Schleimpilze

neulich war da mal wieder eine Nachricht aus der Abteilung „Was wir von Tieren – oder besser: Mikroorganismen lernen können“.

Heute: Die Schleimpilze. Das Thema: Effiziente Organisation.

Hätte ich ja auch nicht gedacht, dass wir uns gerade bei diesen Viechern etwas abgucken können. Schließlich gelten sie als niedere Lebewesen. Wenn Sie mich gefragt hätten, hätte ich eher auf sozial organisierte Insekten wie Bienen oder Ameisen getippt. Oder vielleicht Katzen – die lassen ganz effizient ihren Menschen für sich arbeiten. Oder Wale, so wirkungsvoll die weltumspannend kommunizieren.

Schleimpilze sind aber offenbar noch viel effizienter. So effizient, dass sich von ihnen noch Ingenieure etwas abgucken können, schreibt Welt Online. So effizient wie die U-Bahn-Planer von Tokio.

Wenn ich mal auf die Treffer einer namhaften Suchmaschine vertraue, heißt das: ziemlich effizient. Gleich die ersten paar Seiten preisen das unterirdische Verkehrsangebot der 13 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt Japans als einfachste Möglichkeit, von Ort A nach Ort B zu kommen oder auch „farbenfrohes Meisterwerk der Logistik“. Laut Online-Lexikon Wikipedia mit 2,9 Milliarden Fahrgästen pro Jahr meistfrequentierte U-Bahn der Welt. Bevor sie jetzt rechnen: täglich 7,8 Millionen Fahrgäste, steht da. Also sicher vorbildlich…

Was lernen Sie als Verantwortlicher für die Verkehrsplanung daraus?

Wenn Ihre Ingenieure mal wieder eine U-Bahn-Anlage kreieren sollen, lassen Sie sie vorher ein paar Haferflöckchen auf einem Plan verteilen – an den Stellen, an denen später U-Bahn-Stationen sein sollen. Dann setzen sie einen hungrigen Schleimpilz darauf aus und warten, was passiert.

Genau so haben es Forscher der Hokkaido Universität in Japan in einem Experiment gemacht. Der schleimige Organismus konstruierte daraufhin flugs das passende Wegenetz zu den Futterstationen. „Reflexartig“, berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Science“. Seine Schleimspur ähnelte verblüffend dem Wegenetz der Tokioter U-Bahn, dessen Stationen die Forscher gelegt hatten.
Dem Physarum polycephalum gefällt es offenbar, Wissenschaftler zu überraschen. Für ein paar Haferflöckchen bahnt er sich sogar in Windeseile den besten Weg durch ein Labyrinth. Etwas zu futtern müssen Sie ihm aber schon als Anreiz geben. Sonst wuchert der Pilz einfach irgendwohin. Aber mit je einer Getreideflocke an Ausgang und Eingang des Irrgartens, wich der Pilz aus sämtlichen Winkeln, um sich auf einem einzigen Weg zu sammeln – der direkten Verbindung zwischen den Futterquellen.

Selbst eine eigentlich unüberwindbare Salz-Hürde kann er dann überwinden.

In manch einer Stadt würde seine innovative Verkehrsplanungstechnik sicher wahre Wunder bewirken. Günstiger und effizienter als Dienstreisen zu Fortbildungszwecken nach Japan ist das allemal. Ich sehe ganz neue Jobs auf dem Arbeitsmarkt für Verkehrsplaner entstehen. Sicher auch eine schöne Sparmöglichkeit für die gebeutelten Stadtkassen. Vielleicht schreiben Sie ja mal Ihren Verkehrsbetrieben…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 16.02.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html