Schöne Statistiken

halten Sie sich auch so gern an Zahlen? Zahlen und Statistiken haben etwas wunderbar handfestes, finde ich. Außerdem helfen Sie, komplizierte Sachverhalte rasch verständlich auszudrücken.

Nehmen Sie doch als Beispiel mal die aktuelle Debatte unter Wirtschaftsexperten, ob die Konjunkturkurve in der nächsten Zeit den erhofften V-förmigen Verlauf hinlegen oder doch eher zur U- oder gar L-förmigen Grafik neigen wird. Da wissen Sie ohne große Worte, was gemeint ist: V soll heißen – bald geht es wieder aufwärts, und zwar genauso steil und stetig wie abwärts. Ein U verspricht, dass wir nicht allzu lange im konjunkturellen Jammertal verharren werden, bevor alles wieder gut wird. Wogegen das L – aber wir wollen ja nicht den Teufel an die Wand malen…

U-förmig ist auch eine meiner Lieblingsgrafiken. Die setzt die Sorge Ihrer – oder auch meiner – Mutter ins Verhältnis zu der Zahl Ihrer – oder meiner – Anrufe zuhause. Hingekrakelt hat diese und viele andere unterhaltsame und aufschlussreiche Statistiken die amerikanische Werbegrafikerin Jessica Hagy morgens beim Kaffeekochen für ihren Blog Thisisindexed.com. Auf eingescannten A-7-Karteikärtchen erfahren Sie etwa, dass die Zahl der auswärtigen Nummernschilder mit dem Anziehen der lokalen Konjunktur steigt, wie das Verhältnis zwischen Freizeit und dem zur Verfügung stehenden Geld aussieht oder woran Sie Ihre Jobzufriedenheit messen können. Doch mit Statistiken schafft Hagy noch mehr: Sie beleidigt Nudelprodukte oder erhebt etwa soziale Forderungen – strich-, U- und auch gern kuchenförmig.

Das Schöne an Zahlen ist ja, dass Sie mit ihnen fast alles in ein irgendwie logisches Verhältnis setzen können. Dass das nicht immer sinnvoll ist, wissen Sie natürlich selbst. Als Beleg hierfür führen Statistikexperten ja auch gern den Befund an, dass in vielen Gemeinden die Zahl der Geburten signifikant mit der der heimischen Klapperstörche korreliert. Hier trügt die Statistik.

Aber leider nicht nur die, wie nun eine aktuelle Studie belegt – sondern auch das menschliche Gehirn selbst. Wissenschaftler der Uni Bonn haben nicht nur bewiesen, dass die so genannte Geldwert-Illusion tatsächlich existiert. Die besagt vereinfacht gesagt, dass Ihr Gehirn bei hohen Zahlen mit dem Denken aussetzt. Das können Sie in jeder Finanzkrise schön beobachten. Die Forscher wissen nun sogar, wo im Gehirn diese so genannte Geldwert-Illusion sitzt: im ventro-medialen präfontalen Cortex.

Das wird Ihnen allerdings wahrscheinlich wenig helfen. Wenn Sie wählen dürfen zwischen einer dreiprozentigen Gehaltserhöhung bei fünf Prozent Inflation und einer zweiprozentigen Gehaltskürzung bei stabilen Preisen, werden Sie trotzdem die Gehaltserhöhung wählen. Wetten? Obwohl beides natürlich auf das gleiche herauskommt. Und Sie werden auch – wenn Sie im Computertomographen liegen – in eine messbar stärkere Hochstimmung geraten, wenn Sie eine große Summe Geld verdienen können, als bei dem alternativen Niedriglohn-Szenario – obwohl Sie sich in beiden Fällen exakt dasselbe leisten könnten – und das sogar wissen. So ist das Gehirn eben, sagen die Bonner Forscher.
Versuchen Sie doch auch mal, eine hübsche Grafik daraus zu zeichnen. Und wenn Sie wollen, können Sie auch gleich Ihre ganze Buchhaltung auf Papier erledigen. Wenn auch nicht gerade auf A-7-Karteikärtchen. Wie, das erfahren Sie in dieser Newsletterausgabe.
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 07.04.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html