Putzerfische

neulich war da wieder eine dieser Nachrichten aus der Abteilung „Was wir Menschen von den Tieren lernen können“.

Heute: Putzerfische & Co.

Kennen Sie die? Ich hatte noch nie von ihnen gehört. Aber sie liefern sehr kluge Erkenntnisse über das Verhältnis von Geben und Nehmen zwischen Dienstleister und Kunden.

Fangen wir bei den Kunden an: Zielgruppe der Putzerfische ist alles erdenkliche Meeresgetier, das sich die Parasiten abknabbern lassen will. Sie wissen: Wenn Putzerfischmännchen und Putzerfischweibchen zusammen ihre Dienste anbieten, ist der Service am besten, berichtete vor ein paar Tagen die Süddeutsche Zeitung. Längst kein Geheimtipp mehr: Vor einem solchen Putzerfischfamilienbetrieb schwimmen die Kunden notfalls Schlange.

Nun die Anbieter: Für die Putzerfische ist das Putzen der Mitfische eigentlich nur zweite Wahl. Nicht gerade der absolute Traumjob. Lieber noch als von den Parasiten, würden sie von der leckeren Schleimschicht ihrer Kunden zehren.

Das würden die aber natürlich nicht mit sich machen lassen. So haben beide Seiten also ein Geschäftsmodell gefunden, das funktioniert. Aber nicht dass Sie jetzt auch denken, es funktioniere einfach so, von selbst. Das denkt man ja schnell, wenn es um die Natur geht. Nein, ein kleiner Biss hier und dort in die Schleimschicht der Kunden kommt durchaus vor. Aber alles in allem hält es sich die Waage.

Und hier wird es spannend, denn die Frage ist doch: Wie?

Auch im Tierreich muss aktiv dafür gesorgt sein, dass Geben und Nehmen im Gleichgewicht bleiben, zeigen die Putzerfische. In den Familienbetrieben funktioniert das so. Hat das kleinere Weibchen mal frech von der Schleimhaut ihres Kunden genascht, statt brav nur die Schädlinge abzuraspeln, bestraft das stärkere Männchen sie anschließend. Die Kunden wissen das natürlich sehr zu schätzen.

Aber was hat das Männchen davon? Und warum kündigt das Weibchen nicht einfach und zieht den Laden mit ein paar Freundinnen auf?

Auch einfach erklärt: Dadurch dass sich das Weibchen bei den nächsten Kunden diszipliniert zurückhält, bleiben die länger zum Putzenlassen. Und so kann nun das Männchen auch selbst den ein oder anderen Bissen mehr riskieren. Beide Putzerfischchen bekommen insgesamt mehr nahrhafte Parasiten ab – und zusätzlich ein wenig leckeren Schleim. Die Kunden können parasitenfrei das Umherschwimmen genießen. Die paar Blessuren tun ihnen offenbar nicht so weh.

Und allen geht es gut. Sonst würden sie nicht warten und sich disziplinieren (lassen).

Auch für die Verhaltensbiologen sind die Putzerfische spannend. Bislang haben sie nämlich nicht verstanden, dass in Experimenten Unbeteiligte jemanden bestrafen, der eine andere Person übers Ohr gehauen hat – und dafür sogar Geld bezahlen. „Der scheinbar selbstlose Rächer hat durchaus egoistische Gründe“, fasst Redouan Bshaary die Erkenntnisse des Forscherteams in der Zeitschrift „Science“ zusammen. Und überträgt sie vom Putzerfisch auf den Menschen: Der Beobachter wolle mit seiner Bestrafung wohl vermeiden, selbst Opfer des Betrügers zu werden. Und bestraft ihn deswegen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 19.01.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html