Unfälle

welche junge Familie hat nicht schon darüber nachgedacht, mit Kind und Kegel raus aufs Land oder zumindest in einen Vorort zu ziehen? Klar, wir auch. Der Garten fürs Kind hat seinen Reiz. Behütete Kindheit. Weniger Autos…

Andererseits fühlen wir uns in der Stadt sehr wohl und genießen kürzere Wege und das vielfältigere Kultur-Angebot. Rausfahren können wir immer. Deswegen bleiben wir. Für Leute wie uns gibt es nun frohe Kunde: Eine wichtige Sorge weniger: Dass der Straßenverkehr hier unser Kind stärker gefährdet, als auf dem Land.

Das tut er nämlich nicht. Wer hätte das gedacht?

Obwohl ich seit vielen Jahren in Städten wohne, stelle auch ich mir das autoumtoste Stadtleben viel gefährlicher vor, als idyllisch-ruhige Dorfsträßchen mit Nachbarn, die alle aufeinander aufpassen. Pustekuchen. Tatsächlich ist der Verkehr auf dem Land oder in den Vororten deutlich gefährlicher, als in der Stadt. Das fanden nun Verkehrsforscher der Technischen Universität (TU) Dortmund heraus.

Und wir reden hier nicht von statistischen Kinkerlitzchen.

Nein. Das Risiko, tödlich zu verunglücken, liegt schon für Bewohner der dicht besiedelten Umlandkreise großer Städte rund 40 Prozent höher, als für die Stadtbevölkerung. Wer richtig weit draußen wohnt, für den ist das Risiko im Straßenverkehr zu sterben, sogar zwei- bis dreimal so hoch. Ähnlich bei Unfällen mit schweren Verletzungen – also nach denen Personen stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das Risiko hierfür liegt das Risiko in ländlichen Kreisen immerhin rund 70-100 Prozent höher als in Großstädten.

Und die Stadt ist wirklich für alle sicherer. Schon die Kleinsten verunglücken im Grünen drei bis fünf mal häufiger tödlich. Klar, wenn einer die Landstraße nur so entlang brettert und riskant überholt, gefährdet er alle. Und für Fahranfänger auf dem Land – also Heranwachsende – explodiert das Risiko sogar. Schließlich hat die Landjugend ihr erstes Auto mit 18 vor der Tür und gurkt dann von Schützenfest zu Schützenfest oder in die umliegenden Diskos. Stadtjugendliche dagegen haben am Wochenende Nachtbus und Straßenbahn. Und oft nicht mal einen Führerschein.

„Es mag viele Gründe geben, die Städte zu verlassen und in das Umland zu ziehen. Aus der Perspektive der Verkehrssicherheit ist Haushalten anzuraten, besser in der Stadt zu bleiben“, bilanzieren die Studienautoren Christian Holz-Rau und Joachim Scheiner, Professor und Privatdozent für das Fachgebiet Verkehrswesen und Verkehrsplanung der Fakultät Raumplanung der TU Dortmund. „Für Familien gilt dies in besonderem Maße.“

Fragt sich nur noch, woher die Städte ihren schlechten Ruf haben?

Weil wir Statistiken leider nicht so genau lesen. Es gibt viel mehr Unfälle mit leicht Verletzten, als schwere oder tödliche Unfälle. Und das Risiko, leicht zu verunglücken, liegt eben in Städten deutlich höher. Die dürfen sich von nun an reingewaschen fühlen – zumindest, was die wirklich gefährlichen Unfälle betrifft.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 15.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html