Erziehung

neulich bei uns im Wohnzimmer. Nach dem Kinder-ins-Bett-bringen. Aus dem Zimmer meiner Tochter gleich nebenan dringen Geräusche. Klingt nach Umzugshelfern, die irgendetwas Hölzernes über den Boden schleifen. Mehrmals. Da dachte ich: Probiere ich es doch mal anders.

„Schätzchen, Du musst wenigstens so tun, als würdest Du im Bett liegen und einschlafen.“

Einen Moment Stille. Und dann die Stimme meiner Tochter: „Ihr seid aber frech…“ Immerhin war das Umzugsunternehmen danach still. Und nach Wasser, Klo, Halstablette, Schmusehund, einer dünneren Decke oder was wir da gucken hat meine Tochter an dem Abend auch nicht mehr gefragt. Vielleicht ja gar kein schlechter Trick. Geplant hatte ich es ja nicht – aber wahrscheinlich hat da vor allem funktioniert, dass ich ein wenig aus der Rolle gefallen bin.

Klar, wer hat schon Lust, jeden Abend die gleichen Elternsprüche zu bringen?

Ich habe das Verfahren noch nicht härtegetestet, daher weiß ich nicht, ob ich es uneingeschränkt empfehlen kann – für den Fall, dass Sie auch kleine Kinder haben. Aber der ein oder andere Überraschungseffekt hier und da hat bei Kindern wohl noch nie geschadet. Schon Kleinstkinder haben ja so ihre Masche, das sehe ich an meinem wenige Monate alten Sohn. Wenn er mal ein meckert oder greint, probiere ich gelegentlich einen neuen Brumm-Hupton auf ihm aus oder zaubere irgendeinen unbekannten Gegenstand hervor. Gelegentlich stellt sich dann heraus, dass er gar nicht so furchtbar leidet, wie es scheint – urplötzlich strahlt er wieder.

Selbst bei den größten Eltern-Kind-Klassikern können also immer beide auch anders…

Überhaupt hat ja vieles damit zu tun, wen man gerade vor sich hat und was man von ihm erwartet. Vor einiger Zeit habe ich mal von einer Studie gelesen – von wem, weiß ich leider nicht mehr – in der sie Leute an einer Fußgängerampel beobachtet haben. Die Forscher wollten wissen, wer wann brav stehen bleibt und wann nicht. Klar, Erwachsene bleiben in aller Regel stehen, wenn sie ein Kind sehen. Oder einen Polizisten natürlich.

Aber hätten Sie gedacht, dass auch die Kinder brav stehen bleiben, wenn Erwachsene zusehen und genauso ungeniert bei Rot gehen wie die Großen, wenn sie allein oder unter sich sind? Ja. Das hätte ich allerdings auch nicht gedacht – ist aber wohl so. Ist das nicht der vielleicht beste Beweis, dass Kinder ihre Eltern kräftig miterziehen?

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 12.10.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html