonntagnachmittag auf der Wiesbadener Platte, einem der nächstgelegenen Taunushügel. Bei Fahrradfahrern, Spaziergängern und Familien als Naherholungsgebiet sehr beliebt. Proppenvoll. Doch wo nach Mittag die Autos noch bis runter zur Grillhütte gestanden haben und auf dem Spielplatz Rasen und Sandkasten vor Horden von Kindern nicht zu sehen waren, war plötzlich: nichts von alledem mehr.

Gähnende Leere. Kein Mensch mehr da. Bei strahlendem Sonnenschein wohlgemerkt.

Mein Mann: „Jetzt ist Anstoß.“ Ich: „Hm.“ Deutschland gegen England im Achtelfinale.

Auf der Picknickdecke neben uns ruhte unser Kleiner – der kleine Bruder, den unsere Tochter vor vier Monaten bekommen hat. Wenigstens ein paar Minuten seines vorhin erst angebrochenen Nachmittagsschläfchens wollen wir ihm schon gönnen. Dann geht es ihm besser. Und bessere Laune hat er dann auch.

Ich also zu meiner Tochter. Kleine Runde Frisbee. Dann aufs Boot, das Holzspielgerüst auf dem Spielplatz. Hoch zum Ausguck. Meine Tochter: „Da vorne ist Südafrika.“ Ich: „Und was gibt es da schönes?“ Meine Tochter: „Nicht nur Fußball. Auch Gras und Bäume.“ Ich: „Und Löwen und Giraffen.“ Sie: „Ja. Und Elefanten.“ Die mögen wir gern. Danach sind wir schaukeln gegangen.

Nach 20 Minuten war unser Kleiner endlich wach. Wir also schnell nach Hause. Halbzeitpause. 2 zu 1. Tööröööö.

Das beste wissen Sie ja schon längst: Das 3 zu 1 und das 4 zu 1 kamen dann auch ganz rasch hinterher. Sind wir also beim Gucken noch auf unsere Kosten gekommen …

Danke, Jogis Jungs!

Und diesmal habe ich es auch genau gesehen: Thomas Müller war’s, der Sohn des Busfahrers (siehe Newsletterausgabe vom 22.6.). Beide Male. „20 Jahre alt und vor anderthalb Jahren noch dritte Bundesliga“, sagte der Sprecher diesmal. Nicht schlecht, finden Sie nicht auch? Kann uns ja nur recht sein, wenn der junge Müller tatsächlich seinem Namen und seiner Nummer alle Ehre machen will. Denn Gerd Müller, der Nationalspieler, der vor ihm die Rückennummer 13 getragen hat, war mit 68 Toren in 62 Länderspielen noch immer der mit Abstand erfolgreichste deutsche Stürmer, wenn es stimmt, was die Onlineredaktion der Süddeutschen Zeitung schreibt.

Macht also fast nichts, dass wir die ersten zwei Tore verpasst haben. Und nicht vergessen: Drei Spiele haben sie ja noch. Glaube ich jedenfalls.

Auf die nächsten 12 Tore! Schland o Schland …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 1.7.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Grønlands Boldspil

ich spreche leider kein grönländisch. Sonst würde ich Ihnen jetzt hier etwas über die grönländische Fußballmeisterschaft 2010 erzählen. Aber die englische Seite der Grønlands Boldspil Union ist leider gerade „under construction“.

Da werden wahrscheinlich auch nicht so viele Nicht-Grönländer vorbeischauen …

Die grönländische Fußballnationalmannschaft ist ja auch dieses Jahr wieder nicht bei der WM dabei. Wer hat je etwas von der grönländischen Fußballnationalmannschaft gehört? In einem Internet-Forum haben sich mal Fans über das Thema ausgetauscht. Da stand, sie gehörten nicht zu Dänemark. Und auch nicht zur UEFA oder FIFA. Sie gehörten „eigentlich nirgends dazu“.

Sehen Sie? Sie sehen nichts …

Allerdings ist dieses Schicksal offenbar nicht ganz freiwillig gewählt. Grönland bemüht sich wohl seit Jahren schon, in die großen internationalen Fußballverbände aufgenommen zu werden. Wissen Sie, woran das scheitert? Am fehlenden Naturrasenplatz. Tja. Grönland liegt eben am Polarkreis. Da wächst kein Gras. Wer Fußball spielen will, muss mit einem Sandplatz Vorlieb nehmen. Gleich neben dem Polarmeer. Immerhin hat die FIFA Grönland vor kurzem den einzigen Kunstrasenplatz des Landes geschenkt. Wahrscheinlich als Trost. Das Spielfeld ist mit seinen 68 mal 34 Metern aber zu klein für internationale Spiele.

Wahrscheinlich um nicht doch falsche Hoffnungen zu wecken.

Wer im südafrikanischen Winter schon Probleme mit Erkältungen hat und sonst auf Rasenheizung spielt – wie sollte der eine WM in Grönland überstehen? Schon wahr. Auch die Grönländer selbst müssen sich mit ihrer nationalen Meisterschaft höllisch beeilen. Die Saison im vergangenen Jahr dauerte laut Spox.de ganze sechs Tage und fünf Spiele. Eine Hauptrolle habe ein Eisberg rund 50 Meter vom Spielfeld entfernt gespielt. „Der verlor das Gleichgewicht und drehte sich während der Nationalhymne (Nunarput utoqqarsuanngoravit) einmal um 180 Grad“, berichtete die Sportnachrichtenseite. „Das passiert, wenn der kleine Teil an der Oberfläche schneller schmilzt als der Rest im kalten Wasser. Spieler, Schiedsrichter und Zuschauer ließen ihre Hymne für einen Moment Hymne sein und wendeten sich dem eisigen Spektakel zu.“

Sie können einem fast leid tun, die grönländischen Fußballer und Fußballfans. Bis zu 2000 Kilometer reisen sie da zur Saison zum einzigen Fußballstadion ihres Landes an. Und was ist die internationale Anerkennung dafür? Die Teilnahme an der VIVA-WM.

VIVA-WM? Das haben Sie sicher auch noch nie gehört, stimmt’s?

Zur VIVA gehören nur Fußballnationen wie Grönland oder auch etwa Lappland – ohne eigenen Rasenplatz. Auch Regionen oder Länder ohne internationale Anerkennung wie etwa die Pseudo-Nation Fürstentum Sealand, das auf einer Bohrinsel vor der englischen Küste liegt. Und auch Länder wie Monaco, Tibet oder Tschetschenien spielen mit. Schauen sich nur Eingeweihte an. Und bringt natürlich auch kein Geld in die Kasse. Nur etwas für echte Überzeugungstäter also.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 29.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Uwu Lena

bei uns vor dem Haus lief gerade wieder ein kleiner, trauriger Elefant vorbei. Tööröööö. Klang zumindest so (siehe Newsletterausgabe vom 21.6.).

Ist Ihnen eigentlich mal aufgefallen, dass Uwe Seeler und Vuvuzela fast gleich klingen? Ist aber wohl nur so, wenn man es falsch ausspricht. Wenn Sie es dagegen richtig aussprechen, klingt es sogar ganz gleich. Geben Sie mal „uwe seeler“ in Ihre Lieblingssuchmaschine ein. Ganz viele neue Treffer gehen so oder ähnlich: „bla bla bla Uwe Seeler.“ „Uwe Seeler?“ „Nein, Vuvuzela.“

Dem Privatradiosender FFH sagte Uwe Seeler vor kurzem, er finde das lustig, dass sein Name immer mit der afrikanischen Tröte verwechselt werde. Und Ohrstöpsel habe er sich für seine Stadionbesuche noch keine gekauft. Er wolle doch die Stadionatmosphäre mitbekommen. Das hätte ich auch nicht anders von ihm erwartet (siehe Newsletterausgabe vom 24.6.).

Aaahh! Jetzt verstehe ich auch endlich, warum sich diese Studententruppe aus Münster „Uwu Lena“ nennt – kleine Reminiszenz auch an den großen Stürmer …

Uwu Lena kennen Sie sicher auch schon längst, oder? Die haben aus dem European Song Contest-Siegerlied „Satellite“ von Lena Meyer-Landrut ein WM-Lied gedichtet. Und dazu im Münsteraner Südpark ein launiges Video aufgenommen, in dem ein ziemlich behaartes Lena-Double und ein Haufen Deutschland-Fans zu Eins-A-Lena-Mucke singt: „Schland o Schland. Wir sind von Dir begeistert“. Und weiter: „In Südafrika, ja da wollen es alle wissen. Darum feiern wir Dich schon heute wie die Weltmeister.“

Auch so ein Sommermärchen: Erst kamen ein paar Anwälte und forderten, dass die Studenten das Video aus dem Internet nehmen sollen. Urheberrecht. Dann kamen ganz viele Fans, die forderten, es solle drinbleiben. Das Filmchen hatte sich bei Youtube rasch mehr als eine Million mal geklickt. Die Anwälte zogen sich zurück und die Plattenindustrie kam, um das Lied schnell als CD herauszubringen. So geht die Geschichte. Oder Legende? Das fragte ein ARD-Fernsehteam die ebenfalls launige, aber viel traditionsreichere Musikgruppe „De Höhner“ („Die Karawane zieht weiter“). Der Sänger meinte daraufhin vielsagend: Mal eben eine CD herauszubringen, das würde schon mindestens ein paar Wochen dauern. „Aber ist doch egal“, fügte er dann gut gelaunt hinzu. Genau. Egal.

Übrigens können Vuvus auch ganz anders klingen als im Stadion. Falls Sie das mal hören wollen, geben Sie mal „vuvu orchestra“ bei Youtube ein. Viel Spaß damit. Und natürlich weiter viel Spaß bei der WM! Schland o Schland …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 28.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Uwe Seeler

neulich war Uwe Seeler zu Gast in einer dieser Freitagabend-Talkshows beim NDR-Fernsehen. Es ging um Fußball, klar. Und dann sagte Uwe Seeler: „Ich verstehe ja nichts von Fußball, deswegen kann ich ihn auch erklären.“ Und lächelte.

Ich fand ihn sofort sehr sympathisch.

Als ich noch ein Kind war, habe ich mal ein Buch meines zweieinhalb Jahre jüngeren Bruders gelesen: „Manni, der Libero“. Ich habe immer schon gelesen, was nicht bei drei auf dem Baum war. Eben auch das. Darin geht es um den Jungstraum schlechthin: Profi-Fußballer zu werden. Und wie alle kleinen Fußballfans – zumindest damals, wahrscheinlich noch heute – betete Manni Uwe Seeler an. In dem Buch war Uwe Seeler ein Gott.

Ich glaube, Manni trifft ihn darin sogar mal leibhaftig, aber ganz sicher bin ich mir jetzt nicht. Jedenfalls gelingt es ihm, sich in die Jugendnationalmannschaft hochzuspielen. Und dabei einiges über den Ernst des Profi-Spielerlebens und Geld als Anreiz für sportliche Leistung zu lernen. In dem Buch geht es viel um Idealismus und die Freude am Sport. Da hat sich Manni unter den vielen großen deutschen Fußballern ein sehr gutes Vorbild ausgesucht, finde ich.

Nicht nur, dass Uwe Seeler ein waschechter Torjäger war („Wir Deutschen haben die Eigenschaft, wenn wir das Eckige sehen, den Ball auch reinzumachen …“). Er wirkt auch wie der freundliche, lustige Nachbar, dem man vor dem Urlaub gern die Schlüssel für den Briefkasten in die Hand drückt.

Und er vollbringt Großtaten, die in dem Metier – wenn nicht gar überhaupt – nicht selbstverständlich sind. So setzt sich der legendäre Stürmer, der zeitlebens für den HSV gespielt hat und für seine Fallrückzieher berüchtigt war, für dessen Erzkonkurrenten in Hamburg ein: St. Pauli. Es gibt Fotos, auf denen sich ein breit lächelnder Uwe Seeler neben dem Pauli-Präsidium ein „Retter“-T-Shirt vor den Bauch hält.
Uwe Seeler hat sich schon hingestellt und eigenhändig Dauerkarten für Pauli verkauft …

Konkurrenz belebe den Sport, begründete er seine Entwicklungshilfe für den wirtschaftlich oft prekär dastehenden Konkurrenten. Und gab dann wieder den strahlenden Herrn Harmlos.

Der ehemalige Redakteur des St.Pauli-Fanmagazins „Der Übersteiger“, Mike Glindmeier, berichtet in der Rubrik „einestages“ bei Spiegel Online, wie er Uwe Seeler 1997 um ein Interview bat. Seeler sollte Einschätzungen zu den Nationalmannschaften abgeben, die im Jahr darauf bei der WM in Frankreich antreten sollten – für ein Sonderheft des Fanzines. Die Idee für das Interview bezeichnet Glindmeier als Schnapsidee in bierseliger Runde. Und Uwe Seeler? Sagte sofort zu und antwortete geduldig und freundlich. Beim anschließenden Fotoshooting machte er jeden Spaß mit.

„In der Schule mied man die Anhänger vom anderen Verein, wenn man sie nicht gerade beschimpfte“, schreibt der Pauli-Fanmagazinredakteur. „Jetzt stand ich also hier und knipste den größten HSVler aller Zeiten mit unserem St.Pauli-Magazin in der Hand. Unglaublich.“ Seeler ließ sich sogar mit einem Pauli-Trikot fotografieren. In der Talkshow erklärte er, er sei der wohl einzige HSVler, der im Pauli-Stadion gern gesehen werde. Wo wäre er das nicht?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 24.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Busfahrersohn

neulich beim Spiel Deutschland gegen Australien. Ich so: „Was? Vier zu null? Wann war denn das Drei zu null??“ Mein Mann: „Gerade, als der Kommentator das mit dem Busfahrer gesagt hat …“

Busfahrer? Darüber hatte ich so gelacht, dass ich das Tor verpasst habe …

Gut, ich hatte mich auch gerade ein wenig damit abgelenkt, am Laptop etwas über Vuvu- und Kuduzela im Internet nachzulesen (siehe Newsletterausgabe von Montag, 21.6.) –, als der Moderator sagte, jemand sei der „Sohn eines Busfahrers“. Ich: „Was will er uns denn damit sagen?“ Sofort hatte ich die Vorstellung von einem Mann im Trikot mit einem unsichtbaren, wagenradgroßen Steuer in der Hand, der den rechten Fuß durchtritt. Und habe mich gefragt, ob das vielleicht die Torjäger-Qualitäten verbessert.

Dann fiel mir ein: Es war ja nur der Sohn des Busfahrers … Als ich mich wieder beruhigt hatte, fiel dann schon das Vier zu null …
Trotz Vuvuzelas wohlgemerkt …

Vor dem Spiel hatten mein Mann und ich uns über die entertainerischen Fähigkeiten deutscher Sportreporter unterhalten. Verglichen mit süd- und osteuropäischen oder orientalischen Reportern oder auch den deutschen Kommentatoren von früher oder heute im Radio eher dröge – und oft unfreiwillig komisch.

Die großteils kleineren Männer, die mein Mann nach der Arbeit oft in seinem Lieblingsstehcafé trifft, finden diesbezüglich auch bemerkenswert, dass ein Spruch wie „zu klein, um an den Ball zu kommen“ auch in der Nach-Maradona-Ära – der weltbeste Spieler war ja nur einen Meter sechzig klein – mit schöner Regelmäßigkeit kommt …

Aber vielleicht gehört das mit dem Busfahrer auch nur in die Schublade Journalisten und Synonyme. Im heiteren Synonyme-Suchen sind ja schon wir Wirtschaftsjournalisten nicht schlecht („Mainmetropole“, „Branchenprimus“, „Rüsselsheimer Autoschmiede“). Und die Sportkollegen auch („Der Leimener“, „der Kerpener“, „der Torwart-Titan“). Soll einem keiner nachsagen, man ließe sich nichts einfallen …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 22.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Vuvuzela

was ist groß, sieht aus wie ein gigantisches Schlauchboot und summt wie ein Hornissenschwarm?

Ein WM-Stadion in Südafrika.

Das war jetzt einfach, oder? Ich habe das allerdings erst beim Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Australien erfahren. Als ich nebenher ein bisschen gegoogelt habe, weil wir auf dem heimischen Sofa wissen wollten, woher der Schiedsrichter kommt. Dabei bin ich auf eine Reihe von Nachrichten über die Vuvuzela gestoßen.

Vuvuzela? Genau: Töööröööö!

Einzeln klingt sie wie ein Elefant, zusammen wie ein wütender Hornissenschwarm. Sie gilt als das Symbol des südafrikanischen Fußballs schlechthin. Günther Netzer hat mal bei einem Studiogespräch einen ganz eindrucksvollen Lachanfall wegen der Tröte bekommen. ARD und ZDF und noch ein paar Einzelpersonen – um genau zu sein: die Kapitäne Argentiniens und Frankreichs, die ja nicht sooo toll gespielt haben – wollten die Vuvuzuelas in den Stadien am liebsten gleich verbieten lassen. Die Kapitäne, weil sich ihre Mannschaften offenbar nur durch Zuruf darüber verständigen können, wo jetzt nochmal das Tor war und die Sender wahrscheinlich, weil die Moderatoren heiser werden. Ich fand es frech. Glücklicherweise hat das WM-Komitee des Gastgeberlandes das denn auch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen – nur wenn die Fans die Vuvuzuelas als Wurfgeschosse zweckentfremden, wolle man drüber nachdenken, hieß es …

Sollen sie sich doch Vuvu-Stops in die Ohren stecken. Und Lippenmikros verwenden …

Oder – wenn sie denn nette Fans sind – einfach auf Kuduzelas umsteigen. Ein PR-Gag der Naturparkbehörde Südafrikas. Den hatte sie im vergangenen Jahr vorgestellt, nachdem sich schon die brasilianische Nationalmannschaft nach einem Confed-Cup-Spiel über die Tröten beschwert hatte. Anders als die Vuvus gehen Kuduzelas nicht gerade bis zu einem Meter nach vorn und dann auf, sondern sind den spiralförmig geschwungenen Hörnern der Kudu nachempfunden, einer Großantilopenart. Soll angeblich angenehmer für das menschliche Ohr klingen.

Herausfinden werden wir das diesen Sommer wohl nicht mehr. Denn leider haben sie offenbar vergessen, die Dinger herzustellen. Falls Sie also noch ein wenig Lärm machen wollen, werden Sie sich wohl eine Vuvu kaufen müssen. Gibt es im Internet. Viel Spaß bei der WM!

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 21.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

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Cola-Raketenauto

haben Sie und Ihre Schulkameraden sich damals auch gegenseitig erzählt, ein Stück Fleisch löse sich in einem Glas Cola binnen einer Stunde restlos auf?

Ich habe das dann mal mit einem Stück Hühnchen ausprobiert. Nach einer Stunde war es noch da. Ich habe damals angenommen, es hätte vielleicht daran gelegen, dass das Fleisch gut durchgebraten war. Ein rohes Stück hatte ich dann gerade nicht zur Hand und habe das Experiment dann vergessen.

Heute erzählen sich die Schulkinder anscheinend, Cola und Mentos zusammen bringe Kinder um. Angeblich soll ein zehnjähriger Brasilianer gestorben sein, nachdem er eine Flasche Diätcola getrunken und ein Mentos-Bonbon gegessen haben soll.

Gruselig, dachte ich da. Hoffentlich probiert das bloß kein Schulkind aus …

Dem Schulkind würde allerdings wohl nicht mehr zustoßen, als meinem Stück Fleisch damals – es würde vielleicht ein wenig blass werden, sonst nichts. Denn die Geschichte ist offenbar nur noch so ein Cola-Mythos. Stand jedenfalls im Internet. Diverse Seiten erklären sich den Mythos mit den vielen Raketenexperimenten, die Menschen in aller Welt seit einiger Zeit mit Cola light und Mentos unternehmen. Was sprudelt wie Wasser in Salzsäure, ist sicher auch tödlich wie Salzsäure, denken offenbar ganz viele Menschen. Vielleicht erinnern Sie sich ja noch: Sie nehmen ein Mentos und lassen es schön langsam in eine Flasche Cola light plumpsen. Das gibt eine sehr hübsche Fontäne. Fast vier Meter hoch …

Probieren Sie das nur bitte nicht in Ihrer Kaffeeküche – gibt Ärger mit der Putzkolonne …

Natürlich können Sie sich das auch einfach im Internet angucken. Ganze Schulklassen stellen ihre Versuchsvideos online. Bis Sie alle Mentos-Coke-Videos bei Youtube durchgeguckt haben, ist wahrscheinlich Wochenende …

Ein Video lohnt sich aber auf jeden Fall: das mit dem Mentos-Cola-Raketenauto.

Das haben zwei Wissenschaftler konstruiert. Die beiden Amerikaner haben sich vor einiger Zeit zur Produktionsfirma „Eepy Bird“ zusammengetan und filmen seither lustige Experimente ab, gleich mehrere zu Cola und Mentos. Von denen werden sie auch gesponsert. Klar, so viele Brausegetränke gehen sicher ins Geld … Trotzdem lohnt sich das Anschauen. In dem Filmchen stellen die beiden Daniel Düsentriebs aus einem Fahrradwägelchen, 108 Flaschen Coke Zero, 648 Mentos-Bonbons sowie diversen Plastikrohren aus dem Baumarkt das Raketenauto her. Bei Eepybird.com steht über dem Video, man solle das nicht ohne professionelle Hilfe selbst ausprobieren.

Fragen Sie sich nun auch, unter welchem Stichwort man da wohl in den Gelben Seiten suchen müsste? Egal. In jedem Fall sollten Sie aber für das Raketenautoexperiment nicht nur die Kaffeeküche meiden, sondern unbedingt auch noch 70 Meter Platz in Fahrtrichtung lassen. So weit fuhr das Raketenauto (221 Fuß = 67,3608 Meter) nämlich …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 17.06.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Veröffentlicht unter Aha...