Bauarbeiterhelm

über meinem Schreibtisch auf dem Regalbrett liegt ein gelber Bauarbeiterhelm. Ja, genau: aus Kunststoff und mit zweckmäßiger Plastik-Abfederung innen drin und außen ein paar merkwürdigen Nieten. Auf der Seite noch ein Logo, das mich an irgendwas mit Bergarbeitern erinnert.

Gut, es ist sicherlich nicht der modernste und formschönste Helm. Aber er erfüllt seinen Zweck: mich daran zu erinnern, auf den Arbeitsschutz zu achten.

Das klingt jetzt vielleicht merkwürdig, finden Sie?

Schließlich hantiere ich weder mit irgendwelchen bösen Chemikalien, noch laufe ich unter schwankenden Gerüsten hin und her oder arbeite an Maschinen, die mir die Finger einklemmen könnten.

Genau wie Sie wahrscheinlich auch, sitze ich die meiste Zeit am Schreibtisch und telefoniere, lese und schreibe E-Mails sowie kleinere und größere Artikel wie etwa diesen Newsletter. Gelegentlich besuche ich eine Pressekonferenz oder fahre für eine Werksbesichtigung oder ein Interview zu einem Unternehmen. Auch Kongresse und Messen suche ich auf.

Vor einiger Zeit stand in einem Fachmagazin für Journalisten mal ein Artikel über Arbeitsschutz in Redaktionen. Da stand drin, dass auch für Kopfarbeiter wie mich neben dem ergonomischen Arbeitsschutz ein psychologischer Arbeitsschutz sinnvoll ist. Der Artikel hat mich nachdenklich gemacht und war auch der Anlass, bei ebay den Helm zu ersteigern. Dachbodenfund. Denn auch ich arbeite wie die meisten Kollegen oft unter Zeitdruck und an der Auslastungsgrenze oder darüber hinaus. Und sitze daher bisweilen nachts am Computer – womöglich verschnupft.

Klar, leere Seiten abzuliefern, das geht nicht. Notfalls arbeite auch ich lieber angeschlagen, als nicht oder nicht rechtzeitig zu liefern. Andererseits lassen sich manche Aufträge im Notfall auch verschieben. Immerhin bin ich bereit, umzudisponieren, wenn ich kann. Das ist offenbar schon mal nicht die Regel.

Das habe ich vergangenes Wochenende wieder gesehen. Da war ich in Berlin und hatte ein Stadtmagazin aufgeschlagen. Das Editorial schilderte eindrucksvoll, wie bei der Produktion der betreffenden Ausgabe ein Redaktionsmitglied nach dem anderen schlapp gemacht hatte. „Höchstes gemessenes Fieber: 39,5“, stand da. Die Kollegen freuten sich über das hohe Maß an Kollegialität.

Und das sicherlich zurecht – nicht dass Sie mich da falsch verstehen.

Aber ich frage mich schon, ob es nicht sogar noch kollegialer gewesen wäre, wenn der erste fiebernde Kollege zuhause geblieben wäre und den übrigen Kollegen so erspart hätte, sich reihenweise anzustecken.

Ich als Freiberuflerin habe gut reden, werden Sie jetzt denken. Und da haben Sie ja auch wieder recht. Andererseits habe ich auch keinen Gesundheitsbeauftragten, der für gute Arbeitsbedingungen sorgt. Ich muss selbst darauf achten, dass die möglichst wenig auf Verschleiß angelegt sind.

Mein Bildschirmarbeitsplatz ist leidlich ergonomisch. Gelegentlich schaue ich aus dem Fenster. Ich esse und trinke regelmäßig und versuche, ausreichend zu schlafen. Sport gehört für mich ebenso zum Alltag, wie die ein oder andere Entspannungsübung. Kontakte zu Freunden und Familie pflege ich so gut es geht. Und meine Lesebrille für den Computer werde ich auch demnächst endlich reparieren lassen. Versprochen.

Mich daran auch zu erinnern, wenn es mal wieder richtig dicke kommt, dafür liegt der gelbe Helm in meinem Regal. Und erfüllt seinen Zweck. Meistens jedenfalls.
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 19.02.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Abwrackprämie

fangen Sie schon mal an zu horten. Ich persönlich werfe längst nichts mehr weg. Vielleicht kann ich ja eine Abwrackprämie dafür kassieren.

Das glauben Sie nicht? Wieso, könnte doch gut sein.

Die Abwrackprämie für Autos kommt jedenfalls super bei den Leuten an. Da prämiert der Handel nun offensichtlich die Vorschläge seiner Mitarbeiter, was sonst noch alles abwrackprämienwert wäre. Und da gibt es richtig gute Ideen.

Alte Kühlschränke und Fernseher brachten vor ein paar Wochen bei einer großen Elektronikhandelskette Geld ein. Und nun alte Koffer. Ob es wohl auch mein alter Reiserucksack tun würde? Oder die schon leicht schrottige Reisetasche? Weil, sonst müsste ich mir nämlich überlegen, ob sich das Abwracken wirklich lohnt. Denn die 150 Euro Kofferabwrackprämie müsste ich in einen neuen Koffer investieren, um die Reise für 2500 Euro antreten zu können, für deren Buchung ich das Geld bei einem Iserlohner Reisebüro bekäme. Darüber muss ich noch mal nachdenken.

Begutachte ich doch mal meine geliebte Schuhsammlung. Immerhin bringen auch Schuhe und Stiefel bei der ein oder anderen Schuhhandelskette – ja genau: Abwrackprämien.

Richtig viel Geld hätte ich wohl nebenher einnehmen können, wenn ich nicht schon vor drei Wochen mal wieder ausgemistet hätte. Da habe ich gut und gerne ein halbes Dutzend Tüten im Altkleidercontainer versenkt.

Hätte ich das mal bloß nicht gemacht!!

Dann hätte ich jetzt sicherlich eine Stange Geld an Kleiderabwrackprämie bei einer bekannten Modemarktkette verdient. Dafür hätte ich die Säcke nicht mal selbst in die Stadt schleifen müssen. Ich hätte sie so sogar online zum Abholen anmelden können und dafür meinen Abwrackprämiengutschein gleich ausdrucken können, um unbeschwert loszuziehen.

Schon toll, was die Konjunktur so alles ankurbelt, finden Sie nicht?

Gut, bei der Abwrackprämie für Autos gilt der wirtschaftliche Erfolg als bescheiden.

Klar, wenn vor allem ausländische Kleinwagenhersteller davon profitieren.

Aber vielleicht ist es ja nicht schlecht, beizeiten sein Geschäft um lohnenswertere Aktivitäten anzureichern. In der Entsorgungswirtschaft mit ihren üppigen Gewinnen findet sich sicher die ein oder andere Nische – das wäre doch vielleicht für das ein oder andere Handelsunternehmen bei den hierzulande hauchzarten Margen auch langfristig eine gute Verdienstmöglichkeit. Meinen Sie nicht?

Vielleicht würde das ja die ein oder andere Gesellschaft vor der drohenden Insolvenz bewahren. Die Insolvenzgeldumlage zahlen Sie dieses Jahr übrigens gleich doppelt. Warum und worauf Sie seit Jahresbeginn achten sollten, erfahren Sie in dieser Newsletterausgabe.
Ich harre jetzt der Abwrackprämie für Kaffeemaschinen und Wasserkocher – beide haben vor wenigen Tagen praktisch zeitgleich den Geist aufgegeben. In ausreichender Stückzahl halte ich auch angebrochene Cremes und Shampooflaschen vor. Man weiß ja nie. Und für den Fall dass mir demnächst mein Lieblings-Zeitungskiosk eine Altpapierabwrackprämie zahlt, lagere ich zur Freude unseres Hausmeisters vorsichtshalber schon mal ein paar Stapel und Tüten vor der Wohnungstür.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 17.02.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html

Zufall

Neulich am Telefon, war ich mal wieder verwirrt.

Da rief mich eine freundliche Frauenstimme an und meldete sich mit „Trautmann“. Ich war verblüfft: „Frau Trautmann?“ Keine fünf Minuten zuvor hatte mir eine andere Frau Trautmann – ebenfalls sehr freundlich, aber ganz andere Stimme – ihren Rückruf für in etwa einer halben Stunde angekündigt.

Sie denken es sich sicher schon: Es war eine andere Frau Trautmann.

Damit hatte meine sich rasch legende Verwirrung denn auch schnell erklärt. Ob ich das Attachment habe öffnen können, fragte sie mich. Ich versuchte es und erklärte derweil, ich hätte das bislang offen gestanden noch nicht versucht, weil mir ja dankenswerterweise schon Herr Henning einen sehr ausführlichen Artikel mit den wichtigsten Infos geschickt habe. Es würde funktionieren – vielen Dank.

Nun merkte ich, dass Frau Trautmann verwirrt war. „Herr Henning?“ fragte sie mich, hörbar überrascht. Wie sich herausstellte, heißt Frau Trautmanns Azubi ebenfalls Henning – nur war das ein anderer Herr Henning als der, von dem ich gesprochen hatte…

Lustiger Zufall, finden Sie nicht auch?

Solche Telefonate mag ich gern. Und ich schwöre – ich habe es mir nicht ausgedacht! Würde ich auch gar nicht erst versuchen – viel zu konstruiert… Das wahre Leben ist eben besser, als jede Erfindung.

Auch und gerade in den kleinen und vielleicht wenig bedeutsamen Details. Zum Beispiel in dem, dass ich am selben Tag einen Krimi fertig gelesen hatte, in dem eine der großen wissenschaftlichen Theorien eine Rolle spielt, die Menschen sich ausdenken, um mit dem Phänomen Zufall zurechtzukommen: „Schilf“ von Juli Zeh. In den Fall sind zwei Physiker verwickelt – und eine Annahme, die Forscher als Viele-Welten-Theorie handeln. Die geht so: Es ist dermaßen unwahrscheinlich, dass es uns Menschen gibt, dass hierfür entweder ein höheres Wesen verantwortlich ist – „Gott würfelt nicht“, hat Albert Einstein ja auch mal erklärt – oder dass es ebenso viele Welten wie Möglichkeiten gibt – mit und ohne uns. Oder ganz viele Welten, in denen Sie und ich gerade nicht vor dem Computer sitzen, sondern woanders.

Der Zufall ist ja von jeher umso faszinierender, je unwahrscheinlicher er ist und je sinnvoller oder folgenreicher er aussieht. Ein bisschen hat das aber sicherlich auch mit Wahrnehmung zu tun, nehme ich an. Denken Sie mal an den Klassiker: Sie denken an jemanden und im Moment darauf ruft der Sie an. Klar, so was merke ich mir auch. Aber: Wie oft hat mich umgekehrt jemand, an den ich gerade gedacht habe, nicht angerufen? Oder hat mich jemand angerufen, an den ich nicht gedacht habe? Max Frisch sagte mal: „Es ist immer das fälligste, was einem zufällt.“

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 09.06.2009, http://www.bwr-media.de