Der deutsche Wald

in Wiesbaden gibt es das Luft- und Freizeitbad „Unter den Eichen“. Wie vieles hier, seit fast 100 Jahren. Es hat Spiel- und Badmintonplatz sowie Tischtennisplatten, Boule-Zone, Kiosk und jede Menge Auslauf. Wie ein Freibad, nur ohne Becken. Abgesehen vom badewannengroßen Kinderbecken. Bei schwülem Wetter der beste Platz, denn es liegt sich – wie der Name schon sagt – unter den Eichen.

Wenn Sie im „Lufti“ auf der Wiese hocken, können Sie sich die Besucher des beginnenden 20. Jahrhunderts in ihren knielangen, hochgeschlossenen Badeanzügen und vielleicht noch einem tuffigen Sonnenschirmchen über dem Kopf lebhaft vorstellen. Schauen Sie dann hoch in die bestimmt 30 Meter hohen Bäume mit ihrem liebevoll üppig grünen, verzweigten Geäst, wissen Sie, warum der Deutsche Wald als romantisch gilt.

Was wären deutsche Märchen ohne den finsteren, verwunschenen Forst? Hinter dessen Stämmen sich Elfen, Hexen, Trolle, Zwerge oder Waldschrate trollen.

Kaum vorstellbar, oder?

Vor ein paar Jahren schlug der deutsche Wald in der Wertschätzung der Menschen alles andere. Hätten die Bundesbürger über den Staatsetat bestimmen können: Die größte Summe wäre für den Wald bestimmt gewesen, fand der Soziologe Heinrich Best von der Universität in Jena 2003 heraus. Viel mehr, als für Verteidigung, Kultur oder den Ausbau von Verkehrswegen.

Im Autofahrerland Nummer Eins will das etwas heißen, finden Sie nicht?

Anscheinend hat sich die Waldliebe gewandelt. Das romantische Bild vom Wald ist nicht so verhaftet wie bisher angenommen, staunt Kulturwissenschaftlerin Silke Kleinhückelkotten vom Ecolog-Institut. Und nur jeder dritte der 3756 Befragten weiß noch, dass Bäume Sauerstoff liefern, Luft filtern oder Tiere und Pflanzen beherbergt.

Immerhin: Für 93 Prozent gehört der Wald zu einem guten Leben dazu. Und die Forstwirtschaft hat bei den meisten Menschen einen tadellosen Ruf – auch wenn sie nicht so genau wissen, was Förster eigentlich tun. Eine gefühlige Bindung allerdings haben die meisten wohl mittlerweile – wenn sie nicht am oder im Wald wohnen – höchstens zu einzelnen Bäumen, etwa im Stadtpark. Das kennen Forscher schon länger aus Frankreich und anderen nicht als so waldliebend geltenden Ländern.

Und eins ist geblieben: Die Menschen wollen den deutschen Wald erhalten. Mehr als 80 Prozent haben kein Problem damit, den Wald wirtschaftlich zu nutzen – wenn nicht mehr Holz geschlagen wird, als auch wieder nachwächst. Die Nachhaltigkeit hat Tradition. Liegt doch der Waldanteil seit gut 600 Jahren ziemlich konstant bei knapp 30 Prozent – während andere Länder wie Schottland kahlgeschlagen wurden. Rendite liefert der deutsche Wald dafür kaum. „220 Jahre wächst die Eiche, bis sie Ertrag abwirft“, stellt Waldbesitzer Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein fest. Wollen Sie also ganz unromantisch mit Investitionen in Wald Geld verdienen, müssen Sie schon – etwa über Fonds – außerhalb Deutschlands investieren.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 02.07.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html