Karottenmaske

seit ein paar Tagen lege ich meinem kleinen Sohn mittags immer seine Karottenmaske auf. Gut, nicht ganz freiwillig und mittlerweile landen auch schon erfreuliche Mengen des Breis in seinem Mund. Trotzdem: Danach sieht es bei uns in der Küche wild aus.

Fast, als hätten wir eine Carotina veranstaltet, eine Karottenschlacht.

So exotisch ist die Idee gar nicht. Im spanischen Valencia fand vor ein paar Tagen wieder die Tomatina statt. Abertausende Leute aus dem In- und Ausland reisen immer am letzten Mittwoch im August an, um sich gegenseitig mit Tomaten zu bewerfen. Seit gut 60 Jahren feiern sie diese ehrwürdige Tradition bereits. Dieses Jahr – nach der gewonnenen WM – kamen besonders viele Leute. Knietief standen sie in der Tomatensauce. Allein die Stadtverwaltung hatte 100 Tonnen spendiert.

Habe ich da nicht vor ein paar Monaten mal gelesen, dass Tomaten zu den fleischfressenden Pflanzen gehören? Unglaublich. Gruselig. Gleich mal im Internet eingetippt. Und es ist wahr. Nicht nur die Venus-Fliegenfalle zählt zu den fleischfressenden Pflanzenarten, sondern auch Tomaten- und Kartoffelpflanzen. Hätte ich nicht gedacht, Sie etwa? Von wegen gewaltfreies Gemüse …

Pustekuchen. Aufruhr im Gemüsebeet!

Allerdings haben wir es nun auch wieder nicht gerade mit Killertomaten zu tun. Dann wäre das wohl auch schon vorher aufgefallen. Und so gehen die todbringenden Pflanzen vor: Mit Hilfe ihrer klebrigen Härchen an den Stengeln töten sie kleine Insekten. Die Nährstoffe der herabgefallenen Tiere nehmen sie dann nach und nach über die Wurzeln auf.

Gaaanz unauffällig. Deswegen hat man das ja auch bislang nicht gemerkt.

Falls Sie also bei sich im Garten immer Insekten neben den Tomätchen liegen sehen – jetzt wissen Sie warum. Herausgefunden haben das – zur Überraschung der meisten Botaniker – vor ein paar Monaten Wissenschaftlern des Royal Botanical Gardens Kew in London. Das Phänomen erklären sie sich damit, dass die wilden Kartoffel- und Tomatenpflanzen so auf ungedüngten und nährstoffarmen Böden überleben. Und die intensiv gezüchteten und gedüngten Sorten haben dann diese Art der Nährstoffgewinnung beibehalten.

Bin ich froh, dass wenigstens die Früchte nichts von dieser Art Eigendüngung halten.

Mangold oder Spinat sind offenbar auch bislang nicht durch Attacken auffällig geworden. Falls Sie allerdings nächstes oder übernächstes Jahr gern mal zur Tomatina reisen wollen – passen Sie auf Ihre Augenschleimhäute auf. Die sollen zuweilen gereizt reagieren. Besteht doch der Sinn des Spiels darin, so viele Tomaten wie möglich im Gesicht der anderen zu verteilen.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 13.09.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html