als meine Tochter noch ein Baby war, hat sie immer tief eingeatmet und dann herzhaft gebrüllt: „Ngaaaa“. Kurze Pause, in der sie Luft holte und dann wieder plärrte: „Ngaaaaaaaa“. Mal müde, mal aufgedreht, mal jammernswert, mal wütend. Und meist sehr klangvoll. Mehrere Leute meinten damals unabhängig voneinander, das ganze habe ein bisschen was von einer Arien schmetternden Opernsängerin.
Und genauso laut, das kann ich Ihnen sagen.
Gemeinheit, aber irgendwie müssen sich die niedlichen Kleinen ja Nachdruck verschaffen. Das sehe ich schon ein. Ich habe jedenfalls immer gedacht: Ngaaa, das hört sich irgendwie an wie Hungaaa. War aber gar nicht jedes Mal so. Das war ein heiteres Rumgerate manchmal… Falls Sie auch Kinder haben, können Sie sich das ja sicher lebhaft vorstellen.
Wirklich deutsch klang das Gebrüll jedenfalls nicht.
Wird es aber wohl gewesen sein. Das jedenfalls legen nun Forschungsarbeiten in dieser Sache nahe. Die brachten nämlich zutage, dass Babys von Geburt an in ihrer Muttersprache plärren. Deutsche machen demnach meist „Uuuääääh“. Franzosen dagegen: „Ouu-aaàh“. Und Engländer krakeelen „Uuwhaaay!“. Jedenfalls taten sie das offenbar in der Untersuchung von Kathleen Wermke, medizinische Anthropologin an der Universität Würzburg.
Und während deutsche Babys offenbar mehr Wert auf die Betonung der Anfangsmelodie legten und zum Ende gelegentlich bis ins Heisere abfielen, ist es bei kleinen Französchen umgekehrt. Bei ihnen steigt die Melodie an und betont so mehr das Ende vom Lied.
Ganz Mamas und Papas Sprachmelodie, meint die Forscherin.
Im Gehirn von Eltern und Nicht-Eltern bewirkt Babygeschrei übrigens völlig unterschiedliche Reaktionen. Bei Eltern leuchtet das Gefühlszentrum im Magnetresonanztomographen brandhell auf. Nicht-Eltern dagegen lässt das Geschrei vergleichsweise kalt, beschrieben Erich Seifritz und seine Kollegen von der Universität Basel in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“. Lachten die Babys dagegen, reagierten in dem Versuch eher die kinderlosen Probanden.
Was uns das sagt? Nach Ansicht von Studienleiter Seifritz vor allem: dass die Gehirnaktivierung durch Geschrei erlernbar ist. Kinder erziehen sich ihre Eltern eben… So ist denn auch die Antwort auf das herzzerreißende Gebrüll eigentlich weltweit die gleiche: Trösten oder Flüchten – je nach Lage.
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 04.01.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html