Lucy in the sky

eine Zeitlang hat meine Tochter Häuser so gemalt: als schmale, hohe, spitz zulaufende Keile. Anders als ich das in ihrem Alter gemacht habe. Meine waren glaube ich viereckig und hatten ein dreieckiges Dach. Ich fand das ein bisschen skurril, aber hübsch. Bis mir auffiel, dass die hohen Häuser hier in der Stadt von unten tatsächlich so aussehen: schmal zulaufend. Wenn Sie seitlich drauf gucken, sogar eindeutig spitz – und wie auf den Bildern meiner Tochter leicht zur Seite geneigt.

Meine Tochter hat nur gemalt, was sie sieht.

Phantasie steckt dann mehr in den Details: dem hübschen rosa Anstrich, dem Schornstein, der qualmend zur Seite absteht. Und dem stets schön goldgelb erleuchteten Fenster. Auf einem meiner Lieblingsbilder scheint links eine freundliche gelbe Sonne, rechts schwebt ein blaues Wölkchen und überall regnet es rote Bindfäden auf rote Blumen und ein rosa Haus. Das hängt hier bei mir über dem Computer. Toll!

Wissen Sie, wie der Titel zum Beatles-Song „Lucy in the sky with diamonds“ entstanden ist? Kein LSD, sondern ein Bild, das John Lennons und Yoko Onos Sohn Julian aus dem Kindergarten mitgebracht hat. Darauf saß seine Sandkastenfreundin Lucy O’Donnell mit ihren Kaleidoskopaugen inmitten von Sternen und Diamanten. Bestimmt auch toll! John Lennon wäre übrigens vor ein paar Tagen 70 Jahre alt geworden. Wer an dem Tag, dem 7. Oktober, irgendetwas gegoogelt hat, kam kaum drum herum, das zu lesen. Ich habe natürlich auch mal auf das John-mäßig veränderte Google-Logo geklickt. Da kam eine psychedelische Zeichentricksequenz: Pusteblumen werden zu wilden Mustern werden zu Blättern und ergießen sich dann in wilden Strichen zu einem Schmetterling. Viele Schmetterlinge, ein Kreis von Schmetterlingen, der zu einem Windrad wird.

„Es ist Johns Jahr“, meint seine Witwe. Nicht nur wäre er 70 geworden, sondern er wurde auch vor 30 Jahren ermordet. Vor 50 Jahren kamen die Beatles nach St. Pauli – ein Jahrzehnt Beatles-Mania vor sich. Und an deren Ende, die erste Solo-Platte Lennons „Plastic Ono Band“, kam vor 40 Jahren heraus.

Lauter Jubiläen.

Und eine Premiere, die die Zeitung „Die Welt“ da beschreibt. Der Autor war eigentlich zu einer Ausstellung Yoko Onos gereist. „Eine Skulptur, zu der sie Interviews gewährte, und so saß man vor ihr im Hotelsessel und hatte Angst davor, sich nach John Lennon zu erkundigen. Es musste aber sein“, schrieb er. Und – oh Wunder: Yoko lächelte mild. „Yoko Ono möchte einfach ihren Frieden schließen mit dem Geist John Lennons“, vermutet der Kollege.

Die vielleicht meistgehasste Witwe der Welt – endlich feiert sie mit.

Vor drei Jahren schon eröffnete sie auf der isländischen Insel Videy in der Nähe der Hauptstadt Reykjavik den „Imagine Peace Tower“. Diese Lichtskulptur erstrahlt seither dreimal im Jahr: in der ersten Frühlingswoche, am 9. Oktober, am 8. Dezember – falls Sie hinfahren wollen, das ist Lennons Todestag – sowie an Neujahr.

Lohnen würde sich ein Besuch ganz bestimmt, dafür sprechen die Fotos bei flickr.com. Geben Sie dort mal „IMAGINE PEACE TOWER“ ein. Er steht da wie ein gigantisches Schwert aus purem Licht vor dem dunklen Nordhimmel. Toll. Der Strom speist sich übrigens – ganz der Nachhaltigkeit verpflichtet – aus Erdwärme. Das wäre bestimmt in John Lennons Sinne gewesen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 18.10.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html