Campaigning

Politik kann ganz unterhaltsam sein. Vor allem, wenn es um große Würfe geht. Und man nicht selbst von den beschlossenen Reformen betroffen ist.

Kurz vor Weihnachten etwa in den USA, die Debatte um die Gesundheitsreform. Nach Einschätzung des demokratischen US-Präsident Barack Obama ein historischer Schritt, mit dem ein jahrhundertelanger Kampf beendet wurde. Hübsch fand ich da ein Detail, über das die Nachrichtenagentur Reuters eher so nebenbei berichtete: die Debatte über die Steuerauswüchse der Gesundheitsreform.
„Mehr Botox, weniger Sonnenbank“ – auf diese Formel brachte es die Agentur.

Untertitel vielleicht: Oder wie Steuermaßnahmen des Präsidenten mit dessen eigenen Mitteln hintertrieben werden. Mit im Reformpaket enthalten war nämlich bis kurz vor Schluss eine Fünf-Prozent-Steuer auf die muskellähmenden und damit faltenverhindernden Botox-Spritzen. Klar, wer sich dagegen stemmte: Botoxhersteller Allergan. Mit der eigens hierfür gestarteten Facebook-Kampagne, „Botax“. So etwas hat ja schon Präsident Obama im Wahlkampf zum Erfolg verholfen. Die Steuer werde nicht nur wohlhabende Frauen treffen, sondern auch die Mittelklasse. Und die sogar besonders hart, argumentierte Allergan da. Denn gerade arbeitende Frauen machten einen großen Anteil an den Patientinnen aus, ließ der Botox-Anbeiter wissen.

Die Facebook-Kampagne hatte denn auch prompt Erfolg. Die demokratische Mehrheit ließ den Plan fallen und ersetzte ihn flugs durch eine Zehn-Prozent-Steuer auf Sonnenbankbesuche. Gut, auch Sonnenbänke sind medizinisch umstritten. Sie waren aber vielleicht auch einfach nur steuerpolitisch das leichtere Ziel. Jedenfalls meint das eine Analystin  mit Blick auf den Hinweis des US-Gesundheitsministeriums auf mögliche Krebsrisiken aufgrund der Strahlen, zitiert die Nachrichtenagentur eine Analystin.

Und was kommt da wohl als nächstes?

Also ich rechne fest mit einer Kampagne der Sonnenbankindustrie. Die begann denn auch schon wie erwartet über die Sonnenbanksteuer zu klagen. Ging über die Feiertage vielleicht ein wenig unter.

An irgendwem wird das Steuerzahlen aber wohl hängen bleiben müssen. Ein Sprecher des demokratischen Fraktionsführer Reids sagte laut Reuters noch, man arbeite sehr hart daran, fair zu sein. Und immerhin führe die Gesundheitsreform netto zu Steuerentlastungen für die Amerikaner. Wenigstens etwas. Falls auch die nächste Kampagne erfolgreich wäre, gäbe es aber sicher noch genug fragwürdige Dienstleistungen, die sich ebenfalls im Sinne des Gesundheitsschutzes noch besteuern ließen…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 05.01.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html