Schlafmails

stellen Sie sich vor, Ihr Lieblingskollege ruft bei Ihnen an und fragt, ob diese Einladung zum Kaviaressen heute um 16 Uhr wirklich ernst gemeint ist.

Sie: „Kaviaressen?“

Er: „Ja klar, Du hast mich doch heute um 0.14 Uhr angemailt…“

Sie: „Äh… was?“

Er: „Ja, um 0.14 Uhr kam eine Mail von Deiner privaten E-Mail-Adresse.“ Klicken und Rascheln in der Leitung. „Hier. Sieht auch nicht so aus, als hätte irgendein Spam-Versender Deinen Account missbraucht. Anrede, keine merkwürdige Werbung, Dein Gruß…“. In der Zwischenzeit auch bei Ihnen: Klicken und Rascheln. Mit einem Blick in den Gesendet-Ordner sehen Sie schnell: Tatsächlich – Sie haben Ihren Kollegen angemailt. Nach dem Einschlafen. Vielleicht ein paar mehr Rechtschreibfehler als sonst, aber die Botschaft glasklar: „Komm morgen in diesem Höllenloch hier vorbei. Essen und Drinks, 16 Uhr. Bitte nur Wein und Kaviar mitbringen.“

Und? Sie wissen von gar nichts…

Käme Ihnen das nicht auch höchst beunruhigend vor? So in etwa muss es einer 44-Jährigen Amerikanerin kürzlich ergangen sein. Über ihren Fall hatten Forscher der Universität von Toledo in Ohio im Fachmagazin „Sleep Medicine“ berichtet. Die Frau hatte sich eines Abends gegen 22 Uhr ins Bett gelegt und war dann zwei Stunden später schlafwandelnd losgetapst. Dann hatte sie ihren Computer hochgefahren.

Traditionell haben Schlafwandler bisher bestenfalls Möbel gerückt oder auch mal Geschirr gespült. Die Zeiten ändern sich offenbar. Immer häufiger haben Schlafforscher es einem Bericht der Financial Times Deutschland mit Schlafwandlern zu tun, die nachts losmailen.

„Zzzz-Mails“ nennen die Forscher solche E-Mails.

Die Frau hatte schlafend nicht nur ihren korrekten Benutzernamen samt Passwort eingegeben und die Einladung verfasst. Sie hatte noch weitere Mails geschrieben. In einer stand nur drin: „Was zum…“ Und eine weitere E-Mail hatte die Betreffzeile: „HELP ME P-LEEEEESE“. Die Frau konnte sich an nichts erinnern und erfuhr erst durch die Anrufe irritierter Zeitgenossen von Ihren eigenen Mailbotschaften. Die Schlafforscher nehmen an, dass ihr außergewöhnliches Schlafwandeln mit der Einnahme eines bestimmten Schlafmittels zusammenhänge.

Hört sich lustig an und ist dabei schockierend, finden Sie nicht auch? Und die Forschung hat es in sich. War doch bislang herrschende Lehrmeinung, dass Schlafwandler nur grobmotorisch tätig werden – und nicht kognitiv. Wer also im Schlaf eine Straftat begeht, wird bislang freigesprochen. Weil die Experten stets davon ausgingen, dass sein Geist während der Tat geschlummert hat. Viele nehmen nun an, dass der Fall dieser nächtlichen Mailschreiberin daran rütteln dürfte. Machen Sie also besser ein paar Entspannungsübungen, statt Schlaftabletten zu schlucken. Ist sowieso gesünder. Und falls Sie das Schlafwandeln nicht vermeiden können: Ziehen Sie den PC-Stecker raus und knoten ihn irgendwo an…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.11.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html