Naturalien

Nase zu, die Knoblauchfahne kommt, warnte vor ein paar Tagen der US-Fernsehsender ABC News. Und die britische Financial Times fragte sich: „Bereitet sich China auf eine Vampirattacke vor?“

Grund für die delikaten Überlegungen ist der sich gerade in großen Schritten vervielfachende Preis für die Knolle. In China hat er sich von März bis November mehr als vervierfacht. Ich krame mal in der mit Ökonomie für Anfänger gefüllten Schublade meines Hirns: Der Preis geht hoch, wenn die Nachfrage steigt. Ein Heidengeld fließt Gemüsehändlern derzeit zu. Als Wertanlage kann Knoblauch dem Bericht zufolge längst gegen Gold und Aktien anstinken.

In diesen schlechten Zeiten und bei dem Goldpreis will das etwas heißen…

Grund für den Run ist aber nicht das plötzliche Interesse an handfesten Werten, sondern die Angst vor Schweinegrippe. Wabern doch dem Knoblauchduft die Gerüchte voraus, Knoblauch töte den H1N1-Virus im Körper ab. „Ich weiß nicht wie es mit H1N1 ist, aber es kann zumindest gewöhnliche Erkältungen verhindern”, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den 74-jährigen Gemüsehändler Zhang Ping aus Peking. „Nehmen Sie mich: Ich hatte seit vielen Jahren keine Erkältung und kaufe jedes Jahr Dutzende Pfund Knoblauch.“

Na dann… wird es wohl helfen.

Und wir freuen uns, dass wir sowieso gern Knöllchen aufs Kartoffelblech legen. Wenn es denn hilft… Sie brauchen ja nicht gleich zu übertreiben – so, wie dieser Hochschul-Direktor in Ostchina, der gleich 200 Kilo für die Studenten eingekauft hat und diese seither zum täglichen Verzehr zwingt – die armen Studenten…

Natürlich gibt es auch eine nüchterne ökonomische Erklärung für den Preissprung: Dass die Knoblauchpreise im vergangenen Jahr so niedrig waren, dass viele Bauern die Pflanze erst gar nicht aussäten, vermutet die chinesische Nanfang Daily, Parteiorgan der Kommunistischen Partei in der chinesischen Provinz Guangdong. Aus Ökonomie für Anfänger wissen Sie ja: Ein knappes Angebot treibt die Preise ebenso hoch wie eine starke Nachfrage.

Vielleicht entwickelt sich nun ja auch ein ungeahnter Markt für Sicherheiten.

In Italien akzeptieren Banken Parmesan als Sicherheit für einen Kredit. Käsebauern nutzen das von jeher gern. Nun fragen auch Privatleute und Unternehmer vermehrt danach, ob sie nicht einen Parmesan in die Filiale rollen können. Allein das Bankhaus Credito Emiliano lagerte nach eigenen Angaben 400.000 Parmesan-Laibe ihrer Kunden ein, wie vor einigen Wochen die Tagesschau berichtete.

Damit der Käseduft nicht die Kunden mit Häusern und Schmuck als Sicherheit vertreibt, betreibt die Bank ein eigenes Lagerhaus. Dort wird auch der zweijährige Reifeprozess überwacht. Ich finde, das hört sich dann auch gleich nach ganz neuen Berufsaussichten für Käser und sonstige Fachleute an…

Und falls Sie nun auch den Käse in Ihrem Keller mit ganz neuen Augen betrachten: 400 Laibe brauchen Sie für 120.000 Euro Kredit. 300 Euro kostet der Laib zur Zeit. Aber behalten Sie die Käsepreise gut im Auge. Fallen die nämlich, könnte die Bank einen Nachschuss verlangen – in Geld oder Käse.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 03.12.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html