House of Commons

neulich habe ich mal wieder gestaunt. Da berichtete Welt Online, die britische Polizeiführung habe eine Anleitung zum Fahrradfahren herausgegeben.

Auf 93 Seiten stand da geschrieben, wie britische Polizisten auf ihren Dienstfahrrädern bremsen und das Gleichgewicht halten sollten ohne herunterzufallen und wie sie anderen Verkehrsteilnehmern deutlich machen, dass sie links abbiegen wollen.

Genau: einfach Arm raus. Das bringen wir unseren Kindern schon ganz richtig bei…

Gelacht habe ich da auch. Bis ich den Preis gesehen habe. „Hunderttausende Pfund“, empörte sich die Tageszeitung „The Sun“. Da fand ich es offen gestanden nicht mehr ganz so lustig. Schon weil auch deutsche Ämter zuweilen in ähnlich hirnverbrannten Projekten unser aller Steuergeld in den Sand setzen. Londons Bürgermeister Boris Johnson sagte es diplomatischer: Die Anleitung sei sicher „sehr wertvoll, aber ich glaube, dass kann man sehr viel billiger hinbekommen.“

Vielleicht mit der Vergabe des Auftrags an eine Privatfirma?

Der Gedanke liegt ja nahe. Er ist auch sicher grundsätzlich nicht unvernünftig. Muss allerdings an der richtigen Stelle und richtig gemacht sein, damit sich die in das beauftragte Unternehmen gesetzte Sparhoffnung erfüllt. Das zeigt ein weiteres Beispiel von der Insel: das britische Parlament.

Während in der Kammer des House of Commons in Westminster Abbey der Außenstaatssekretär David Miliband „mit erwachsenem Gesichtsausdruck über den Krieg in Afghanistan und das Schicksal britischer Segler, die von Iran festgehalten und mittlerweile wieder freigelassen wurden, referierte“, sei draußen auf den Gängen nur von einem Thema die Rede: „Kein Toilettenpapier mehr da“, amüsierte sich nun die europäische Ausgabe des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Forbes. Eine echte Klopapier-Krise attestierte das Blatt den schätzungsweise 13.000 Angestellten und Besuchern von Westminster pro Tag.

Bislang habe ein eigens für diese Aufgabe bestellter Inspektor für die Bestückung gesorgt. Dann lagerte sie Westminster an eine Privatfirma aus – ausgerechnet mit dem vielsagenden Kürzel KGB, berichtet Forbes. Mit dem Ziel, Kosten zu sparen – was sonst. Natürlich muss die Parlamentsverwaltung auch die neue Geschäftsbeziehung verwalten und zog hierfür laut Forbes eine neue Ebene mit Verwaltungsangestellten ein.

„Dieses einst mächtige Parlament, das vor weniger als einem Jahrhundert ein Empire gemanagt hat, schafft es heute nicht mal mehr, seine Toiletten adäquat mit Toilettenpapier zu bestücken“, bilanziert das Magazin.

Dabei wäre es wahrscheinlich gar nicht mal schwer gewesen, das Herabsteigen in ausgerechnet diese Niederung der Privatisierungsskandale zu vermeiden. Hätte man doch mal die Azubis machen lassen. Kein Witz – bei dem ein oder anderen großen deutschen Verkehrskonzern klappt das ganz gut. Das Know-how in Sachen Fahrradfahren und Klopapierversorgung sollte ja reichen. Und es wäre doch eine tolle Gelegenheit für die jungen Leute, etwas über eigenständiges Projektmanagement zu lernen? Und kostengünstiger sowieso.

aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 08.12.2009, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html