Glühbirne

wie wechseln Briten eine Glühbirne aus? Oder genauer: Wie wechseln Briten aus der, wie ein Stadthistoriker schreibt, „seit wahrscheinlich 10.000 Jahren bewohnten“ Gemeinde Glemsford bei Suffolk im Osten Großbritanniens eine Glühbirne aus?

Das kann teuer werden. Und kompliziert dazu.

Hat man ja kürzlich erst lesen können. Also: Dazu braucht es ein paar Gemeindearbeiter, die die Birne auswechseln wollen – nicht ohne vorher einen Blick in die Sicherheitsvorschriften zu tun. Und festzustellen, dass sich im Lauf der Jahre und Jahrzehnte – es handelt sich in diesem historischen, ländlichen Gebiet Englands natürlich um einen historischen Leuchtkörper, der da an einem alten Holzmast vor dem Gemeindehaus brannte – einige Sicherheitsvorschriften geändert haben.

Genau: Oh je!

Den neuen Sicherheitsvorschriften zufolge befand sich der Leuchtkörper zu nahe an Strom führenden Überlandleitungen und Bäumen. „Ein klarer Verstoß gegen die Direktive G39“, stellte der „Daily Telegraph“ fest. Diese Direktive lasse nur eine legale Alternative zu, berichtete das Blatt: Die Lampe muss von geschulten Experten aus dem Gefahrenbereich entfernt und an einem sicheren Alternativstandort neu installiert werden.

Nun hätte das allerdings ganze 8000 Pfund gekostet. Umgerechnet sind das 9700 Euro und gemessen am Gemeindebudget: rund zehn Prozent. Viel zuviel, entschied der Stadtrat. Nicht zuletzt, weil er befürchtete, dass die Reparatur einen Präzedenzfall für weitere ähnliche Fälle schaffen würde. Klar, gab ja schließlich noch mehr Glühbirnen in Glemsford. Und wie sollte man dann später den Bürgern erklären, dass man diese Glühbirnen nicht auswechseln könne, nachdem man die andere teuer hat neu installieren lassen?

Genau. Also wechselten die Glemsforder die kaputte Glühbirne einfach nicht aus.

Nicht dass Sie jetzt vielleicht denken, das sei gerade erst gewesen. Die Geschichte trug sich im Jahr 2007 zu. Und natürlich brannte tatsächlich noch eine zweite Glühbirne durch. Gleicher, offenbar lebensgefährlicher Glühbirnentyp, ebenfalls vor dem Gemeindehaus.
Natürlich birgt es auch das ein oder andere Risiko, seine Bürger einfach im Dunkeln über die Straße tapern zu lassen, das können Sie sich ja denken. Also wog der Stadtrat neu ab – und genehmigte die Baumaßnahme schließlich doch.

Und so haben die Glemsforder ihre Glühbirne ausgewechselt: Sie sperrten die Straße halbseitig und ließen sie aufreißen, um eine Bedarfsampel und einen – nun vorschriftsmäßigen – Laternenmast aufzustellen. Und ich? Warte schon auf die Berichte über den Politikskandal in einer kleinen, ostenglischen Gemeinde – wegen einiger nicht als Haushaltsrisiko einkalkulierter kaputter Glühbirnen. Berufskrankheit.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 30.08.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html