Gehirn

neulich musste ich beim Lesen eines ernsthaften Artikels mal wieder hell auflachen.

Da stand: „In Wahrheit wäre die Glühbirne in unserem Kopf, die bis zu 20 Prozent unseres körpereigenen Brennstoffs verbraucht, gern eine Energiesparlampe.“ Gemeint war unser Gehirn, in der Titelgeschichte des Magazins GEO über Querdenker, Februarheft. Und weiter: „Wenn wir uns zum Beispiel von einem Experten beraten lassen, schaltet unser Gehirn schon mal auf Ruhezustand.“

Ach so, das macht es also, habe ich gedacht? Darüber musste ich lachen.
Es sei, als ob es das selbstständige Denken einfach abstelle, staunte auch der Gehirn- und Verhaltensforscher Gregory Berns von der Emory University in Atlanta, der genau das in diversen Experimenten beobachtet hatte.

Unser Gehirn ist eben schon eine Nummer für sich. Eigentlich ja auch wieder sehr schlau, die wertvolle Energie einfach einsparen zu wollen. Und sich gegen dummdreiste Versuche zu wehren, ihm Leistungssteigerung aufzuzwingen. Gehirnjogging wirkt ja bekanntlich nicht, haben sie vor einiger Zeit herausgefunden. Und ob Neurodoping wie etwa Ritalin oder andere derzeit so populäre Psychopharmaka wirken, weiß man ja noch nicht so genau.

Meine Tochter braucht jedenfalls wohl nicht mehr gar so dringend das liebevolle Malen einer 8 zu üben. Das sei sehr wichtig wegen der beiden Hirnhälften, hatte ich mal gehört. Nun kenne ich mich mit dem hirngerechten Lernen ja nicht so aus. Damit hat es aber wohl zu tun. Und dieses Konzept bezeichnete die Tübinger Erziehungswissenschaftlerin Nicole Becker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „theoretisch wie praktisch eine Fehlkonstruktion“. Das Gehirn könne zwar über sich nachdenken, doch nicht über seine Funktionen bestimmen – und schon gar nicht seine Funktionsfähigkeit manipulieren.

Passt wieder zu den Gehirnjogging-Erkenntnissen.

Wir nutzen dem Gehirn also offenbar am besten, indem wir unseren Körper trainieren. Dagegen kann es sich ja nicht wehren. Und indem wir ihm gönnen, was es gerade braucht: Schlaf, Nahrung, Ablenkung, Anstrengung und öfter mal was Neues. Nur eben alles zur richtigen Zeit. Ansonsten müssen wir wohl mit dem vorlieb nehmen, was wir da oben drin haben.

Übrigens ist das wohl leider ab dem 27. Lebensjahr immer weniger, sagen neueste Studien. Falls Sie aber auch schon die Mitte 30 überschritten haben, seien Sie beruhigt: Der Verfall schreitet offenbar nicht so schnell voran, wie stets angenommen. Und es gibt auch Grund zur Freude: Vokabular und Wissensschatz wachsen eher noch. Also keine Panik.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 15.03.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html