Lügenschrift

Lügen haben kurze Beine, das Sprichwort kennen Sie ja bestimmt auch. Tatsächlich müsste es aber wohl heißen: Lügen haben kurze Serifen. Das berichtete vor einiger Zeit mal die – mittlerweile eingestellte – Netzeitung.

Serifen? Das sind diese kleine Querstriche, die Buchstaben in klassischen Schriftarten wie etwa Times oder Courier oder auch bei der Schreibschrift in aller Regel haben. Wer eine Lüge aufschreibt, der macht also offenbar kürzere Serifen, fanden Forscher der Universität in Haifa vor einiger Zeit. Und auch sonst sieht das Schriftbild nicht so ebenmäßig aus wie sonst, wenn Sie eine Lüge aufschreiben.

Getestet haben die Forscher das an 34 Studenten. Die mussten eine wahre und eine erfundene Begebenheit aufschreiben – und dann verglichen die Forscher die Schrift. Ergebnis: Wer lügt, schreibt nicht so flüssig und gleichmäßig wie sonst und übt auch einen weniger gleichmäßigen Druck auf den Stift aus. Die Unterschiede beim Lügen und Nichtlügen erklären die Forscher mit der zusätzlichen Belastung. Daraus ließe sich eine neue Art Lügendetektor entwickeln, sind sie überzeugt. Gilt doch der herkömmliche längst als unzuverlässig.

Vor genau 75 Jahren testete sein Erfinder, der amerikanische Psychologe Leonard Keeler, den Apparat erstmals. Trotz Zweifeln an der Aussagekraft ist die Methode in den USA nach wie vor bei der Verbrechensaufklärung beliebt – und in den meisten Bundesstaaten auch vor Gericht zugelassen. Prominente bieten regelmäßig an, mit Lügendetektortests ihre Glaubwürdigkeit zu beweisen. In Krimiserien und -Filmen werden die Verdächtigen verkabelt.

Anders in Deutschland. Hier verbot schon vor Jahren der Bundesgerichtshof den Lügendetektor erst in Straf- und später auch allen anderen Prozessen. Zu groß sind die Zweifel an der Aussagekraft. Denn der im Lügendetektortest mit Elektroden gemessene Hautwiderstand sagt zwar etwas über die Anspannung des Getesteten – aber damit längst noch nichts darüber, ob er lügt. Soviel ist längst klar.

Wäre es doch bloß so einfach wie bei Pinocchio…

Dem wächst bei der kleinsten Schwindelei die Nase in die Länge. Mit einer Infrarot-Kamera auf der Nase könnten Sie Ihrem Gegenüber eine Lüge ähnlich leicht vom Gesicht ablesen, berichtete vor ein paar Jahren die Zeitschrift GEO. Damals hatten Wissenschaftler der Mayo-Klinik in Rochester und an den Honeywell Laboratories im US-Bundesstaat Minnesota herausgefunden, dass sich um die Augen eines Lügners ein verräterisches Muster aus Wärmeflecken bildet. Und das können Sie mit der Kamera leicht erkennen. Der Grund, so die Forscher: Beim Lügen steige die Herzfrequenz, was vor allem die Mimikmuskeln des Gesichts erwärme.

Allerdings hat diese Methode den gleichen Schönheitsfehler wie der herkömmliche Lügendetektor, kritisiert Frank Horvath, Kriminologe an der Michigan State University: Sie erkennen nur, dass jemand unter Spannung steht, aber nicht warum. Vielleicht ist der Mensch ja doch zu komplex, als dass er gar so einfach deuten ließe. Daher wird wohl auch der Schönschreib-Detektor nicht funktionieren. Ich habe es getestet: Wenn ich in Eile und schon in der Jacke eine Notiz aufschreibe, sieht die ganz anders aus, als wenn ich mich ruhig hinsetze – auch ohne lügen…

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 01.02.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html