Schraubstollen

was lässt sich an- und abschrauben, ist mal länger und mal kürzer, konisch oder zylindrisch und ermöglicht fußballerische Leistungen wie das Wunder von Bern?

Schraubstollen in den Fußballschuhen, klar.

Übrigens eine weitere Episode aus der Reihe „Wer hat’s erfunden?“. Kurz für Nicht-Fußballfans: Schraubstollen sind dazu da, sich in den Rasen einzugraben, wenn der aufgeweicht ist. Den Spielern der deutschen Nationalmannschaft gaben sie im Weltmeisterschaftsendspiel gegen Ungarn 1954 bei dem starken Regen offenbar genau den Halt, den sie für den völlig unerwarteten WM-Sieg brauchten. Noch heute eine Legende. Großes Kino.

Doch wie die meisten richtig guten Erfindungen auch – sei es Glühbirne, Dampfmaschine oder Toaster (siehe Newsletterausgaben vom 5.5. und 8.6.2009) – wurden auch die Schraubstollen mehrfach erfunden. Und wie so oft gebührte die Ehre nicht dem ersten, sondern dem wirtschaftlich geschicktesten Erfinder. Im Fall der Schraubstollen adidas-Gründer Adolf Dassler. Er hatte die WM-Schuhe geliefert. Adidas wird jetzt 60 Jahre alt. Zeit, an vergangene Leistungen zu erinnern. Das findet indes nicht nur adidas, sondern auch Werner Salot, Sohn desjenigen, der die heutige Schraubstollentechnik eigentlich erfunden hat: Schuhmachermeister Alexander Salot.

Gut, auch für Fußballstollen gab es schon vorher Patente – 1925 und 1931, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet –, aber die einen wurden auf Lederstreifen und die anderen auf einer Platte unter dem Schuh befestigt. Ganz andere Technologie also.

Bis heute werden Fußballstollen nach Salots Technik verschraubt. Als adidas-Gründer Dassler seine Schraubstollentechnik am 28. November 1952 anmeldete, spielten Salots Schützlinge, der Blumenthaler SV also, bereits seit mehreren Saisons erfolgreich mit Salots Schraubstollen. Dasselbe Prinzip wie bei Dassler, aber Leder statt Nylon. Und eben älter. Der Rest ist Firmengeschichte, während von Salot bis heute kaum jemand etwas gehört hat. „Ich bin nicht der Racheengel, der überall seine Blutspuren hinterlässt“, erklärt Werner Salot. „Ich will dass die Lebensleistung meines Vaters gewürdigt wird.“

Und das wird sie nun. Ehre, wem Ehre gebührt.

Unter Überschriften wie „Das Wunder von Bremen“ oder „Das Wunder von Blumenthal“ lassen Sport- und Lokalredaktionen aus Nord und Süd Erfinder Salot dafür hochleben, dass er am 30. August 1949 – gut drei Jahre vor Dassler – das Patent mit der Nummer 815 761 für „Fußballstiefel o. dgl. mit auswechselbaren Gleitschutzstollen“ beim Patentamt in München anmeldete. Der Spiegel schrieb am 2. März 1950: „Ohne darüber zu sprechen, entwickelte Meister Salot eine Leichtmetall-Einlage mit Stahlgewinde-Kern, versah die Stollen mit einem Gewinde und schraubte seinen Vereinskameraden je nach Platzverhältnissen konische, flache zylindrische, hohe oder niedrige Stollen in die Fußballstiefel ein. Salots Schützlinge schossen prächtige Tore.“

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 03.09.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html