Prognosen

eine meiner Lieblingsbeschäftigungen zum Jahresende ist, die Prognosen für das ablaufende Jahr zu lesen. Im Adventstrubel sorgt das meist für die nötige Heiterkeit.

Dieses Jahr allerdings zunächst einmal für Verblüffung.

Hatte doch tatsächlich einer der Weissager orakelt, Popstar Michael Jackson werde sterben. Und Sie wissen es ja selbst: Er ist gestorben. Tatsächlich.

Dann habe ich aber gelesen, dass das auch schon in den Vorjahren regelmäßig vorausgesagt worden war. Da fand ich es gleich weniger beeindruckend. Dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleiben wird, hatte mich sowieso nicht so beeindruckt. „Bei so vielen Prognosen gibt es selbstverständlich immer mal einen Treffer“, weiß auch Michael Kunkel, Mathematiker bei der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP).

Dafür gingen auch gewohnt viele Schüsse ins Leere.

Auch dieses Jahr wurde der US-Präsident nicht gemeuchelt. Auch fand kein großer Terroranschlag auf Berlin oder Frankfurt statt. Nicht eingestürzt ist die Golden Gate Bridge in San Francisco, und auch das sagenumwobene Monster von Loch Ness wurde dieses Jahr nicht eingefangen. Angelina Jolie und Brad Pitt sind auch noch zusammen. Wobei – wenn die sich trennen würden, glaube ich kaum, dass mich die Voraussage überrascht hätte. Ebenso wenig wie die ein oder andere vermeintlich angesagte Naturkatastrophe. Natürlich wird es auch dieses Jahr reichlich angekündigte Sturmfluten, Orkane und Waldbrände gegeben haben – einzeln nachgeprüft habe ich das nicht. Aber es ist ja immer so.

Wer als Astrologe auf Nummer sicher gehen will, hält sich an so was.

Übrigens darf er für seine Ausbildung seit kurzem auch auf staatliche finanzielle Unterstützung setzen. Arbeitslose dürfen die von den Arbeitsagenturen gewährten Bildungsgutscheine in Umschulungen zu Sterndeutern und Geistheilern eintauschen, habe ich gelesen. Immerhin mehrere tausend Euro pro Lehrgang.

Wer weiß, vielleicht wird das ja dann im Bundeshaushalt auch gleich dem Bildungsetat zugeschlagen. Den hat die Bundesregierung dieses Jahr wohl nur dank hütchenspielerischer Zahlentricks mit Ach und Krach auf das angekündigte Niveau hochgeschraubt: indem sie bereits beschlossene oder sonst wie unvermeidliche Ausgaben zu Bildungsausgaben umetikettiert hat, wie der Spiegel kürzlich meldete.

Ein Erwerbsloser weniger. Und ein Ziel mehr erreicht.

Das wäre auch so eine Prognose, die mich kaum überraschen würde: dass auch die neue Bundesregierung mehr verspricht, als sie schließlich wird halten können. Kosten doch Versprechen nichts, wogegen angekündigte Grausamkeiten schon sicher geglaubte Wahlsiege auf dem Gewissen haben. Falls Sie Ihren Abgeordneten aus der Nachbarschaft nun zum Trostkauf schicken wollen, geben Sie ihm doch den Rat der Astrologin Hannelore Roller-Bollmann auf den Weg: Keine Elektroartikel zwischen dem 1. Juli und dem 1. Dezember kaufen und vor dem 16. Mai auch keine Immobilie. Die Sterne stünden dafür in der Zeit ungünstig… Die Anschaffung weiterer Goldfüller wäre da ja vielleicht ganz vernünftig.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes, entspanntes und schönes Weihnachtsfest.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 22.12.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html