Einpackzone

neulich hat sich ein Kollege vom SZ-Magazin gefragt, warum sie in den Supermärkten den Platz zum Einpacken so schrumpfen. Er beschrieb unhaltbare Zusammenstöße am Ende des Kassenbandes, wo sich das Frühstück eines Junggesellen im Kartoffelnetz einer jungen Mutter verfängt und geschimpft und geflucht wird.

Wissen Sie, wie ich mich vor solchen Tumulten rette?

Indem ich unsere Wocheneinkäufe einfach schnell wieder in den Einkaufswagen stapele und ein paar Meter von der Kasse wegschiebe. Mit etwas Glück ergattere ich den einen Platz am Packtisch. Dann fluchen die Kunden hinter mir, weil sie sich nun – wenn nicht schon gleich an der Kasse, dann zwischen Leergutautomat, Einkaufswagenabstellplatz, Kassenausgang und Supermarkteingang – ineinander verkeilen. Mit etwas Pech ist der kleine Packtisch neben dem Mülleimer aber schon besetzt. Dann stehe ich eben auch mitten im Laden herum und versuche, die Einkäufe aus dem Wagen heraus sinnvoll einzupacken – die schweren und stabilen Lebensmittel nach unten und so auf die Tüten verteilt, dass ich mich beim Tragen einigermaßen gerade halten kann – und zugleich wenig Angriffsfläche für Rempler zu bieten. Manche entgehen dem Gerempel, indem sie ihren Einkaufswagen zurückschieben, sich vor das Ende der Wagenrückgabe stellen und dort ihre Einkäufe in die Tüte packen. Das habe ich schon ein paarmal beobachtet.

Dann geht allerdings gar nichts mehr: Kein Einkaufswagen mehr für neue Kunden, kein Wagen zurück für fertig kassierte Kunden. Und die immer zahlreicher werdenden Kunden zwischen Flaschenautomat, Kassenzone und Eingang werden immer ungehaltener. Dafür ist dann im Laden selbst wieder ein Durchkommen.

Ich bin bisher immer davon ausgegangen, das Ganze sei ein Stadtproblem. Im kleinstädtischen Giesenkirchen, Stadtteil von Mönchengladbach-Rheydt, oder auch hier im Hochtaunus haben Sie das Problem meines Wissens nach nicht. Zumindest nicht bei den größeren Filialen, zumindest nicht bis vor ein paar Monaten. Aber das scheint sich zu ändern. Das SZ-Magazin hat mal nachgefragt, warum. Bei den Handelsketten gab es keine Antwort. „Niemand ist zu erreichen, und wenn doch, wird die Zuständigkeit in einem heiteren Zyklus der Ahnungslosigkeit weitergegeben, von der Konzernzentrale an die Regionen, von der Region an die Einzelfilialen und von denen wieder zurück an die Zentrale.“ Dann half der Lieferant für diese so genannten Kassenstände mit einer Antwort weiter, die Firma Tackenberg aus Bochum.

Mit einer Erklärung, auf die ich im Leben nicht gekommen wäre …

„Die arrivierteren Ketten würden damit die Kassenästhetik der Discounter imitieren und auf diese Weise versuchen, die zu Aldi oder Lidl abgewanderten Kunden zurückzugewinnen“, verriet Hartwin Tackenberg, Chef des Familienunternehmens.

„Eine interessante Logik: Rewe, Edeka und Tengelmann verschlechtern ihren Service, um sich davon wieder größere Beliebtheit zu versprechen.“ Offenbar. Wahnsinn, oder? Entweder es stimmt, und wir Discountereinkäufer sind alle Masochisten. Oder das ist doch nur wieder so eine ganz pfiffige Erklärung für eine ganz unkreative Einsparung …

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 11.10.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html