kennen Sie PowerPoint-Karaoke?
Da bekommen Sie irgendeine aus dem Internet heruntergeladene Power Point-Präsentation irgendeines Ihnen unbekannten Fachmenschen zu irgendeinem Ihnen völlig unbekannten Thema in die Hand gedrückt – und sollen dann aus dem Stegreif Ihren eigenen Vortrag zu den Folien erfinden.
Das stelle ich mir sehr unterhaltsam vor. Und wahrscheinlich erschreckend überzeugend.
Wäre jedenfalls kein Wunder. Schließlich hat Microsoft die Software ja dazu erfunden, Fakten auf einleuchtende Weise aufzubereiten, etwa für eine Verkaufspräsentation. In welchem Zusammenhang da was mit was steht, ist nicht erkennbar. Daher wurde die Software auch ausdrücklich nicht dazu erfunden, komplexe Informationen zu erläutern oder aufgrund der Präsentation strategische Entscheidungen zu treffen.
Nur – viele nutzen sie genau dafür. Sogar die NASA.
Das schreibt Wirtschaftsinformatiker Alexander Zimmermann in seinem Buch „Praxisorientierte Unternehmensplanung mit harten und weichen Daten“, das ich neulich gelesen habe. Nachdem im Jahr 2003 dieses aktentaschengroße Stück aus der Außenhaut der Raumfähre Columbia herausgebrochen war, war klar: Das könnte ein Problem mit dem Wiedereintritt in die Atmosphäre geben. Und die NASA? Fragt laut Zimmermann rasch bei Boeing, ob man eine Risikoanalyse erstellen könne. Man konnte.
Was dann gefolgt sei, klingt nach Realsatire. Da reisten die beauftragten Experten des Luftfahrtkonzerns mit ihren Beamer an und präsentieren die verschiedenen Risikoszenarien. Das Problem: Die Überschriften waren optimistisch formuliert. Bedenken und Hinweise auf Risiken versteckten sich in den Bullet-Points. Die Verantwortlichen sahen jedenfalls offenbar keinen Handlungsbedarf.
Den NASA-Ingenieuren war dagegen wohl klar, dass es da durchaus handfeste Risiken geben müsse. Das zeigen laut Zimmermann hunderte E-Mails. Das Problem: Sie hatten nur die Power Point-Präsentation und sonst keine weiteren Daten bekommen. Vielleicht wissen Sie es noch: Die Geschichte endete tragisch. Die Columbia verglühte samt Besatzung wegen dieses eigentlich leichten Schadens in der Atmosphäre. Unglaublich, oder? Obwohl – nach dem, was ich da über die Mondlandung gelesen habe, glaube ich es sofort (siehe Newsletterausgabe vom 21.7.2009).
aus: Newsletter Steuern und Bilanzierung bei BWRMed!a vom 31.05.2010, Archiv: http://www.bwr-media.de/newsletter/sub/archiv.html